f o u r t y f o u r.

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-Montag, 19. November 2018-

Heute habe ich das Haus das erste Mal in der Zeit, seit ich in Kanada bin, mit einer Winterjacke verlassen. Es war am Morgen schon so verdammt kalt, dass ich beinahe erfroren wäre, als der Wind mir ins Gesicht geblasen hat. Aaliyah hat sich am Wochenende eine schöne Erkältung eingefangen und geht heute deshalb nicht zur Schule, weshalb ich den Weg alleine entlanggehe. Vor der Schule atme ich tief durch und betrete dann das Gebäude. „Warte Emma!" Chloe kommt auf mich zugestürmt und kommt außer Atem neben mir an, weshalb ich sie schmunzelnd mustere. „Ja ich gebe zu, dass ich verschlafen habe und meine Mutter mich fahren musste." Chloe lacht leicht und umarmt mich zur Begrüßung, bevor sie gemeinsam mit mir zum Klassenraum geht. „Und bist du schon aufgeregt?" fragt sie, während sie sich auf ihren Platz fallen lässt. Fragend gucke ich sie an und streiche mir meine Haare hinter die Ohren, bevor ich mich ebenfalls setze. „Na du hast doch heute dein Vorstellungsgespräch in dem Café!" erinnert sie mich und holt ihre Sachen für den Unterricht hervor. „Ach ja. Nein, eigentlich nicht." Ich grinse schief und hole meine Sachen ebenfalls hervor, dabei entgeht mir das Augenrollen von Chloe nicht. „Offensichtlich nicht, wenn du es schon wieder vergessen hast."
In der Pause unterhalte ich mich ausgelassen mit Liam und Chloe, die mir dann erzählen, dass sie nächstes Wochenende gemeinsam einen Roadtrip machen wollen. „Das ist niedlich." war mein Kommentar dazu und ich freue mich wirklich für die beiden, dass sie es doch geschafft haben, zusammen zu kommen.

Glücklicherweise hatte ich heute nicht so lange Schule, weil der Lehrer, den wir in den letzten beiden Stunden gehabt hätten, krank war und wir so Entfall hatten. Schnell mache ich mich auf den Weg nach Hause und werfe meinen Rucksack geradezu in mein Zimmer. „Wohin so eilig?" fragt Shawn belustigt, als ich die Treppe wieder herunterlaufe und mir schnell etwas zu Essen mache. „Du weißt doch, dass ich heute mein Vorstellungsgespräch habe." antworte ich ihm nur kurz und esse auf, um die Sachen dann wieder wegzuräumen. „Stimmt ja. Soll ich dich fahren?" Ich halte inne und atme tief durch. „Du würdest mir offen gesagt das Leben retten, wenn du das machen würdest." sage ich dann vielleicht etwas zu theatralisch, denn Shawn lacht leicht. „Na dann bin ich mal dein Retter in der Not." sagt er und zieht sich seine Schuhe an, was ich ihm gleichtue. Wir sagen Karen noch kurz Bescheid, da Manuel noch arbeiten ist und verlassen dann das Haus.
Dank Shawn musste ich nicht mehr auf den Bus warten und war schneller da, sodass ich keinen großen Zeitdruck mehr habe. „Danke." sage ich ehrlich und lächle meinen Freund dankbar an. „Keine Ursache, ich warte hier. Und wehe, du bekommst den Job nicht." Ich lache kurz und steige dann aus, um die letzten Meter bis zu dem gemütlichen Café zu gehen. Drinnen werde ich bereits erwartet und von der älteren Dame zu einem Tisch gebeten. „Also Emma, warum möchtest du hier arbeiten?" „Naja, als ich mich im Internet umgeschaut habe, hatte ich ehrlich gesagt noch keine Vorstellungen, wo ich gerne einen Job hätte. Dann habe ich das Café hier gefunden und als ich das erste Mal hier war, habe ich mich sofort wohl gefühlt. Ich wusste sofort, dass das hier etwas für mich sein könnte und hoffe wirklich, dass ich den Job bekomme."
Die ältere Dame, die sich mir inzwischen als Elizabeth vorgestellt hat, hat mir noch einige Fragen gestellt, als mein Handy in meiner Hosentasche vibriert. Ich werfe einen flüchtigen Blick darauf, lehne den Anruf von Liam dann aber ab. „Du hättest auch rangehen können." Ich schüttle den Kopf. „Das hier ist mir gerade wichtiger." Elizabeth lächelt. „Aber du hast den Job doch schon sicher! Passt dir nächsten Montag gegen 17 Uhr?" Überrascht nicke ich und bedanke mich dann glücklich, bevor ich das Café wieder verlasse und zurück zu Shawns Auto gehe. Shawn steigt aus und kommt mit fragendem Gesichtsausdruck auf mich zu, bevor ich ihn glücklich umarme, als ich bei ihm angekommen bin. „Ich habe den Job bekommen, Shawn!" sage ich dann mit einer für meine Verhältnisse viel zu hohen Stimme und bringe ihn damit wohl zum Lachen, bevor er seine Arme ebenfalls um mich legt und fest an sich drückt.
Als wir dann wieder im Auto sitzen und Shawn den Motor startet, beschließe ich, Liam endlich zurückzurufen. Nach nur wenigen Sekunden nimmt er ab. „Emma?" Selbst durch die Verzerrung des Handys kann ich hören, dass er weint. „Liam? Was ist passiert?! Weinst du etwa?" „Kannst du bitte einfach so schnell es geht zum Toronto General Hospital kommen?" Besorgt stimme ich zu und lege dann wieder auf. „Kannst du mich zum General Hospital fahren?" Shawn guckt mich überrascht an, nickt dann aber und fährt los. Die zehnminütige Fahrt über frage ich mich die ganze Zeit, was wohl passiert ist, dass Liam mich anruft.
Am Krankenhaus angekommen hole ich mein Handy wieder hervor und wähle erneut Liams Nummer. „Hey, wo sollen wir hinkommen?" „Wir?" „Äh, ja Shawn ist bei mir..." Ich kratze mich am Hinterkopf und meine Besorgnis steigt, weil Liams Stimme immer noch so gebrochen klingt. „Okay... wartet, ich komme zu euch raus." Er legt auf und ich fahre mir durch die Haare. „Was ist denn los?" fragt Shawn nun nach und ich zucke hilflos mit den Schultern. „Liam hat mich gebeten, herzukommen. Ich weiß auch nicht mehr..." Genau in dem Moment verlässt der Braunhaarige das Krankenhaus und schon von Weitem kann ich erkennen, dass er vom Weinen rote und leicht geschwollene Augen hat. Ohne großartig nachzudenken laufe ich einfach auf ihn zu und nehme ihn fest in den Arm. „Was ist denn passiert?" frage ich leise und löse meinen Oberkörper wieder leicht von seinem. Man sieht, dass er die Tränen wieder zurückhalten muss. „Chloe, sie... sie hatte einen Unfall. Irgendwer hat sie angefahren und dieser Arsch ist dann einfach abgehauen!" Schockiert weiten sich meine Augen und ich löse mich komplett von ihm. „Wie... wie geht es ihr?" frage ich dann vorsichtig nach und schlucke. „Sie liegt im Koma. Und keiner weiß... ob sie je wieder aufwachen wird oder demnächst stirbt."

ᴛᴏʀᴏɴᴛᴏ ʟᴏᴠᴇ || sᴍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt