Es ist dunkel. Ich liege in meinem Bett. Neben mir ein Wimmern. Lavinia. Irgendetwas stimmt nicht. Da ist Rauch in der Luft. Etwas brennt. Ich kann nichts sehen. Vor unserem Fenster höre ich Schreie. Nur gedämpft. Wir sind alleine im Raum. Unter der Tür dringt Licht hervor. Es flackert. Rot und orange. Zu schwach, um das Schlafzimmer zu erleuchten. Hell genug, um meinen Blick zu fesseln.
Ich zittere. Draußen zerspringt Glas. Da sind Schüsse. Dann ein lauter Knall. Schwere Schritte. Ein Schatten vor der Tür. Lavinia hat angefangen zu weinen. Der Schatten bleibt stehen. Ich halte die Luft an. „Bitte, bitte geh weiter!“, flehe ich stumm. Meine Augen brennen von dem Rauch, der unter der Tür hervorquillt. Ich muss husten, aber ich unterdrücke es. Kein Geräusch machen. Bloß kein Geräusch machen! Ich kann nicht mehr atmen. Der Schatten steht immer noch vor der Tür.
Es sind noch mehr Leute im Haus. Ich kann sie rufen hören. Jemand schreit. Ein Junge. Lucas. Der Schrei bricht ab. Etwas fällt zu Boden. Ein Mann brüllt. Lavinia schluchzt. Die Tür geht auf.
Schweißgebadet wache ich auf. Es ist dunkel. Mein Körper schmerzt. Mein Herz schmerzt. Ich versuche den Traum abzuschütteln. Aber er hält mich gefangen. Ich weiß nicht mehr wo ich bin. Ich kann nichts sehen. Fast kann ich den Rauch noch riechen. Die Schreie hören. Verzweifelt kämpfe ich gegen die aufsteigende Panik an.
„Würdest du die Augen öffnen, könntest du auch was sehen, du Idiot“, spottet mein zweites Ich.
Sofort reiße ich die Augen auf und starre gegen eine Felswand. Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Nicht, dass ich mich erinnern wollen würde. Ich weiß nicht, was schlimmer ist: der Traum oder die Realität.
„Na jetzt werden wir aber sehr dramatisch“, meint das Miststück. „Komm schon Rox. Du hast dir das alles selbst zu zuschreiben. Fang langsam mal an, etwas zu ändern!“
„Ich bin für jeden Vorschlag offen“, entgegne ich resigniert.
„Ok. Da ich jetzt deine volle Aufmerksamkeit habe, schlage ich folgendes vor. Wir werden heute bei der Feuerprobe eiskalt bleiben. Keine Emotionen mehr. Nur noch durchhalten bis der Moment kommt und wir uns rächen können, für alles, was sie uns antun oder angetan haben.“
„Haha, cooles Wortspiel. Feuerprobe und eiskalt…“ Langsam verliere ich den Verstand. Aber das scheint mir ein guter Ausweg zu sein.
„Reiß dich zusammen und bleib beim Thema, gottverdammt!!!“
„Ist ja gut! Ich hab verstanden. Keine Emotionen. Nachricht angekommen“, motze ich das Miststück an.
„Nein, ich glaube du hast mich nicht verstanden! Ich rede auch – oder besser VOR ALLEM – von Terence!“, mosert es.
„Was willst du damit andeuten?“, seufze ich stumm.
Bei dem Gedanken an ihn, zieht sich alles in mir zusammen. Aber ich habe diesen schmerzenden Teil meiner Seele gestern abgespalten. Ich habe gelernt. Ich lerne nicht unbedingt schnell, seine Lektion war jedoch sehr einprägsam. Es wird mir kein zweites Mal passieren. Mein Herz wird langsam taub und dafür werde ich ihn büßen lassen.

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Die letzte Erbin
FantasySie dachte sie sei normal. Zumindest hoffte sie es. Tja, hätte Roxan ein Wort mitzureden gehabt, wäre sie es auch. Aber sie ist alles andere als normal - und das fürchten die Sklaventreiber. Rox ist die letzte Erbin, die Erbin der längst ausgestorbe...