ᴛᴏʀᴏɴᴛᴏ ʟᴏᴠᴇ || sᴍ

t h i r t e e n.

-Sonntag, 8. Juli 2018-

Morgen beginnt das neue Schuljahr hier in Kanada und um ehrlich zu sein, ich bin echt aufgeregt. Shawn scheint das zu bemerken, denn er versucht, mich den Tag über abzulenken. Er verbringt den Tag gemeinsam mit mir und für einen Moment habe ich wirklich vergessen, dass ich ihn noch nicht so lange kenne. Um ganz genau zu sein, kenne ich ihn persönlich erst seit dem 2. Juli, also seit... seit 6 Tagen?! Wow, ich kenne ihn erst knapp eine Woche und denke darüber nach, ob ich mich in ihn verliebt haben könnte...

"Alles okay?", fragt Shawn, der neben mir auf dem Bett liegt und gerade irgendwas an seinem Handy gemacht hat. Ich nicke schnell und hole mein Handy ebenfalls hervor, um auf Instagram zu gehen. Zuerst gehe ich auf die Accounts meiner Freunde und Klassenkameraden in Deutschland, um zu gucken, ob irgendwas interessantes passiert ist. Aber entweder sind die Leute im Urlaub unterwegs oder sie posten nichts von sich, weshalb ich mein Handy recht schnell wieder sperre und mich auf den Rücken drehe. Ich sehe aus dem Augenwinkel, wie Shawn sein Handy ebenfalls beiseite legt und drehe mich deshalb so, dass ich ihn angucken kann. Er lächelt leicht, sagt aber nichts. 

Er fragt nicht, warum ich ihn so anschaue oder sagt etwas, um die Stille zu durchbrechen, nein. Er schaut einfach nur zurück und es ist mir nicht einmal unangenehm. Ich würde mir so gerne sicher werden darüber, wie ich ihm gegenüber stehe, aber ich muss ihn erst gut kennen, um das beurteilen zu können. Ich schlucke und hebe vorsichtig eine Hand, um ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen, die sich aus seiner Frisur gelöst hat. 

"Ich mag deine Haare", flüstere ich dann gedankenverloren und ohne so richtig zu wissen, ob das jetzt angebracht war oder nicht. Shawn sagt immer noch nichts, aber sein Lächeln wird breiter.

Als es dann aber an der Tür klopft, ziehe ich meine Hand wieder zurück und schlucke, bevor ich mich aufsetze. 

"Kann ich reinkommen?", kommt es dumpf von der anderen Seite der Tür und für einen kurzen Moment habe ich gedacht, dass Olivia vor der Tür steht. Als die Tür dann aber geöffnet wird und Aaliyah den Kopf hindurch steckt, schlage ich mir diesen Gedanken sofort wieder aus dem Kopf. 

"Ich wollte nur fragen, ob ich mir Emma für den Rest des Tages ausleihen darf. Ich würde sie gerne näher kennenlernen!" 

Überrascht gucke ich kurz zu Shawn und dann zu seiner Schwester, bevor ich aufstehe und zu ihr gehe. Grinsend geht sie vor und das erste, was mir auffällt, ist das Grinsen: Es sieht dem von Shawn unglaublich ähnlich, alleine daran schon könnte man erahnen, dass sie verwandt sind. Aaliyah sagt, dass ich mir Schuhe anziehen soll, weil sie gerne mit mir shoppen gehen will, weshalb ich sie noch einmal überrascht angucke, ihrer Aufforderung dann aber nachkomme. Gerade wollen wir das Haus verlassen, da kommt Shawn die Treppe heruntergelaufen und ruft nach mir. Fragend gucke ich zu ihm, als er schon vor mir stehenbleibt. 

"Du... du hast dein Handy vergessen", stammelt er dann leicht und ich fange an, schief zu grinsen. 

"Danke...", murmle ich und nehme es, bevor ich mich von ihm verabschiede und Aaliyah dann zu dem Auto folge, das schon in der Einfahrt parkt. Wird hier eigentlich jeder überall hingefahren?!

"Was ist jetzt eigentlich mit meinem Bruder?", fragt Aaliyah neugierig und guckt mich gespannt an, während ich ihrem Blick ausweiche. 

"Keine Ahnung. Also, wir haben uns zwei Mal geküsst und... warte, das ist komisch, da mit seiner Schwester drüber zu reden." 

Nun gucke ich sie doch an, weshalb ich ihr lautloses Lachen sehe. 

"Ich habe doch nachgefragt!" 

"Okay, das stimmt." 

Ich kratze mich am Hinterkopf. 

"Ich weiß trotzdem nicht, was das jetzt zwischen uns ist. Er hat mir nicht wirklich gesagt, ob er in mich verliebt ist und ich habe gerade sowieso keinen Plan von meinen Gefühlen... Außerdem würde ich ihn gerne erst richtig kennenlernen, bevor ich zu schnell urteile und ihn nachher verletze." 

Aaliyah guckt mich mit großen Augen an, was mir ein unbehagliches Gefühl beschert. 

"Du bist wirklich das erste Mädchen, das nicht ansatzweise davon angetan zu sein scheint, dass mein Bruder so eine Berühmtheit ist. Sogar Hailey war am Anfang beeindruckt und hat eher darauf als auf seinen Charakter geachtet, oder sogar nur auf sein Aussehen." 

Ich drehe meinen Kopf, um zum Haus zurückzugucken. Eigentlich will ich etwas sagen, aber ich weiß nicht so recht, was genau, weshalb ich meinen Blick dann wieder nach vorne richte und einfach nichts sage. 

"Du hast meinen Segen", sagt Aaliyah dann auf einmal, weshalb ich sie verwirrt angucke. „Was ist?" frage ich blöd nach, woraufhin sie schmunzelt. 

"Ich hätte nichts dagegen, wenn du mit Shawn zusammenkommst. Du scheinst mir sympathisch, aber auch für dich gilt, was für die anderen galt: Verletz' ihn und du bekommst es mit mir zu tun!" 

Ich hebe abwehrend meine Hände. 

"Ich hatte nicht vor, ihm wehzutun. Wir werden sowieso erst noch sehen, was die Zukunft bringt." 

Sie nickt und scheint zu überlegen. 

"Shawn hat erzählt, dass deine Gastfamilie verhaftet wurde. Weißt du schon, was du jetzt machen wirst?" 

Ich schüttle leicht den Kopf. 

"Entweder ich werde irgendwo hier in der Nähe aufgenommen oder es wird eine neue Familie für mich ausgesucht. Die wird dann aber wahrscheinlich mehrere Kilometer von hier entfernt wohnen und ich müsste eine neue Schule besuchen. Außerdem könnte ich euch auch nicht mehr so oft oder sogar gar nicht mehr sehen..." 

"Das würde meinen lieben Bruder aber am Boden zerstören. Ich bin mir sicher, Shawn kann da etwas arrangieren", sagt Aaliyah mit einem Grinsen, als wir schon halten und aussteigen. Diese Einkaufsstraße kommt mir allerdings nicht bekannt vor und schnell stellt sich auch heraus, dass wir in den nächsten Ort gefahren sind, weil man hier einfach ‚besser shoppen' kann, wie Aaliyah gesagt hat. Sie liebt es wohl, Klamotten anzuprobieren, denn sie geht in beinahe jeden Laden hinein und mit mindestens 3 Sachen in eine Umkleidekabine. Ich bin nicht so der Shoppingtyp, weshalb meine Ausbeute eher klein bleibt. Außerdem habe ich nicht so viel Geld zur Verfügung, aber trotzdem hat mir der Nachmittag gemeinsam mit Aaliyah unglaublich viel Spaß gemacht, weil wir sehr viel gelacht und uns auch näher kennengelernt haben.