Die Sekunden vergehen. Lucretia und ich starren Terrence an. Er ist schön und lässig wie immer. Ich hatte geplant, ihn das nächste Mal wenn ich ihn sehe, zu erwürgen. Ihm seinen Hals umzudrehen und dieses schiefe Grinsen aus seinem perfekten Gesicht zu wischen.
Aber ich bin wie paralysiert. Mein ganzer Körper ist aus Eis. Vollkommen taub und bewegungsunfähig. Ich hatte mir Sätze zurechtgelegt, die ich ihm an den Kopf werfen wollte. Aber da ist nichts mehr. Nichts außer einer gähnenden Leere.
Meine Mutter kehrt schneller aus ihrer Schockstarre in die Wirklichkeit zurück als ich.
Sie eilt zu ihm an die Gittertür. Ihren Blick kann ich nicht deuten, aber sie scheint nicht wütend auf ihn zu sein. Im Gegenteil. Sie sieht fast aus, als würde sie sich darüber freuen, ihn zu sehen.
„Terence! Was machst du denn hier?“, ruft sie überrascht.
„Ich dachte, ich statte unserer kleinen Prinzessin mal einen Besuch ab“, erwidert er fröhlich. „Sie kann bestimmt etwas Gesellschaft gebrauchen.“
Das reißt auch mich aus meiner Erstarrung.
„Prinzessin?!“, empört sich meine innere Stimme. „Rox, wenn du ihm nicht das Maul stopfst, übernehme ich das!“
Ich kann förmlich sehen wie mein zweites Ich die Zähne fletscht.
„Oh nein, lass nur. Das lass ich mir nicht nehmen“, zische ich zurück.
„Terence, deine Gesellschaft ist wohl das Letzte, was ich gebrauchen kann. Mal ganz abgesehen davon, dass du kein Recht dazu hast, hier aufzukreuzen und den großen Macker zu markieren. Tu uns beiden doch einfach den Gefallen und kriech in das Loch zurück aus dem du gekommen bist.“ Meine Stimme klingt sachlich. Als würde ich meiner kleinen Schwester einen gutgemeinten Rat geben.
„Ganz genau so hab ich mir das vorgestellt. Weiter so!“, spornt mich mein Unterbewusstsein an.
Ich muss mir ein Lächeln verkneifen. Ich bin gut darin, meine Emotionen zu kaschieren. Betont langsam stehe ich auf und stelle mich neben meine Mutter, wobei ich den vertrauten Schmerz in meinen Rippen zu verdrängen versuche. Wie er die Arme verschränkt, baue ich mich vor ihm auf. Was wahrscheinlich nicht besonders eindrucksvoll ist, da er um einiges größer ist als ich. Stur erwidere ich seinen Blick. Er hält meinem Blick stand. Dann fängt er an laut loszulachen.
„Prinzessin, es ist einfach nur lächerlich wenn du versuchst jemanden einzuschüchtern. Du bist viel zu klein, als dass ich vor dir Angst haben könnte. Mitleid? – Ja. Angst? – Wohl kaum.“
„Mitleid?!“, rufe ich. Meine Wagen beginnen vor Wut zu glühen. „Du arroganter Dreckskerl! Es fällt dir leicht, mich hier zu verspotten, weil ich in eine Zelle gesperrt bin. Ich wünschte, diese Gittertür würde verschwinden, damit ich dir einen Stein ins Gesicht rammen kann, bis du nie wieder aufstehst!“
Meine Stimme ist nur noch ein Knurren. Ich mache einen Schritt nach vorne und stehe jetzt direkt vor der Zellentür. Ich umklammere die Stäbe, bis sich das Metall schmerzlich in meine Haut gräbt. Ich bemerke es kaum.

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Die letzte Erbin
FantasySie dachte sie sei normal. Zumindest hoffte sie es. Tja, hätte Roxan ein Wort mitzureden gehabt, wäre sie es auch. Aber sie ist alles andere als normal - und das fürchten die Sklaventreiber. Rox ist die letzte Erbin, die Erbin der längst ausgestorbe...