25. Kapitel

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„Du musst seitlicher stehen! Nicht so steif! Geh mehr in die Knie!“ Terence gibt mir eine Anweisung nach der anderen. Wenn er fertig ist, habe ich die ersten schon wieder vergessen.

Die Sonne steht tief am Himmel. Meine Muskeln brennen wie Feuer. Meine Arme und Beine zittern vor Anstrengung. Es ist kalt hier draußen, doch mir steht der Schweiß auf der Stirn.

Seit heute morgen trainiere ich. Nach 2 Stunden war ich komplett erledigt. Und diese 2 Stunden habe ich mit Jack verbracht, der mir beibringen wollte, wie ich mich wieder auf Energien konzentrieren kann. Was soll ich sagen; es ist nicht gut ausgegangen. Wir haben uns angeschrien. Er hat mich beschimpft. Ich habe die Hand gehoben, um ihm eine zu scheuern. Eine Baumwurzel ist aus der Erde geschossen und hat das für mich erledigt. Annika fand das urkomisch. Jack eher weniger. Und ich? Mir hat es eine scheiß Angst eingejagt. Ich kann froh sein, dass sie ihn nicht erwürgt hat. Ich habe Angst, was ich als nächstes anstelle, nur weil ich mich nicht kontrollieren kann.

Plötzlich schlägt mir jemand die Beine weg und ich liege – zum wiederholten Mal – auf dem Boden. „Hör auf zu träumen! Konzentration!“, mault mich Terence an.

Ich spucke den Dreck aus und wische mir über den Mund. „Ich kann nicht mehr“, keuche ich und versuche mich mit zitternden Armen vom Boden aufzurichten.

„Du kannst nicht mehr?“, wiederholt er. Dann zuckt er die Schultern. „Ok, dann machen wir Schluss für heute. Komm ich helfe dir.“ Terence streckt mir seine Hand entgegen. Ich betrachte sie misstrauisch. Das war zu leicht. Ich sage das schon seit Stunden und jetzt gibt er plötzlich nach?

Andererseits ist der Gedanke an ein Bad und ein wenig Schlaf zu verlockend. Ich nehme seine Hand und er zieht mich hoch. Schwankend suche ich mein Gleichgewicht. Terr hält immer noch meine Hand. Im Gegensatz zu mir ist er topfit. Sein Atem hat sich in den letzten Stunden nicht ein einziges Mal beschleunigt. Selbst seine verdammten Haare sitzen noch perfekt!

„Alles klar bei dir?“, fragt Terence mich ernst und schaut mir tief in die Augen. Ich nicke. „Gut.“ Plötzlich nimmt er meinen Arm, dreht ihn auf den Rücken bis ich vor Schmerz zische und drückt mein Gesicht gegen die harte raue Rinde eines Baums. Terence hat wieder eine Lektion für mich: „Dein Gegner wird dich nicht ausruhen lassen. Er wird dich immer wieder angreifen, bis du einen Fehler machst und er dich töten kann.“

„Verdammt Terence! Du renkst mir die Schulter aus!“, rufe ich aus. Weniger vor Schmerz, mehr vor Wut.

Er lockert seinen Griff ein bisschen. „Wenn ich dir wehtue, musst du dich wehren“, flüstert er mir ins Ohr. Das macht mir schlagartig wieder klar, dass wir uns extrem nahe sind. Ein Teil von mir freut sich darüber. Der andere Teil eher nicht.

Ich schließe die Augen und schlucke krampfhaft. „Und wie soll ich mich wehren, ohne dass ich mir selbst die Schulter auskugle?“, frage ich ächzend. Hauptsächlich um mein Gehirn davon abzuhalten, in irgendwelchen Tagträumen zu versinken, für die ich mich danach wieder selbst ohrfeigen muss.

„Du bist eine Frau“, wispert er. Sein Atem streift meinen Hals. „Denk dir was aus.“

Wieso zur Hölle finde ich es so verflucht heiß, wenn flüsterst?!“, jammere ich stumm.

Los jetzt Rox. Wenn du jetzt freikommst, hast du den Abend frei“, motiviert mich die Stimme in meinem Kopf.

Ich seufze und sammle meine letzten Kräfte. Ich hebe meinen Fuß und trete mit voller Wucht auf seinen. Terence flucht und ich muss schmunzeln. Sein Griff lockert sich noch mehr. Ich stoße mich mit beiden Beinen vom Baum ab. Terr kommt ins Schwanken und lässt meinen Arm nach unten sinken – ohne mein Handgelenk ganz loszulassen. Ich tauche unter meinem Arm durch und trete ihm in die Kniekehle. Selbst als sein Bein einknickt und er kniet, lässt er meinen Arm nicht los. Alles Ziehen und Zerren hilft nichts.

Die letzte ErbinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt