22. Kapitel (Teil 2)

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Schreie in der Dunkelheit.

Ein lautes Krachen. Jemand ruft meinen Namen. Helles Licht, dass durch ein Fenster strömt.

Der Geruch nach Erde. Noch mehr Schreie. Sanftes Streicheln von Haaren im Gesicht. Etwas warmes, was an meinem Kinn hinabrinnt.

Vertrocknetes Wintergras. Drei schwarze, sich windende Gestalten. Feuer. Schreie.

Danach Stille. Stürmischer Wind. Kalter Regen auf meiner Haut.

Roxan!“, ruft jemand.

Dann verdunkelt sich alles und ich bin blind.

„Roxan! Rox, verdammt noch mal!“, brüllt jemand. „Jetzt wach endlich auf!“

Diese penetrante Person lässt einfach nicht locker. Immer wieder flucht sie, ruft meinen Namen und fordert mich aufzuwachen. Solange, bis ich sie einfach nur anschreien will, DIE SCHNAUZE ZU HALTEN!

Ich hole Luft, um mit meiner Tirade zu beginnen. Das Stechen in meiner Lunge hält mich davon ab. Ich muss husten. Meine Schmerzen verdreifachen sich. Ich schnappe nach Luft, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Mit weit aufgerissenen Augen liege ich da. Alles ist verschwommen. Grau und verwaschenes Blau beherrschen mein Sichtfeld.

„Roxan, kannst du mich hören?“, fragt mich jemand.

Ich versuche meinen Blick klar zu kriegen. Ein Kopf schwebt über mir, doch ich erkenne nur einen Schatten.

„Rox, wenn du mich verstehst, blinzle zwei mal“, meint der Schatten. Ich folge seinem Befehl. „Gut.“ Erleichterung schwingt in der Stimme mit. „Ok, erkennst du mich?“, werde ich wieder gefragt. Ich versuche den Kopf zu schütteln, stöhne aber stattdessen. Jede Bewegung scheint direkt mit meinem Brustkorb verbunden zu sein. „Immer sachte!“, sagt der Schatten wieder und hält meinen Schädel fest, damit ich ihn nicht wieder bewege. „Einmal blinzeln heißt Nein, zweimal Ja.“ Ich blinzle einmal. „Jetzt bin ich gekränkt, Roxi.“

Jetzt weiß ich wer du bist“, denke ich genervt während die Schmerzen wieder beginnen, überhand zu nehmen. Ich kneife die Augen zu und schnappe nach Luft. Mir wird immer kälter.

„Roxan!“, brüllt Jack. „Roxan, sieh mich an!“

Meine Lider klappen wie von selbst nach oben.

„Du darfst nicht einschlafen, hast du mich verstanden?“

Zweimal blinzeln. Ja.

„Du musst dich selbst heilen. Kannst du das?“

Einmal blinzeln. Nein.

„Verdammt. Ok, pass auf. Ich helfe dir,“ verkündet er.

Dreimal blinzeln. Ich weiß nicht, was du von mir willst.

„Ich beschreibe dir die einzelnen Schritte und du tust was ich sage. Klar?“ Jack wartet nicht, bis ich antworte. „Klar“, bestätigt er schnell vertretend für mich.

Der Gestaltwandler verschwindet aus meinem Sichtfeld. Über mir sehe ich nur Grau in verschiedenen Variationen. Das Atmen fällt mir immer schwerer und ich werde mit jeder Sekunde schläfriger. Die Augen offen zu halten, kommt mir wie eine unmögliche Aufgabe vor.

„Roxan, gibt es etwas, was du unendlich gerne tust? Irgendetwas, bei dem du loslassen kannst und das Gefühl hast, wirklich du zu sein?“, werde ich gefragt.

Tanzen“, denke ich augenblicklich.

„Sie tanzt gerne“, höre ich jemand anderen antworten.

Die letzte ErbinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt