Als ich am nächsten Morgen aufwachte, konnte ich mich kaum bewegen. Jeder einzige Millimeter meines Körpers schmerzte und mein Kopf drohte zu platzen. Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich wirklich feiern gewesen war, oder mich nicht doch ein Bus überrollt hatte. Vorsichtig versuchte ich meine Augen zu öffnen, aber das Licht der Sonne, das durch mein Fenster schien, blendete mich zu stark. Mit zusammengekniffenen Augen tastete ich nach meinem Handy, welches sich irgendwo in meinem Bett versteckt haben musste.
Das kann doch nicht wahr sein, dachte ich, als ich mich wie beim Topfschlagen durch mein ganzes Bett getastet hatte. Mein Handy war nicht zu erfühlen und ich hatte kurz Angst davor, dass ich es gestern verloren hatte. Ich wagte einen zweiten Versuch und blinzelte zaghaft, bis sich meine Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten. Als ich aufstehen wollte, um nach meinem Handy zu suchen, sah ich es neben dem Bett auf dem Holzboden liegen. Zum Glück war kein Kratzer am Display zu erkennen und ich konnte meine Nachrichten ohne Probleme lesen. Es waren Nachrichten von Martin und Charlie dabei und beide fragten, ob ich gut nach Hause gekommen sei und was es mit der Frau auf sich hatte, mit der ich nach Hause gegangen bin. Welche Frau?, fragte ich mich und ärgerte mich darüber, dass mein Gedächtnis mir bei der Aufklärung gerade noch ein großen Strich durch die Rechnung machte. Neben den Nachrichten von Martin und Charlie las ich einen Namen, der zuvor noch nie auf meinem Display erschienen war. Lana.„Guten Morgen, Hannah. Ich hoffe dir geht es heute nicht allzu schlecht? Vielleicht sehen wir uns ja nochmal auf einen Kaffee oder so? Liebe Grüße Lana! :)"
Ich las die Nachricht mehrmals durch und meine Gedanken spielten verrückt. Wer war diese Lana, mit der ich offenbar nach Hause gegangen war. Die einzige Sache, die mir Erleichterung brachte war, dass ich scheinbar alleine eingeschlafen war. Ich war nie ein Fan von One-Night-Stands gewesen und hätte mich gewundert, wenn ich all meine Prinzipien über den Haufen geworfen hätte. Neugierig tippte ich auf ihr Profilbild bei Whatsapp und erkannte eine bildschöne Frau, die mit einem Weinglas in der Hand sympathisch in die Kamera lächelte. Sie hatte schulterlange, dunkelblonde Haare mit hellen Strähnchen und trug eine weiße Bluse mit blauen Blumenstickereien. Im Hintergrund war die Strandpromenade zu erkennen und die Sonne, die gerade mit einem bunten Farbenspiel unterging. Jetzt, wo ich ihr Gesicht auf dem Bild wiedererkannte, versuchte ich den Abend in Gedanken nochmal durchzuspielen und konnte mich langsam aber sicher doch an einige Momente aus der letzten Nacht erinnern:
Gemeinsam mit den anderen hatte ich in der Bar gesessen und einen Cocktail nach dem anderen getrunken, da die Stimmung bei mir nicht von selbst kommen wollte. Da diesmal keiner von uns fahren musste, sondern wir alle mit dem Taxi fahren wollten, waren wir nach den ersten Runden alle gut dabei. Ich erinnerte mich, wie Charlie ihren Referendar nicht aus den Augen ließ und ich mir mein Lachen nicht verkneifen konnte, als sie ihn unbeholfen anquatschte und er sich über seine katastrophale Woche bei ihr ausheulte. Heute war mir klar, dass ich spätestens da hätte aufhören sollen zu trinken, aber da hatte ich gestern nicht drüber nachgedacht. In meiner Erinnerung, sah ich mich wenig später im Club und lachend mit Martin und Charlie tanzen. Konnte mich an das wild umher flackernde Licht und den lauten Bass erinnern, den ich in meinem Brustkorb pulsieren spürte. Dann waren da wieder ausgelassene Tänze, die ich mit Martin auf der Tanzfläche dargeboten hatte und dieses kurze Glücksgefühl tief im Herzen, das mich alles für einen kurzen Moment vergessen ließ. Doch kurz darauf geschah etwas, das mich selbst im betrunkenen Zustand völlig aus der Bahn geworfen hatte. Beim Tanzen nahm ich auf einmal eine Frau auf der Tanzfläche wahr, die Anne zum verwechseln ähnlich sah. Auch hier und jetzt spürte ich wieder diesen kurzen Stich im Herzen, als ich an sie dachte. In meiner Erinnerung sah ich mich regungslos auf der Tanzfläche stehen und wie mich krampfhaft an meinem Glas festgehalten hatte. Mit den kurzen dunklen Haaren, die in lockeren Wellen bis kurz unter ihre Schulter reichten und der zum verwechseln ähnlichen Figur, sah sie aus wie die Frau, die ich nie wiedersehen wollte. Wütend über meine kurze Hoffnung und gleichzeitige Enttäuschung verließ ich fluchtartig die Tanzfläche und lief zum Außenbereich. Meine Beine fühlten sich zu dem Zeitpunkt an wie Gummi und der plötzlich auftretende Schwindel machte es mir schwer, den Weg ohne Stolpern zu bestreiten. Ich erinnerte mich daran, wie ich einige der Menschen auf meinem Weg nach draußen mit meinen Schultern anrempelte, doch es war mir egal. Ich musste gestern nach dem Schock dringend an die frische Luft und mich und meine Gedanken ordnen. In meiner Eile hatte ich die zwei kleinen Stufen übersehen, die zum Außenbereich führten und ich dachte daran, wie ich mich schon mit meinem verschütteten Getränk auf dem harten Boden hatte liegen sehen. Anders als gedacht, fingen mich jedoch zwei Arme auf, die mich vor einem Sturz retteten und der Rest des Abends lief wie ein Film in meinen Gedanken ab:
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Küstenliebe
Romance•Fortsetzung von Semesterliebe• „Plötzlich stand sie vor mir und ich hatte die Befürchtung, dass mir mein Kopf erneut einen Streich spielte. Mein Herz schlug bei ihrem wunderschönen Anblick noch immer schneller und mein Puls raste, als ihre strahle...