21 the ones you love

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!!!!! IN DIESEM KAPITEL WIRD SOWOHL GEFLUCHT ALS AUCH KÖRPERLICHE GEWALT BESCHRIEBEN!!!NICHTS FÜR SCHWACHE NERVEN!!!

Mein erster Blick gilt dem Fenster. Scherben fallen auf den Boden und zerfallen in noch kleinere Teile. Schneeflocken wirbeln in den Raum und ein kalter Luftzug streift meine Haut. Als nächstes sehe ich eine Hand, Robins Hand. Er ist wieder zurückgekommen, im richtigen Moment. Ich sehe die Anspannung auf Nicks Gesicht, nur eine Sekunde, aber lange genug, um zu wissen, dass er aus dem Konzept gebracht ist. Robins andere Hand erscheint am Fenster, er stütz sich auf dem inneren Fensterrahmen ab, das zerbrochene Glas wird ihm sicher einige Schnittwunden zugefügt haben, dann schwingt er sich durch das Fenster in den Raum und landet stehend mitten in den Scherben. Seine Haare sind zerzaust und unordentlich, sein Gesicht ist blass und seine Augen sprühen ein wildes Feuer aus, etwas, das ich noch nie zuvor bei ihm gesehen habe. Rachsucht. Das alles geschieht wie in slow motion, ich nehme jedes Bild einzeln wahr. 

Jetzt geht sein Blick flüchtig durch den Raum, er sucht mich; als sein Blick auf mir landet, zieht er seine Augenbrauen zusammen und spannt seinen Kiefer an. Dann sieht er Nick an, und ich glaube ich wäre gestorben, wenn er mich so angesehen hätte. So viel Kälte, so viel Hass und Zorn und Wut und Verzweiflung - und so viele Dinge, die ich nicht deuten kann oder verstehen würde. 

Jetzt will er sich seinem Schicksal stellen, ich spüre es- die Spannung in diesem Raum beträgt mindestens 2000 Volt. Nick starrt zurück, stark aber eingeschüchtert. Es ist ein wortloser  Wettkampf um die Ehre- und um die Vergangenheit. Ich will den Moment nutzen. 

Ich Strecke wieder mein Bein aus, diesmal weiter, und berühre mit den Zehenspitzen gerade die Klappe unter dem Regal. Ich nehme alle meine Kraft zusammen und will sie in meinen rechten Fuß lenken-nur noch ein bisschen!- und schaffe es letztendlich wirklich. Ein leises Klappern, als das Messer aus dem Fach fällt. In genau dieser Sekunde beginnt Nick zu reden. 

"Schön, dich wiederzusehen, mein Junge. Ich hätte dich eigentlich früher wieder hier erwartet. Aber anscheinend kannst du dich noch schlechter gegen dich selbst durchsetzen als gegen andere." Seinen Mut hätte ich gerne. So wie ich Robin gerade sehe, bin ich mir sicher, dass er zum töten bereit wäre- zum ersten Mal sehe ich einen Psychopathen vor mir. Blut tropft von seinen Händen auf den Boden. Ich ziehe vorsichtig und leise das Messer zu mir, bis ich es zwischen den Beinen liegen habe. Dann beuge ich mich vor, um es mit dem Mund zu greifen und hinter mir fallen zu lassen. Ich muss mich befreien. Ich muss hier weg. 

Robin reagiert nicht, er blickt seinen Onkel weiterhin mit dieser mörderischen Rachsucht an. Sein Brustkorb hebt und senkt sich, rhythmisch, er wirkt fast schon ruhig. Aber in ihm kocht es, und diese Hitze geht von ihm aus. Endlich halte ich das Messer in meiner rechten Hand. Ich  beginne, das Seil zu durchtrennen, so schnell und präzise wie irgend möglich. Aber es ist schwierig.  Außerdem beansprucht Robin einen großen Teil meiner Aufmerksamkeit für sich. Und endlich tut er etwas. 

Er macht zwei Schritte auf Nick zu, Nick macht einen rückwärts. Er sieht nervös zur Seite, sieht mich flüchtig an, dann wieder zu Robin. Er scheint mit jedem Schritt zu wachsen und noch verrückter zu werden. Schließlich packt er Nick an den Schultern, drückt ihn gegen die Wand und hält ihn hoch. Dann schlägt er seinen Kopf gegen Nicks Nase, ein lautes Knacken ertönt und Nick entflieht ein schmerzvolles Stöhnen. Sein Gesicht ist blutverschmiert und er scheint die Fassung verloren zu haben. In diesem Moment hat Robin die Kontrolle übernommen. 

Seine Stimme ist ruhig, aber schneidend scharf. "Verschwinde aus meinem Leben, wenn es dir lieb ist. Lass dich nicht mehr bei mir blicken. Ich bin kein kleiner Junge mehr, und du solltest dir deine Feigheit endlich eingestehen." Er lässt seinen Onkel plötzlich fallen und er landet unsanft auf dem Boden. "Aber davor schuldest du mir noch einen Kampf. Der letzte Kampf." Nick scheint seine Fassung endlich wiedergefunden zu haben, er kommt wieder auf die Beine, etwas taumelnd, aber er kann sicher stehen. Und dann schlägt er zu, mit der Faust in Robins Gesicht, und ich schreie. Plötzlich fängt mein Herz an zu schmerzen und wild zu schlagen. Ich muss mich befreien! Die Haut unter Robins linkem Auge ist aufgeplatzt und Blut sickert  seine Wange hinab. Tränen aus Blut, Tränen von Hass und Abneigung und Schmerz. "VERDAMMTE SCHEISSE!" Jetzt ist es Robin, der seine Fassung verliert, er stürzt sich auf seinen Onkel, zwingt ihn zu Boden und schlägt mit der Faust immer wieder auf ihn ein. "DAS IST FÜR DIE NACHT, in der du mich alleine im Keller eingesperrt hast, um aus mir einen richtigen Mann zu machen. DAS IST FÜR DEN TAG, an dem du meine Mutter geschlagen hast, als sie dir gedroht hat, zur Polizei zu gehen. DAS IST DAFÜR, dass du wie jeder gottverdammte Mensch auf dieser Erde kein Geheimnis daraus gemacht hast, dass ich das ungewollte Kind bin." Er lässt seinen Worten immer ein Schlag mitten ins Gesicht folgen. "ABER DAS" er hält kurz inne und lächelt dann.. "Das ist dafür, dass du versucht hast, Venice wehzutun." Er packt Nicks Schädel und schlägt ihn immer wieder gegen den Boden. "NIEMAND verletzt sie. Davor musst du mich umbringen." Robin scheint sich wieder zu beruhigen, langsam verlässt der Wahnsinn sein Gesicht.Der Rausch lässt nach. Nicks Gesicht ist blutbedeckt, seine Nase auf jeden Fall gebrochen, aber sein Wille ist stärker denn je. 

Diesmal ist er es, der Robin packt. Er setzt sich auf und nagelt Robin mit seinem Gewicht am Boden fest, er hat das Steuer übernommen. Ich merke erst jetzt, wie mir Tränen über das Gesicht strömen, wie mein Herz Purzelbäume schlägt, wie meine Hände zittern und ich mich mehr selbst schneide als das Seil. Ich bin vollkommen aufgewühlt, so viele Emotionen überfluten gleichzeitig mein Gehirn. Aber ich spüre, wie sich die Energie auch auf mich überträgt. Ich fühle mich langsam stärker. Mein Wille festigt sich. Ich muss Robin helfen- ich muss ihn beschützen und an einer Seite kämpfen. 

Nick schlägt gnadenlos auf Robin ein, der wehrlos am Boden liegt. "Du bist noch schwächer, als ich erwartet habe. Du bist eine Schande für deine Familie und ein noch schwärzeres Schaf als ich es war. Warum, WARUM denkst du, hat sich deine Mutter NIEMALS bei dir gemeldet, als du eingebuchtet warst? Weil du ihr so wichtig bist? DU, Du, Robin, bist der Grund, warum sowohl deine als auch Venice' Familie nur um sie trauert, dein Opfer. Dein bisher größtes Opfer, richtig? Ein Jahr und sie lebt immer noch. Wenigstens das hättest du richtig machen können, bevor du gefunden und getötet wirst, Robin, richtig? WENIGSTENS DAS hättest du richtig machen können." 

Und das ist der Punkt, an dem die Energie mich einnimmt. ich lasse das Messer fallen und reiße an dem Seil, und irgendwann reißt es wirklich. Ich springe auf und sehe auf einmal nur noch rot. Robin muss längst bewusstlos sein. Ich greife nach dem Messer und gehe auf Nick zu, nein, ich STÜRZE mich auf ihn und schicke ihn von Robin herunter, erhasche dabei einen kurzen Blick auf sein Gesicht. Er sieht benommen an die Decke, scheint aber noch bei Bewusstsein zu sein. Das Messer in der rechten Faust fest umklammert wende ich mich Nick zu. Als er mit einem selbstbewussten Lächeln nach mir greift, steche ich einfach zu und erwische dabei seine rechte Hand, das Messer geht wie selbstverständlich durch sie hindurch. Nicks Blick erstarrt und ich nutze die Gelegenheit, um ihn mit meiner jetzt freien Hand an der Schläfe zu treffen, ich schlage gleichzeitig mit flachen Händen gegen seine Ohren und verpasse ihm dann einen eventuell etwas starken Tritt zwischen die Beine, und noch einen, und noch einen. Seine Blutlinie wird sicherlich nicht weitergeführt werden. Sein Blick wird fahl und als ich ihm einen weiteren Schlag gegen die Schläfe verpasse, sinkt er bewusstlos zu Boden- blutverschmiert und mit einem Messer in der rechten Hand steckend.

Einen Moment bleibe ich stehen und bin perplex. Natürlich habe ich damit gerechnet, früher oder später meine Kenntnisse aus dem Selbstverteidigungskurs anwenden zu müssen- aber nicht unter diesen Umständen. Und Robin... Robin! Ich stürze auf ihn zu, er blickt weiterhin benommen zur Decke. Die Tränen beginnen wieder zu fließen. Ich berühre sein Gesicht. Seine Augen wandern zu mir. "Robin.", flüstere ich, aber es ist mehr ein Krächzen, kaum hörbar. So viel Liebe habe ich noch nie empfunden- Liebe, Vertrauen, Loyalität. Den Willen, an seiner Seite zu kämpfen. Ich küsse Robin, seine Stirn, seine Wangen, seinen Mund, ich drücke meine Stirn gegen seine und sehe ihm tief in die Augen. "Ich liebe dich, Robin. Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich." Ich will nur eine Reaktion, ein Lächeln, oder dass etwas mehr Leben in seine Augen gelangt. Ich setze mich in den Schneidersitz und lege seinen Kopf behutsam in meinen Schoß und murmele weiterhin mantramäßig "Ich liebe dich". Ich streichle seine Stirn, versuche, einfach für ihn da zu sein, ihm zu zeigen, dass er nicht alleine ist. Dass es vorbei ist. 

Gerade als ich denke, eine Reaktion in seinen Augen zu sehen, ein scharfes Blitzen, spüre ich einen starken Schlag gegen meinen Hinterkopf, und alles um mich herum wird schwarz. 



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Ein Kampf. Zum ersten Mal tatsächliche Gewalt in diesem Buch- zum ersten Mal habe ich versucht, Gewalt zu beschreiben :D 

wenn ihr tatsächlich bis hierher gelesen habt, hinterlasst mir bitte ein Feedback darüber, wie mir die Kampfszene gelungen ist oder was ich anders machen sollte :) 

Schönen Abend! 

Eure Lisa


Robin Brooks - CHANGESWo Geschichten leben. Entdecke jetzt