20 | Offenbarung

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Angewidert schob ich den Holzeimer weg, in dem ich mich übergeben hatte. Angeekelt schluckte ich, doch auch Wasser schien an dem widerwärtigen Geschmack in meinem Mund nichts zu verändern. Von dem Geruch wurde es mir erneut schlecht und ich lief mit ein paar wackeligen Schritten zurück zum Bett. Es war bereits das zweite Mal, seit wir in Schnellwasser angekommen waren und ich war froh an diesem Morgen allein in meinem Zimmer gewesen zusein. Außer Marcia wusste es noch niemand. Selbst Robb hatte ich nicht erzählt, was vor zwei Wochen vorgefallen war, der schon genug mit dem Krieg zu tun hatte.
Ich stellte den Becher mit Wasser vor mir auf den Boden und hielt meinen Kopf in meinen Händen. Ich war aufgewacht, als dieses typische Übelkeitsgefühl in mir aufgestiegen war und seither plagten mich grauenhafte Kopfschmerzen. Mein Gesicht war blass, so wie das einer Leiche, das sah ich im Spiegel und mein ganzer Körper zitterte nervös.
Plötzlich ging die Tür auf. Mein Kopf wirbelte herum. Meine Beste Freundin stand im Türrahmen und hielt einen Brief in ihren Händen. Ihr trauriger Gesichtsausdruck verwandelte sich automatisch in Schock um, als sie mich sah.
Marcia machte eilig die Tür hinter sich zu und lief auf mich zu. Den mir unbekannten Brief lies sie auf dem Tisch zurück.
,,Hast du dich wieder übergeben müssen?'' Fragte sie besorgt und setzte sich neben mich. Beruhigend strich sie mir immer wieder über den Rücken. Ich hob meinen Kopf an und faltete meine Hände in meinem Schoß, während ich schweigend nickte.
,,Du hast mir versprochen zum Maester zu gehen!'' Warf sie mir aufgebracht vor.
,,Ich weiß, es war gerade auch erst das zweite mal.'' Verteidigte ich mich schwach.
,,Dann versprich mir bitte, jetzt einen Maester aufzusuchen.'' Marcia stand auf und nahm meine Hände in ihre. Eindringlich und bekümmert blickte sie mir aus ihren grünen Augen entgegen.
,,Es ist bestimmt nichts schlimmes.'' Versuchte ich ihr ruhig zu versichern.
,,Nichts schlimmes? Du siehst überhaupt nicht gut aus! Soll ich dir einmal auflisten, was dir in letzter Zeit alles passiert ist?!'', Rief sie im Anflug von Wut. Ich kaute auf meiner Unterlippe und drehte meinen Kopf weg.
,,In Harrenhal hattest du Schmerzen! Vor zwei Wochen hast du dich das erste Mal übergeben müssen! In der Zeit ist dir immer wieder übel gewesen. Du bist oft Müde und erschöpft und manchmal hast du diese verdammten Schwächeanfälle, von denen Robb anscheinend immer noch nichts weiß!" Marcia lies meine Finger los und lief vor mir auf und ab.
,,Ich mach mir höllische Sorgen um dich! Seid ich dich kenne, hattest du noch nie solche Symptome!'' Verzweifelt raufte sie sich die blonden Haare und ging vor mir in die Knie. Mit einem vielsagenden Blick sah sie mich an.
,,Na schön, ich gehe!'' Murrte ich und sie seufzte erleichtert auf.
,,Danke!'', sagte sie aufrichtig. ,,Ich will, dass du Gesund bist, wenn ich dich allein lassen muss.''
Verwirrt sah ich Marcia an und hob mit drei Fingern ihr Gesicht an, da sie es niedergeschlagen gesenkt hatte.
,,Was meinst du?'' Fragte ich sie ängstlich. Sie stand wortlos auf, lief zum Tisch, nahm den Brief in ihre Hände und kam wieder zurück zu mir. Nervös faltete sie das Dokument, während sie sich schweigend neben mir niederließ.
,,Meine Mutter hat mir geschrieben..'', beichtete sie mir mit brüchiger Stimme. ,,Lorelya war anscheinend schwanger..Sie schreibt, dass sie bei der Geburt gestorben sei, mitsamt dem Kind..'' Stotterte sie traurig und wischte sich eine Träne aus dem Auge. Mitfühlend nahm ich ihre Hand und drückte sie.
,,Meine Mutter möchte, dass ich nach Hause komme. Da meine Schwester Tod ist, brauch sie mich um sich. Sie will sich vergewissern, dass es mir gut geht und, dass sie nicht auch noch mich verliert. Du musst verstehen, dass ich nach Volantis zurückkehren muss.'' Marcia hob ihr tränenreiches, hübsches Gesicht an und blickte mir in die Augen. Ich schluckte einmal.
,,Ich verstehe das. Deine Familie hat Prioritäten!'' entgegnete ich bedrückt.
,,So darfst du das nicht verstehen!'', nun war sie es, die meine Hand fest an sich drückte. ,,Du bist genauso meine Familie, wie sie. Wieso war ich denn damals sonst mit dir nach Westeros gekommen? Deine Familie war sogar manchmal mehr Familie für mich, als meine eigene, doch nun muss ich nach Hause zurück. Das ist meine Pflicht als Tochter!''Versuchte sie mir mit bedacht zu erklären. Ich nickte etwas benommen auf ihre Worte. Sie sprach ja die Wahrheit.
,,Ich werde nach Volantis gehen, im Gewissen, dass es dir hier gut gehen wird. Du hast deinen Traum erfüllt. Du bist Heilerin geworden! Du hast geheiratet und bist Königin geworden. Ich muss nun nicht mehr auf dich aufpassen, denn du hast einen wunderbaren Ehemann, der das jetzt tut.'' Sie ging erneut vor mir in die Knie und sah mich mit einem zaghaften, sanften Lächeln an.
,,Robb ist aber nicht du.'' murmelte ich leise zurück.
,,Niemand kann eine Beste Freundin ersetzten, mir würde es genauso ergehen, doch-'', Marcia unterbrach sich selbst. ,,Du wirst mich eines Tages besuchen kommen, zusammen mit Robb. Dann werde ich sehen, wie glücklich du bist. Und außerdem werde ich Gerrit wiedersehen. Deine Mutter, deinen Vater. Na gut, lassen wir ihn mal außen vor. '' scherzte sie und entlockte bei mir ein leichtes Lächeln.
,,Wir werden uns immer Briefe schreiben. Ich werde dir alles erzählen, was in Volantis vor sich geht. Vielleicht treffe ich ja sogar wieder diesen einen, schönen Jungen von damals. Und ich will jedes Detail aus eurem Leben hören!'' Versicherte sie mir gutmütig.
,,Jedes?'' Fragte ich stattdessen nur, im Anflug von einem leichten Schmunzeln.
,,Du weißt, was ich meine!'', Erwiderte sie sanft kichernd. ,,Ich wollte dir diese Nachricht gleich überbringen, da ich schon wieder los muss. Die Verwundeten warten und ich wollte vielleicht später noch anfangen zupacken. Kann ich dich so alleine lassen?'' Fragte sie sanft, während sie bereits aufstand.

You Belong To Me || Robb StarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt