Kapitel 15

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Ich machte meine Jacke enger zu und drückte meine Arme an meinen Körper. Trotzdem es draußen warm war, war mir kalt. Ich hatte so sehr gehofft, dass er es ist. Wie dumm ich auch bin! Und so naiv! Wie hätte ich auch nur denken können, dass Lucian doch nicht tot ist? Ich ging langsam den Weg entlang; ich hatte es nun nicht wirklich eilig nach Hause zu kommen. Ich hatte nicht bemerkt wie mir die Tränen gekommen waren und ich angefangen hatte zu weinen. Ich war so dumm! So naiv! Wie damals! Genau dasselbe! Ich hatte schon wieder etwas in einer Person gesehen, was nicht da war! So viele Jahre habe ich mich abgeschottet. Abgeschottet von meinen Gefühlen. Meinen einstigen Freunden. Ich habe jeden weggeschubst, weil keiner wie er war. Ich ließ mich langsam an einer Mauer runter rutschen. Ich war nich lange nicht in der Stadt angekommen, doch ich konnte keinen Zentimeter weiter laufen. Ich nahm mein Notizbuch raus. Ich hatte bisher jeden Gedanken, der mir wichtig erschien, aufgeschrieben. ‚Ich vermisse dich so sehr, doch ich weiß, dass ich dies einfach nur sage weil ich mich so alleine fühle. Wenn ich in meinen Gedanken zurück zu dir gehe, erlaube ich mir selbst nicht Liebe zu fühlen und jemandem zu finden der mich wirklich verdient. Was wir hatten war...nett...super...toll...alles zugleich und ich wünsche mir, dass es wahr gewesen wäre aber wir Beide wissen, dass es nur für mich die Realität war. Ich werde immer an dich denken, doch ich weigere mich zurück zu dir zugehen. Ich weiß jetzt was ich verdiene und wir Beide wissen, dass du es mir nicht geben kannst. Ich verdiene etwas Besseres und ich werde mich irgendwann wieder in eine feste Beziehung trauen, aber das heißt nicht, dass ich dann nicht mehr an dich denken werde.' Ich klappte das Buch zu und schaute auf. Vor mir stand eine Person, jedoch stand diese gegen die Sonne gerichtet weshalb ich nicht genau sah wer es war. ,,Hey...?", fragte die Person die ich kurz danach als Mike identifizierte. ,,Was willst du?" ,,Ich weiß wie du dich fühlst... Ich glaub auch, dass Aiden Luz ist... aber er will es nicht wahrhaben." Ich schaute ihn mir großen Augen an. ,, Im Ernst?", ich sprang auf. Er wich ein wenig zurück und schaute mich nun verwirrt an. ,,Ich...Ich- Wir müssen sofort los!", rief ich und zog ihn weiter. ,,W-Was?" ,,Wir müssen sofort anfangen Hinweise dafür zu finden, dass Aiden Lucian ist!" Er stolperte hinter mir her bis er schlussendlich neben mir zum stehen kam. ,,Wie meinst du das? 'Beweise sammeln'?" ,,Ich meine wir fragen Jord-" ,,Vergiss es! Dem nähere ich mich nicht auf zehn Meter!" Ich schaute zu ihm. ,,Wie jetzt?" ,,Keine Ahnung was der noch mit mir vorhat, aber das letzte Mal hat er dafür gesorgt, dass ich auf Luna losgegangen bin und am Ende bin ich einfach auf der Straße zusammengebrochen. Ich bin danach in nem verfuckten Labor aufgewacht!" ,,Oh...", mein Blick wanderte auf dem Boden. ,, Dass Tor mir leid, aber er ist der den Aiden am längsten kennt. Also von seinem Gedächtnis her." ,,Spezialfall Aid.", er fing an zu lachen und ging in eine Gasse. ,,Was willst du da?" Er ging ohne zu antworten weiter. Vor einer Wand blieb er stehen. Sein Blick wanderte über die Graffitis bis er am dem BtK-Drachen hingenblieb. ,,Was macht der den hier?" ,, der führt ins Versteck von den.", er steckte seine Hand aus und sie verschwand darin. Ich starrte sein Hand an. ,,Wow...", als er doch die Wand ging folgte ich ihm langsam. Tatsächlich lag hinter der Wand eine Art Tiefgarage. Es standen Autos, Motorräder überall rum und sogar ein Bus in einer Ecke. ,,Das ist mehr ihr Lager, aber es war der schnellste Weg.", Mikey lachte und ging auf einen kleinen Durchgang zu. Von dort aus ging es eine Treppe runter. Wie gingen runter und standen in einem verlassenen Subwaytunnel. Er war erst verlassen seit Lucian damals einen Stromkasten zerstört hatte, sich dabei die Hand verbrannte und den Tunnel in Flammen setzte. Er war echt der Idiot der Gruppe... Mike sprang auf die Schienen und half mir runter. ,,Ist das nicht ein Umweg? Warum gehen wir nicht direkt?", fragte ich unsicher und folgte ihm. ,,Das andere würde länger dauern." Wir blieben am Ende des Ganges stehen, wo eine riesige, metallische Tür vor uns war. Er hielt seine Hand dagegen und sie wurde gescannt. Mit einem leisen klicken entriegelte sich die Tür und öffnete sich wiederum mir einem metallischen quietschen. Ich biss die Zähne zusammen und versuchte das Geräusch zu überhören. Er ging durch die Tür in eine große unterirdische Lagerhalle. Ich folgte ihm weiterhin nur. ,,Jordan! Hier ist jemand der dich etwas fragen will!", rief er plötzlich und schaute dabei zu einer weißen Tür. ,,Mike? Achso... Äh... kannst du herkommen? Ich bin gerade beschäftigt." Er ging ohne zu antworten auf die Tür zu. Wir betraten einen großen Raum welcher mir technischem Zeug übersäht war. In der Ecke saß ein junger Typ mit etwas längeren, tiefschwarzen Haaren. ,,Kommt her.", er winkte uns zu sich und wir gingen zu ihm. ,, Ich... Äh... möchte dir ein paar... Äh... Fragen zu Aiden stellen... Er hat gesagt, dass er dich am längsten erinnert und auch kennt... also musst du am meisten über ihn wissen." Er zuckte zusammen und schaute mich ernst an. ,,Zu deiner Information: Ich habe ihn bewusstlos auf der Straße liegen gefunden, habe ihn mitgenommen, eine Infusion entfernt und als er aufgewacht ist hat er etwas gesagt. Kann mich aber nicht daran erinnern. Irgendwas mit T oder so... hm.", er zuckte mit den Schultern. ,,T?", hakte ich nach. ,,Ja. Tom oder so. Ach egal." Ich schaute Mike hilfesuchend an. Er hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und spielte an einem kleinem Roboter rum. Von dem war ja mal Hilfe zu erwarten. ,,Son-", er zuckte stark und hielt seinen Kopf. Nun sah auch Mike verwirrt auf. ,,Alles gut bei dir?" Jordan nickte schwach. ,,A-Alles gut... geht bitte..." ,,Aber ich war noch nicht-" ,,Geht verdammte scheiße! Ich will euch nicht sehen!", brüllte er nun plötzlich. Mike zog mich aus dem Raum, wofür ich ihm in meiner Schockstarre auch dankbar war. ,,Ich hab dir gesagt, dass er sehr Gefühlsschwankend ist...", sagte er und ging auf einen Ausgang zu. ,,Wo willst du hin?" ,,Nach Hause. Hab's von hier nicht weit und... ich muss mich bei Jane entschuldigen...", er ging auf eine große Treppe zu und verschwand. Nun stand ich alleine in dem Hauptquartier der BtK und habe null Ahnung wie ich hier weg komme... Vor fünf Minuten hatte ich noch einen halbwegs entspanntes Gespräch mit einem der Zwillinge und jetzt... ,,Hallo? Bist du neu hier?", riss mich eine weibliche Stimme aus meinen Gedanken. ,,N-Nein... Äh... Ich... Ich hab nur... deinem Bruder... ein paar Fragen gestellt!", meinte ich panisch zu Jade die nun vor mir stand. ,,Also... bis er angefangen hat zu schreien und uns rausgeworfen hat..." ,,Uns?" ,,Mike war bis eben auch noch da." ,,Ah... Ok. Dann... ist ja gut. Schätze ich...", sie lachte und ging in Jordans Richtung. ,,Ich schau mal was der hat. Ich nickte und machte mich auf dem Weg nach draußen.

Mike PoV.

Ich ging vorsichtig die Treppe zu der Wohnung von Jane und mir hoch, schloss die Tür auf und ging rein. Es war leise und dunkel in den Räumen. Aus einem aber konnte ich ein schluchzen hören. Ich folgte dem Geräusch ohne selbst welche von mir zu geben. In der Küche fand ich sie dann auf dem Boden sitzen. ,,Jane...?", fragte ich vorsichtig und sah in dem schwachen Licht zu ihr runter. ,,Was willst du Mike?" ,,Warum sitzt du auf dem Boden?", ich hockte mich zu ihr runter und nahm sie in den Arm. Sie wollte mich wegdrücken, schaffte es aber nicht. ,,Hör bitte auf zu weinen... Damit tust du mir weh..." Sie drückte mich nun ganz fest an sich. ,,Ich wusste, dass du zurück kommst... Du kannst nicht ohne mich..." ,,Da hast du wohl recht...", ich lächelte und hob sie hoch. ,,Du solltest dich ausruhen... Ich brauch dich noch." ,,Mike...ich...es tut mir Leid... Ich hätte dich nicht so angehen dürfen. Ich..." ,,Ssshhh... Ist schon gut." Ich legte sie ins Bett. ,,Es wird alles gut...und wenn es noch nicht gut ist, ist es nich nicht das Ende." Ich schloss die Tür hinter mir und stand nun im Flur.
Was mache ich hier eigentlich? Neunzehn, Hacker und Anführer einer Gang... Man... Ich kann das nicht verdammt! Lucian... Hilfe... Bitte... Ich legte mich auf das Sofa und schlief ein.

,,Mikey? Willst du aufstehen?" ,,Hm?", Jane schaute mich an. ,,Warum bist du auf dem Kopf?", fragte ich leicht verwirrt. ,,Du bist auf dem Kopf. Lern mal richtig zu schlafen..." Erst jetzt bemerkte ich, dass ich kopfüber vom Sofa lag. Mit dem Kopf auf dem Boden und die Beine auf dem Sofa. ,,Wieso lieg ich hier so?" ,,Schlecht geschlafen vielleicht? Ich weiß es nicht", sie zuckte mit den Schultern und half mir hoch. ,,Wie spät ist es?" ,,Zehn glaub ich...", sie schaute zur Küche. ,,Willst du was essen?" ,,Wenn du was für mich hast..." ,,Klar doch! Gedulde dich ein wenig." Ich nickte und ließ mich zurück auf das Sofa fallen. Als ich meine Haare einigermaßen ordnete spürte ich, dass mein Gesicht ein wenig nass war. Hab ich im Schlaf geweint? Und wenn schon. Ist doch egal! ,,Kommst du?", riss Jane mich aus meinen Gedanken. ,,J-Ja klar!", rief ich zurück, während ich aufstand und zu ihr ging. ,,Alles ok?" ,,Ja. Alles gut.", ich setzte mich an den Tisch und sie setzte sich neben mich. Ein ganz normale Frühstück erwartete mich. Ganz normal... ,,Wie...wie gehts dir Mike? Ich meine so ganz ehrlich...?",fragte Jane etwas zögerlich. ,,Mir?" Sie nickte und ich seufzte. ,,Beschissen..." ,,Du vermisst ihn oder...?", fragte sie vorsichtig weiter. ,,Ach und wenn schon. Ist doch egal..." ,,Mir ist es nicht egal, Mike..." Ich schaute sie an und ging an zu essen. ,,Du weißt wie lieb ich dich hab...", sie lächelte und aß nun ebenfalls.

Aiden PoV.

Ich saß auf dem Bett von Lucian und dachte nach. Was wenn sie Recht haben...? Was wenn ich wirklich dieser Lucian bin...? Was wär dann? Würd ich einfach so weiter machen oder würd ich versuchen mich zu erinnern? Ich...ich weiß es einfach nicht... Ich legte mein Gesicht in meine Hände als ich merkt wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich hatte das Gefühl so viele Dinge auf einmal zu spüren, dass es mich einfach überwältigte. Trauer, Freude. Liebe, Hass. Alles auf einmal. Der Ort kam mir mit einem Mal so viel weniger Fremd vor, doch trotzdem war er so fremd für mich. Ich spürte Angst. Angst vor der Wahrheit. Angst vor dem was kommen würde. Ich hatte das Gefühl sie hatten Recht, aber ich kam nicht mit dem Gedanken klar, dass ich jemand völlig anderes sein soll. Jemand völlig anderes als die Person die ich die letzten vier Jahre war. Würde ich ein neues Leben starten? Oder einfach so weiter machen als wäre nichts passiert? Das fühlt sich auch falsch und verdammt scheiße an. Immer mehr Tränen flossen über mein Gesicht. Ich fing an zu schluchzen. Ich hielt es langsam nicht mehr aus. Die ganzen Gefühle, Gedanken und Schmerzen. Ich konnte nicht mehr. Es war einfach alles zu viel. Ich ließ mich zur Seite auf das Bett fallen und weinte weiter bis ich schlussendlich einschlief. Einfach so. Auf Lucians ehemaligen Bett. Auf dem eines Toten. Oder auf meinem Ehemaligen Bett. Wer weiß das schon so genau...

Born to killWo Geschichten leben. Entdecke jetzt