-Samstag, 7. Juli 2018-
"Emma, aufwachen", flüstert jemand und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, woraufhin ich vorsichtig meine Augen öffne.
"Guten Morgen", sagt Shawn nun leise und mustert mich lächelnd.
Guck mich nicht so an, ich sehe schrecklich aus", murre ich und drehe mich von ihm weg.
"Niemals und das weißt du auch ganz genau."
Shawn dreht mich sanft an der Hüfte wieder zu sich und schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln, weshalb ich schlussendlich dann doch lächeln muss.
"Na komm, zieh dich an, wir müssen gleich los."
Kurz musste ich noch überlegen, aber als mir einfällt, dass ich ja heute gemeinsam mit Shawn zum Public Viewing nach Ottawa fahre, erhellt sich meine Miene sichtlich und ich stehe wirklich auf, um mein Trikot zu holen, das Shawn und ich gestern gemeinsam mit ein paar anderen Sachen noch hergebracht haben, nachdem ich gehen durfte. In Windeseile ziehe ich mich um und gehe dann noch ins Bad, um mich komplett fertig zu machen. Als ich dann fertig bin, steht Shawn schmunzelnd im Türrahmen und mustert mich mit verschränkten Armen.
"Was ist?", frage ich und streiche mir meine Haare aus dem Gesicht. Er schüttelt leicht den Kopf.
"Nichts. Du siehst toll aus, Emma."
Ich grinse und streiche das Trikot glatt. Dieses Trikot ist etwas ganz besonderes für mich, vor Allem, weil es mit der Nummer meines deutschen Lieblingsnationalspielers beflockt ist: Die Nummer 18, Joshua Kimmich.
Shawn und ich gehen nach draußen, nachdem wir uns von seiner Familie verabschiedet haben und gehen dann auf den Wagen zu, der bereits in der Einfahrt parkt. Er hält mir die Tür auf, wofür ich mich grinsend bedanke und einsteige. Shawn setzt sich neben mich und nickt dem Fahrer dann zu, der daraufhin den Motor startet.
"Wie lange brauchen wir ungefähr?", frage ich und versuche, eine angenehme Sitzposition zu finden, soweit das angeschnallt möglich ist.
"Etwa 4 Stunden und 15 Minuten, also kommen wir genau pünktlich an."
"Und was ist, wenn wir im Stau steckenbleiben?"
Shawn schmunzelt und fährt sich durch seine Haare.
"Tja, eigentlich wollte ich schon früher los, aber du sahst so friedlich aus, als du geschlafen hast... Ich konnte dich einfach nicht wecken."
Ich werfe ihm einen grimmigen Blick zu.
"Das sagen alle und alle machen immer Bilder von mir, während ich schlafe. Wenn ich ihnen sage, dass ich das nicht mag, interessiert sie das kein bisschen!"
Shawns Schmunzeln geht nun in ein Lächeln und sogar in ein breites Grinsen über.
"Was?", frage ich und setze mich wieder anders hin, weil es so doch nicht gemütlich ist.
"Nichts, ich finde das nur amüsant."
"Was genau? Dass ich mich darüber aufrege, dass Fotos von mir gemacht werden, während ich schlafe oder dass ich hier herumhample, weil ich einfach nicht die richtige Position finde?"
Shawn lacht kurz, bevor er beides bestätigt. Eine Weile guckt er sich meine beinahe schon akrobatischen Versuche, die beste Sitzposition zu finden, an, bevor er einfach einen Arm um mich legt und mich an sich zieht, sodass mein Rücken an ihn gelehnt ist. Ich gucke ihn kurz noch an, bis ich es einfach so belasse und mich ein wenig mehr an ihn kuschle. Wahrscheinlich habe ich sogar noch ein bisschen geschlafen, denn als ich langsam wieder wach werde, dringt der leise Gesang von Shawn an mein Ohr, erst noch dumpf. Als ich aber deutlich höre, dass er ‚Memories' singt, öffne ich meine Augen wieder und setze mich aufrecht hin.
"Gut geschlafen?", fragt Shawn lächelnd.
"Hast du den Anblick von mir denn genossen?"
Shawns Lächeln wird breiter und er nickt, weshalb ich ebenfalls schmunzeln muss.
"Da hast du deine Antwort."
Ich grinse, auch wenn diese Situation mehr als komisch ist. Und um keine Stille zwischen uns entstehen zu lassen, frage ich einfach, wie lange wir noch fahren müssen.
"Noch etwa eine halbe Stunde, du hast echt fast die ganze Fahrt verschlafen!"
Überrascht von mir selbst drehe ich mich zum Fenster und gucke nach draußen, um die vorüberziehende Landschaft zu beobachten. Kanada ist wirklich ein hübsches Land...
Am Straßenrand werden es immer mehr Leute und ich kann tatsächlich einige Leute sehen, die ein Deutschlandtrikot tragen. Ich lächle, als der Fahrer eine Parklücke ansteuert und uns dann einen angenehmen Aufenthalt wünscht. Da das Spiel schon ziemlich bald angepfiffen wird, steige ich schnell aus und warte, bis Shawn es ebenfalls getan hat, bevor ich seine Hand nehme und ihn hinter mir herziehe.
"Warte Emma, komm mal mit", sagt er da allerdings und ich gucke ihn fragend an, als er mich schon in eine andere Richtung zieht. Erst will ich noch etwas sagen, doch als ich sehe, dass er die vordersten Reihen anstrebt, lasse ich es und warte einfach, was passiert. Tatsächlich scheint Shawn einen Platz im VIP-Bereich fast ganz vorne bekommen zu haben. Gerade werden die Mannschaftsaufstellungen bekannt gegeben und als ich sehe, dass Kimmich spielt, grinse ich.
Es war zu erwarten, dass das Spiel gegen Brasilien nicht so ausgehen wird wie bei der WM 2014, gerade weil dieses Mal auch Neymar dabei ist, allerdings ist Deutschland meiner Meinung nach besser. Es steht momentan 1:1 und es sind nur noch wenige Minuten zu spielen, als es wie aus dem Nichts anfängt, wie aus Eimern zu schütten. Shawn reagiert am schnellsten und legt mir seine Jacke um. Zum Glück, denn sonst hätte man vermutlich durch mein weißes Shirt hindurch gucken können, wenn es nass geworden wäre. Dankbar lächle ich ihn an, während sein T-Shirt schon an ihm klebt und ihm seine Haare ins Gesicht hängen.
"Jetzt fühle ich mich doch schlecht", sage ich leise zu ihm, woraufhin er nur abwinkt.
"Mir ist es wichtiger, dass dein weißes Trikot nicht nass wird."
Ich hebe eine Augenbraue. Hat er etwa auch so gedacht wie ich und wollte das verhindern?
Shawn richtet seinen Blick wieder auf die riesige Leinwand, was ich ihm auch gleichtue, nachdem ich ihn noch kurz von der Seite betrachtet habe. In der 92. Minute, also in der Nachspielzeit, schafft Timo Werner es tatsächlich noch, das 2:1 zu schießen und als keine Minute später dann der Abpfiff ertönt, bin ich komplett aus dem Häuschen. Ihr glaubt nicht, wie sehr ich mich gefreut habe, auch wenn es erst das Viertelfinale war. Ich bin Shawn in die Arme gesprungen, der sich daraufhin lachend mit mir im Kreis gedreht hat. Zwar glaube ich, dass er sich mehr freut, dass ich so glücklich bin, aber für mich zählt gerade einfach nur der Moment.
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ᴛᴏʀᴏɴᴛᴏ ʟᴏᴠᴇ || sᴍ
ФанфикшнEmma bekommt durch ein Auslandsjahr in Kanada die Chance, ihrem alten Leben kurzzeitig zu entfliehen. In Kanada angekommen muss sie sich allerdings bereits ihren nächsten Problemen stellen, denn nichts läuft so, wie geplant. Zu allem Überfluss tritt...
