Kapitel 1

7.1K 370 40
                                    

Ehrlich gesagt bin ich noch immer ganz überrascht, dass doch so viele von euch wieder hier mitlesen und dass die Idee einer Fortsetzung so gut ankommt. Ich habe mich riesig über eure Votes und lieben Kommentare gefreut! Vieeelen Dank dafür!! Habt ein schönes Wochenende und (hoffentlich) viel Spaß beim lesen ;)


Ich war mir in vielerlei Hinsicht sicher, dass der Lehrerberuf genau der richtige für mich war. Doch wenn ich eins nicht mochte, dann war es das frühe Aufstehen. Ich selbst war nie ein Morgenmensch gewesen und das tägliche Ausschlafen während meines Studiums besiegelte endgültig meinen Untergang. Dummerweise musste ich als Lehrerin mittlerweile jedoch diejenige sein, die pünktlich und funktionsfähig morgens um acht Uhr vor ihrer Klasse stand. Daran hatte ich bei der Wahl meines Berufes nicht gedacht. Doch all das Jammern und die späte Erkenntnis brachten nicht viel, denn mich blickten gerade 28 müde und ausdrucklose Gesichter an, die den Freitagmorgen genauso in den Knochen spürten wie ich selbst. In meiner früheren Wunschvorstellung hätte ich jetzt einfach einen Film eingeschmissen und eine Geschichtsdoku über den Ersten Weltkrieg gezeigt. Doch in der Realität sah der Alltag ganz anders aus. Ganze 90 Minuten spielte ich die Alleinunterhalterin und versuchte meine Schüler für das Thema und ihre Aufgaben zu motivieren. So kurz nach den Sommerferien war dies zugebenermaßen jedoch ziemlich schwer. Die meisten waren in ihren Gedanken noch in ihren Urlaubserinnerungen am schwelgen und hatten so gar keine Lust auf Quellentexte und Tafelbilder. Meine Laune konnte das jedoch nicht trüben, denn ich war einfach nur froh, dass ich die erste Woche ohne große Probleme und Schwierigkeiten überstanden hatte. Ich genoss einfach die Freiheit keine Referendarin mehr zu sein und von niemanden mehr beim Unterrichten beobachtet oder bewertet zu werden. Nun trug ich allein die Verantwortung und spürte, dass ich mich damit mehr als wohl fühlte. Jetzt musste ich mich nur noch daran gewöhnen, dass gerade die Jüngeren keine Ironie verstanden. Jedoch war ich zuversichtlich, dass ich meine Gewohnheiten in der Hinsicht ein wenig zurückhalten konnte.

„Frau Mai, der Sitzplan ist fertig.", verkündete ein Mädchen mit langen dunklen Haaren und schaute mich freundlich an, als ich gerade zurück zu meinem Tisch gehen wollte.

„Perfekt! Danke..." Mitten im Satz stockte ich und musste feststellen, dass ich mir ihren Namen bisher noch nicht gemerkt hatte.

„Samira.", sagte sie und rückte ihre rote Brille mit einem Finger wieder zurecht, während sie mich finster ansah. Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, als ich den Sitzplan entgegennahm und sie mich noch immer wütend anschaute.

„Lag mir auf der Zunge. Ab jetzt merke ich ihn mir, Samira.", log ich und wusste, dass ich Wochen, wenn nicht sogar Monate für all die Namen brauchen werde. Doch Samira schien dies zu beruhigen, zumindest wandte sie den Blick von mir ab und widmete sich wie die anderen Schüler auch, ihren Aufgaben. Bevor kurz darauf die Schulklingel ertönte, verteilte ich noch die Hausaufgaben und versuchte die kurz vor der Pause nervös werdenden Schüler zu übertönen.

„Also die Aufgaben 1 bis 3 macht ihr bitte zu Hause, ich kontrolliere das am Dienstag. Habt ein schönes Wochenende und treibt es nicht zu wild.", rief ich zum Abschied und schüttelte über mich selbst den Kopf. Das waren Kinder zwischen 11 und 12, was sollten die schon wildes treiben?

„Tschüüüss, Frau Mai", sagten einige der Kinder, während ich meine Sachen zusammenpackte und froh war, dass ich mir im Lehrerzimmer erstmal einen Kaffee holen konnte. Heute Morgen hatte ich verschlafen und war ohne Frühstück aus dem Haus gegangen. Das war so gut wie das Schlimmste, was ich tun konnte. Ohne Kaffee war ich nämlich bloß halbwegs zu gebrauchen. Doch bisher klappte es heute ganz gut, dies zu verbergen.

„Mögen Sie Alpakas?", fragte mich nun ein blonder, etwas übergewichtiger Junge, dessen Namen ich mir bisher auch noch nicht gemerkt hatte, aus dem Nichts. Um ihn herum standen noch zwei andere Schüler, die mich interessiert ansahen und mit mir zur Tür gingen.

KüstenliebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt