26. Kapitel

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Jack kippt mir einen Eimer Wasser über den Kopf. Ich quieke vor Schreck und springe aus meinem Schneidersitz auf. Mit offenem Mund starre ich ihn an und ringe um Atem. „Was zur Hölle soll das?!", schreie ich wütend.

Seine braunen Augen schauen mich unschuldig an. Die blonden Haare leuchten in der kalten Mittagssonne. Der Mistkerl zuckt die Schultern. „Du sollst meditieren. Nicht schlafen", erläutert er.

„Ich habe doch gar nicht geschlafen!", maule ich ihn an.

„Ach, dann ist es ganz normal, dass du beim Meditieren schnarchst?"

„Ich habe nicht geschnarcht!"

„Doch hast du!"

„Ist das jetzt deine neue Methode, mich zu wecken?!", beschwere ich mich. „Ein Eimer kaltes Wasser über den Kopf?!"

„Ist doch recht effektiv, oder nicht?", erwidert Jack.

„Wegen dir krepiere ich noch an Lungenentzündung!"

„Ich denke du bist ein groooßes Mädchen, das ein bisschen kaltes Wasser verträgt, meinst du nicht?", höhnt er weiter.

„Hör auf alle Sätze mit einer Frage enden zu lassen!"

„Hör auf, dich wie ein kleines Kind aufzuführen!", brüllt er zurück. Sofort verstumme ich. „Du nimmst das überhaupt nicht ernst!", schimpft er weiter. Ich widerspreche nicht. Weniger vor Respekt, mehr vor Überraschung. „Wir trainieren mit dir, damit du besser wirst. Das machen wir nicht für uns sondern für dich! Also hör auf, meine Zeit zu verschwenden und konzentriere dich!", endet er seine Ansprache schwer atmend.

„Bist du fertig?", frage ich ruhig. Nachdem er nickt, fahre ich fort: „Erstens habe ich euch verdammt noch mal nicht darum gebeten. Zweites bringt mir dieser ganze Meditationsdreck rein GAR NICHTS! Also hör du auf, meine Zeit zu verschwenden!"

„Wenn du lernen willst, deine Magie zu kontrollieren, musst du deine innere Mitte finden!"

„Meine innere Mitte? In mir drin herrscht Krieg! Mein inneres ist ein Schlachtfeld! Unzählige Tote und Verletzte. Das will ich mir nicht auch noch ansehen müssen wenn ich wach bin. Die Albträume reichen voll und ganz!", schreie ich Jack an. Ich dramatisiere das alles gerade, aber das macht es nicht unwahr.

„Denkst du, du bist die Einzige mit Albträumen? Die Einzige, mit schlechten Erinnerungen und Erfahrungen?", zischt er wütend zurück. „Dein Erbe ist verdammt gefährlich. Also übernimm endlich Verantwortung und lerne, die Leute in deinem Umfeld vor dir zu schützen!"

„Es tut mir leid ok?", entgegne ich nach einer Pause etwas ruhiger. Dass er das gesagt hat - laut gesagt hat - tut weh. „Es raubt mir nur einfach den letzten Nerv, hier zu sitzen ohne etwas nützliches zu tun."

„Du tust etwas nützliches. Du hilfst mir damit."

„Inwiefern helfe ich dir denn bitte?", frage ich verwirrt. Jack seufzt resigniert. Er lässt die Finger knacken. Das macht er öfter in letzter Zeit. „Jack?", bohre ich weiter. Ich habe ein ungutes Gefühl.

„Ich kann mich nicht mehr verwandeln", flüstert er mir fast unhörbar zu.

„Was?!", rufe ich schockiert.

„Schhhhhhh! Geht das vielleicht auch etwas leiser?!", protestiert er und schaut sich um, als wären wir auf der Flucht. Halt stopp, das sind wir ja!

„Was meinst du mit 'du kannst dich nicht mehr verwandeln'?"

„So wie ich es sage!", zischt er leise. „Seit du mich zurück verwandelt hast, geht es nicht mehr!"

Die letzte ErbinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt