-Montag, 2. Juli 2018-
Die ersten Nächte in meinem neuen Bett habe ich ziemlich gut überstanden und heute will Olivia gemeinsam mit mir in die Stadt fahren und mir alles weitestgehend zeigen.
"Wieso eigentlich Toronto? Du hättest überall hingehen können."
Ich zucke mit den Schultern und drehe mich leicht zu ihr.
"Kanada ist ein schönes Land, zwar nicht so warm wie ich es eigentlich gerne habe, aber die Temperaturen sind ungefähr gleich wie in Deutschland. So friere ich mir nicht gleich den Arsch ab, wenn ich nächstes Jahr wieder zurück nach Hause fliege."
Olivia lacht leicht, bevor ihr Blick kurz zu meiner Tasche huscht.
"Alles okay?", frage ich daraufhin und sie zuckt leicht zusammen.
"Ähm ja, doch, alles bestens", antwortet sie und lenkt dann schnell vom Thema ab, indem sie auf das erste Gebäude zeigt.
"Hier hat Shawn Mendes seinen Auftritt gehabt, als er das letzte Mal hier war. Ich konnte nicht hin, weil die Karten zu teuer waren."
Überrascht gucke ich Olivia an. Stimmt, ich habe ganz vergessen, dass Shawn hier aufgewachsen ist und dass er auch, so oft er kann, wieder zurückkommt. Da Olivia aber schon weitergegangen ist, konnte ich schon nicht mehr darüber nachdenken und folge ihr.
"Hier haben wir einen Friseur, der sehr zu empfehlen ist. Er macht seinen Job gut und verlangt nicht allzu viel Geld, sodass meine Eltern und auch ich ein paar Mal herkommen können."
"Wo war Ethan heute morgen eigentlich? Also ich meine, er war nicht da, als wir gegangen sind."
Olivia bleibt stehen und beobachtet ein Pärchen, das ganz in der Nähe auf einer Bank sitzt.
"Ja, er ist... arbeiten gegangen."
"Aber ich dachte..."
Olivia deutet mir an, ruhig zu sein und geht dann auf das Pärchen zu. Sie scheint mit den beiden zu reden und lächelt sie dann so freundlich an, wie mich am Flughafen ebenfalls. Dann setzt sie sich zu den beiden und unterhält sich immer noch, bevor sie nach der Tasche des Mädchens greift, aufspringt und losläuft. Schockiert gucke ich sie an, als sie mich am Arm packt und hinter sich herzieht. Nach kurzer Zeit allerdings befreie ich mich wieder aus ihrem Griff und bleibe stehen.
"Was machst du denn? Sie werden dich kriegen!", meint Olivia und macht schon einige Schritte rückwärts, bereit, wieder loszulaufen. Ich schüttle den Kopf.
"Erst sagst du mir, warum du die beiden beklauen musstest", sage ich dann entschlossen, woraufhin sie genervt die Augen verdreht.
"Kann ich dir das nicht zuhause sagen?"
Abermals schüttle ich den Kopf.
"Okay, dann sieh zu, wo du bleibst."
Mit diesen Worten lässt Olivia mich einfach stehen und läuft weiter. Noch habe ich das nicht realisiert, als auf einmal jemand seinen Arm um mich legt und mich von der Straße zieht.
"Hey, was-"
"Psst, nicht nach hinten gucken. Spiel einfach mit."
Seine Stimme kommt mir so seltsam bekannt vor und instinktiv vertraue ich darauf, dass er mich nicht entführt. Ein paar Minuten, nachdem er mich von der Straße gezogen hat, laufen ein paar Polizisten, der Junge und das Mädchen an uns vorbei. Dann lässt der Unbekannte mich wieder los, geht aber nicht einfach weg.
"Danke, aber warum hast du das gemacht?", frage ich, als ich endlich das Gesicht meines 'Retters' erblicken kann.
"Keine Ahnung, ich habe aus einem Reflex heraus gehandelt. Es sah nicht so aus, als hättest du gewollt, dass dieses andere Mädchen klaut."
Schnell schüttle ich den Kopf.
"Ich wusste zwar, dass ihre Familie nicht sehr viel Geld hat, aber dass sie schon zu so radikalen Mitteln greifen müssen, war mir dann doch nicht bewusst. Ich bin erst seit knapp 4 Tagen hier und..."
"Du bist nicht von hier?"
Abermals schüttle ich meinen Kopf.
"Ich mache ein Auslandsjahr hier. Bis Juni nächsten Jahres bleibe ich hier."
"Und wo kommst du eigentlich her?"
Ich kratze mich am Hinterkopf, bevor ich ihm antworte.
"Aus einer Stadt in der Nähe von Hamburg in Deutschland?"
Das war zwar mehr eine Frage als eine Antwort, aber gut, Hamburg ist mehr als 10 Flugstunden von Toronto entfernt, da darf man ja wohl so unsicher sein, oder? Der Junge vor mir guckt mich überrascht an, sagt aber nichts, weshalb ich meinen Blick durch die Gegend schweifen lasse und schließlich das Gebäude erblicke, von dem Olivia meinte, dass Shawn Mendes dort aufgetreten wäre. Dann wandert mein Blick wieder zurück zu dem Jungen und noch einmal zurück zum Gebäude, bevor mir dann das Licht aufgeht. Ich schnaufe ironisch und schüttle leicht den Kopf.
"Also, dass mir das jetzt erst auffällt, ist mehr als nur traurig", murmle ich dann, weshalb Shawn mich verwirrt anschaut. Scheinbar braucht auch er einen Moment, bevor er versteht, dass ich ihn kenne. Erstaunlicherweise nimmt er das ziemlich gelassen auf und hebt grinsend die Hand zum Gruß.
"Da du ja jetzt weißt, wie ich heiße, darf ich auch deinen Namen erfahren?"
Ich grinse ebenfalls und verschränke meine Arme vor der Brust.
"Na gut. Ich bin Emma."
"Freut mich, dich kennen zu lernen, Emma."
"Die Freude ist ganz meinerseits, Justin."
Verwirrt zieht Shawn seine Stirn kraus, bevor ich anfangen muss, zu lachen.
"Keine Sorge, war nur ein kleiner Scherz. Also, Shawn, danke fürs Retten."
Dann fängt auch Shawn an, zu lachen und fährt sich durch seine Haare. Eine komische Stille legt sich zwischen uns und schließlich beschließe ich, mich zu verabschieden.
"Ähm, ich denke, ich sollte mal wieder zurück. Olivia hat mir noch einiges zu erklären."
"Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dich begleite?"
Überrascht gucke ich ihn an, schüttle dann aber den Kopf.
"Nein, kein Problem. Es ist nicht wirklich weit von hier, wenn ich mich noch richtig erinnere."
Grinsend gehe ich vor und merke, wie Shawn mir folgt. Kurz darauf läuft er schon neben mir.
"Wie lange bleibst du denn hier in Toronto?", frage ich ihn, um ein Gespräch aufzubauen.
"Voraussichtlich erst einmal 4 Wochen. Dann muss ich nach LA, um dort einen Auftritt zu machen und wahrscheinlich auch noch etwas Geschäftliches. Danach hatte ich eigentlich vor, wiederzukommen und die Zeit mit meiner Familie zu genießen."
Ich nicke gedankenverloren.
"Was ist los?", fragt Shawn nach einiger Zeit und ich gucke wieder zu ihm.
"Ich bin hier hergekommen, um ein wenig Abstand von meiner Familie, besser gesagt den momentanen Problemen zuhause zu bekommen."
Shawn mustert mich überrascht, als 'mein' Haus schon in Sichtweite kommt.
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ᴛᴏʀᴏɴᴛᴏ ʟᴏᴠᴇ || sᴍ
FanfictionEmma bekommt durch ein Auslandsjahr in Kanada die Chance, ihrem alten Leben kurzzeitig zu entfliehen. In Kanada angekommen muss sie sich allerdings bereits ihren nächsten Problemen stellen, denn nichts läuft so, wie geplant. Zu allem Überfluss tritt...