34 | Roslin Tully

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Müde rieb ich mir über die Augen, als ich in das graue Zelt eintrat, mit beiden Wachen an den Seiten des Einganges.
Ich kam von einer kurzen Ratssitzung mit den Lords aus dem Norden, worum mich Catelyn und Roose Bolton gebeten hatten daran teil zu nehmen.
Ich war froh, dass die Lords es mir nicht übel nahmen, die Allianz mit den Frey's zu Nichte gemacht zu haben.
Wenn jemand unserer Königin und unserem Prinzen droht, dann ist er vor dem Norden nicht mehr sicher, hatte Lord Umber mit fester Stimme gesagt und damit mein Herz berührt.
Anscheinend schien der Norden mich endlich zu akzeptieren und ich wusste, dass ich alles erdenkliche dafür tun würde, um dem Gerecht zu werden.


,,Mylady!" rief ich plötzlich hysterisch, als ich Roslin Tully auf einmal neben dem Bett sitzend erblickte und mir erschrocken ans Herz fasste.
,,Verzeiht, dass ich einfach so hier herein geplatzt bin. Ich wollte euch nicht erschrecken.
Ich hab auf euch gewartet, Euer Gnaden." sagte sie schüchtern, während sie aufstand und sorgfältig ihr Kleid glatt strich.
,,Ihr müsst euch nicht entschuldigen."erwiderte ich, nachdem ich mich beruhigt hatte, und musterte sie.
,,Ihr sieht aus, als würdet ihr aufbrechen. Wo geht ihr hin?" fragte ich, als ich die Reiterausrüstung sah, die sie unter ihrem blauen Mantel trug.
,,Zurück nach Schnellwasser." antwortete sie mit einem kurzen Lächeln. ,,Edmure meinte es sei das Sicherste, nachdem was mein Vater euch und eurem Kind antun wollte."
Verständlich nickte ich auf ihre Worte.
,,Ihr seid seine Tochter. Er würde euch doch sicherlich nichts antun." erwiderte ich jedoch dann, obwohl ich mir ihrer Antwort schon beinahe sicher war.
,,Doch, das würde er.. Mein Vater würde alles tun, um mehr Macht zu erlangen.
Er liebt uns nicht, keinen von uns

Er sieht keine Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern. Nicht so, wie er es tut." sagte sie dann im Anschluss und drehte ihren Kopf erneut zu Robbherum.
Es war drei Wochen her, seit er zusammen gebrochen war und meine Sorge um ihn wog um Sekunde zu Sekunde schwerer. Doch sie hatte recht.
Robb war einer der wenigen Männer, die ich kannte, der den selben Respekt vor Frauen hatten, wie vor Männern.
Ein kurzes Schmunzeln huschte über meine Lippen.
,,Ich würde euch gerne widersprechen, doch ihr sagt vermutlich die Wahrheit was euren Vater angeht." antwortete ich danach auf ihre Worte und schenkte ihr einen mitleidigen Blick, auch wenn sie ihn vermutlich nicht brauchte.
,,Es ist schon in Ordnung. Ich bin es gewöhnt." murmelte sie leise und ich erkannte den Schmerz in ihren Augen. Sie liebte ihren Vater, trotz allem was er getan hatte und man konnte es ihr nicht übel nehmen. Vermutlich war es bei jedem so.
Egal was er tat, man konnte seinen eigenen Vater nicht hassen. Auch nicht, wenn man es gerne wollte.
,,Ich wollte mich bei euch verabschieden und euch danken, für alles, was ihr für mich getan habt." setzte sie dann noch hinzu und riss mich aus meinen Gedanken.
Verwundert sah sie an.
,,Aber ich hab doch nichts getan." sagte ich und hob die Schultern an.
,,Das denke ich schon.", ein schmales Lächeln zierte ihr Gesicht.
,,Ihr seid einer der ersten, die meinen Vater in die Schranken weißt, ohne Scheu. Eine Frau und kein Mann.",
,,Ich glaube nicht, dass er sich je ändern wird, doch ihr habt es getan und ich danke euch für euren Mut." fügte sie danach noch hinzu.
,,Außerdem habt ihr herausgefunden, dass ich schwanger bin und habt mir meine Angst genommen. Ihr wart für mich da, als ich von meiner Familie getrennt war und niemanden hatte.
Ihr seid für mich eine beeindruckende Königin und eine wahnsinnig gütige Frau." Roslin Tully nickte selbstsicher mit dem Kopf und aus dem schmalen, wurde ein aufrichtiges Lächeln.
Jedoch konnte ich nicht verhindern, dass sich mein Mund, überrascht wegen ihren Worten, einen Spalt weit öffnete.
Vollkommen verblüfft wollte ich zum reden ansetzen, doch anscheinend war sie noch nicht fertig gewesen.
,,Der Norden verdient eine Königin, wie euch, genau wie euer König.", sagte sie und ich hatte eine Ahnung, worauf das Gespräch hinaus laufen würde.
Aus meinem sprachlosen Gesicht, wurde ein freundliches und ich begann zu lächeln.
,,Ich bin im Grunde genommen froh, dass er sich für euch entschieden hat, für die Frau, die er liebt und nicht für mich.
Ich wäre nie mit ihm glücklich geworden, zumindest nicht auf die Weise, wie ihr es mit ihm seid.
Ich gehöre nicht zu ihm. Ihr schon, so wie er zu euch gehört." Ich sah, wie sie schluckte und ihre Hände faltete.
,,Und vielleicht ist mein Platz ja wirklich in Schnellwasser." erwiderte sie dann zufrieden.
,,Ich wünsche mir, dass ihr glücklich werdet.", sagte ich letztendlich, nachdem ich meine Sprache wiedergefunden hatte. ,,Ihr verdient es."
,,Ich danke euch, euer Gnaden.", äußerte sie sich daraufhin. ,,Ich hoffe sehr, dass wir uns eines Tages einmal wiedersehen."
,,Das hoffe ich auch." entgegnete ich und strahlte.
Sie war alles andere, als ihr Vater und keiner sollte sie auf dessen Taten beurteilen.
Roslin Tully nickte dankbar, schenkte mir ein herzliches Lächeln, welches ich erwiderte und machte einen kurzen, letzten Knicks vor mir, bevor sie aus dem Zelt lief. Und ich konnte nicht anderes, als ihr beeindruckend hinterher zu sehen.
Sie entsprach überhaupt nicht dem Bild, welches die Bürger von Westeros von den Frey's hatten und auf eine gewisse Art und Weise erinnerte sie mich sogar ein wenig an Robb.



,,Ihr solltet schlafen gehen, Liebes!" meinte Catelyn sanft, als sie ein paar Stunden später in das Zelt kam und sich mir gegenüber setzte.
Sie hatte davon Wind bekommen, dass ihr Bruder die Zwillinge verlassen würde und hatte sich rechtzeitig von ihm verabschieden können.
Und auch ich wünschte mir, wir alle könnten die Zwillinge verlassen. Wir hatten das Lager weiter entfernt von den Zwillingen aufgebaut, jedoch konnten wir nicht weiterziehen solang es Robb immer noch schlecht ging.
Dennoch brannte es, wie Feuer unter meiner Haut in den Norden zukehren und zum ersten Mal Winterfell und all die Schönheiten des Nordens zu erblicken.
Nichtsdestotrotz schüttelte ich stumm den Kopf.
,,Ich muss hier bei ihm bleiben. Nur so kann ich mich davon gewissern, dass er lebt." murmelte ich leise und drehte den silbernen Ring an meinem Finger. Manchmal wünschte ich mir, zurück zu dieser Zeit reisen zu können, als er mir diesen Ring gab. Als alles nicht so kompliziert schien. Als ich noch seine Augen sehen konnte, sein Lächeln..
Ich vermisste ihn und genau aus diesem Grund, auch wenn ich an keinen einzigen seiner Götter glaubte, hatte ich zu ihnen gebeten. Zu ihnen allen, dass sie mir ihn zurück geben sollten.
,,Das müsst ihr nicht.", sagte in diesem Augenblick Catelyn und legte mir eine Hand auf den Arm. ,,Er lebt und ist in Ordnung. Ihr habt alles getan, was nötig war. Jetzt muss er nur noch aufwachen." sanfmütig lächelte sie mich an. Ich wollte irgendetwas erwidern, doch ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte.
,,Das Fieber ist zurückgegangen." murmelte ich stattdessen.
,,Seht ihr, es wird alles gut.
Und jetzt solltet ihr an euch denken.
Ihr habt seit Wochen nicht mehr richtig geschlafen, gegessen."
,,Ich habe keinen Hunger." raunte ich daraufhin und strich mit meinem Daumen sanft über Robb's Hand.
,,Das spielt keine Rolle. Ihr müsst bei Kräften bleiben, nicht nur für euch.", erwiderte sie daraufhin energisch und ich wusste, worauf sie hinaus wollte. Und sie hatte ja Recht.
,,Nehmt ein Bad, isst etwas und legt euch schlafen. Nimmt mein Bett und versucht euch zu beruhigen. Zu viel Stress kann schädlich sein, nicht nur für euch, das hab ich gelernt." fügte sie noch hinzu und richtete sich wieder gerade auf.
,,Kennt ihr die Geschichte von Roberts Rebellion?" fragte sie schließlich, als ich auf ihre Worte keine Antwort gab.
Langsam wandte ich mich von Robb ab und blickte seine Mutter an.
,,Hat er nicht einen Krieg angefangen, weil RhaegarTargaryen seine Verlobte Lyanna Stark entführt und vergewaltigt haben soll?" fragte ich leise, da ich nur in Königsmund darüber gelesen, sie jedoch noch nie wirklich gehört hatte.
,,Genau.", sagte Catelyn.
,,Als Ned zu dieser Zeit mit ihm im Krieg war, gab es Gerüchte, dass er gestorben sei.", erzählte sie mir.
,,Ich müsst wissen, sein Vater und Bruder wurden schon am lebendigen Leib von König Aerys verbrannt. Und Ned war auch ein Stark.
Ich hatte so eine Angst, wir waren gerade erst verheiratet und ich war schwanger, woraufhin ich mich so einem Stress ausgesetzt, dass ich beinahe eine Fehlgeburt hatte.", Catelyn verzog ihre Lippen zu einem schmalen Strich, während sie Robb anblickte.
,,Ich hätte diesen wunderbaren Jungen fast verloren, nur weil ich zu egoistisch war und allein an mich gedacht hatte.
Macht nicht den selben Fehler. Nehmt etwas zu Essen zu euch und ruht euch aus. Es wird euch beiden gut tun." eindringlich sah sie mir in die Augen.
Ich schluckte.
,,Ich werde bei ihm bleiben, wenn es euch beruhigt.'' meinte sie kurz darauf, da sie meine Unsicherheit weiterhin bemerkte.
,,Das würde es in der Tat.'' antwortete ich leise und versuchte zu lächeln.
,,Danke.'' setzte ich dann noch hinterher, während ich aufstand und das Tuch um meine Schultern enger zog.
,,Wofür?''
,,Dafür, dass ihr hier bleibt und mir Vernunft eingeredet habt.'' sagte ich mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen.
,,Hört auf euch für alles zu bedanken. Das war selbstverständlich.'' Sie schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln und berührte sanft meinen Arm.
Ich gab ihr jedoch trotzdem einen dankbaren Blick, ehe ich Robb einen letzten Kuss auf die Stirn gab und dann das Zelt mit einem unwohlen Gefühl im Magen verließ. Es lag nicht daran, dass Catelyn bei ihm war. Sie würde auf ihn aufpassen und alles für ihren Sohn tun, dessen war ich mir bewusst. Jedoch fühlte es sich komisch an ihn alleine zu lassen, doch vermutlich hatte seine Mutter Recht. Ich musste nun an erster Stelle an mein Kind denken.

You Belong To Me || Robb StarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt