19 Bonnie and Clyde

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Ich balle meine Hand zu einer Faust und öffne sie wieder. Ich kann meine Fingerspitzen kaum noch spüren, die Kälte nimmt mich von außen ein wie ein mörderischer Nebel, der sich zuerst in der Lunge festsetzt, bevor er mich langsam betäubt. Anders als die Wut. 

Es kommt nicht oft vor, dass ich die Fassung verliere, aber wenn es dazu kommt, hält mich die Wut fest in ihrer eisernen Faust. 

Und so ist es auch jetzt. 

In meiner Brust hämmert mein Herz und ich spüre mein Blut durch meine Adern pulsieren, heiß, eine Flamme, die in meinem Innersten brennt und gegen die immense  Kälte ankämpft.

Er hat sie erwähnt. 

Er kennt die Wahrheit. 

Er kennt sie. 

Giulietta Raven. Bei dem Gedanken an sie überkommt mich eine Gänsehaut, die nicht mit der Kälte zusammenhängt. 

Er hat meinen wunden Punkt gesucht, und er hat ihn verdammt nochmal gefunden. 

Ich habe meine Erinnerungen an sie unterdrückt, in den sechs Jahren Gefangenschaft habe ich sie verdrängt. Und ich habe schon ewig nicht mehr an sie gedacht. 

Giulietta war ein ausgesprochen hübsches Mädchen, mit großen blauen Augen, einem dunklen Teint und braunen Locken. Für eine sechzehnjährige strahlte sie außerdem eine unglaubliche Ruhe aus, aber auch ein gewisses Risiko, in ihren Augen blitzte immer diese Abenteuerlust, diese Herausforderung. Und ich verfiel ihr jedes Mal.

 Wir waren Freunde, irgendwann sogar so etwas wie beste Freunde, ich hatte keine Erfahrung mit gleich alten Personen, weswegen ich ziemlich an Giulietta hing. Aber ich wusste, dass sie die ganze Welt in ihre Knie zwingen konnte, wenn sie wollte. 

Wir hatten viel gemeinsam, und ich glaube es lag an diesem Wahnsinn, den wir beide teilten; eine Faszination für Katastrophen und Manipulation. Wir hatten merkwürdige Pläne, im Nachhinein betrachtet fast schon verstörende Pläne. Wir waren eine zeitlang fast wie Bonnie and Clyde. 

Wir treffen uns oft während und nach der Schulzeit bei ihr, da ihre Eltern so gut wie nie zuhause waren. Ich erinnere mich jetzt nich an den dunklen, langen Flur mit den unzähligen Türen. Ich hatte immer den Verdacht gehabt, dass einige von ihnen einfach ins nichts führten- ob dies der Fall war, weiß ich bis heute nicht. "Diese Türen", meine Giulietta immer,  "willst du nicht öffnen. Vertrau mir." Und dadurch wollte ich sie nur noch dringender öffnen. 

Giuliettas Zimmer war meines Wissens nach das ordentlichste; sie war eine sehr strukturierte, aber auch komplizierte Person. In meiner Erinnerung liegen wir nebeneinander auf ihrem Bett, sie steckte einen Fuß in die Luft und erzählte mir vom Leben. Meistens philosophierten wir darüber, was nach dem Tod kommt- Giulietta erzählte mir die schönsten Geschichten. Sie verehrte den Tod und predigte mir mehr als einmal, dass sie sich das leben nehmen möchte. "Diese Tür ist uns immer offen, Robin. Es gibt kein Leid. Nichts mehr, wovor man Angst haben müsste. Ich meine, du bist tot, weißt du? Es ist so einfach." Ich sah sie nachdenklich an. Ich wusste, dass hinter ihrer hübschen Stirn mehr vor sich ging, als sie zeigte. Und das faszinierte mich so. Dass sie ein Geheimnis hatte. Und nicht so durchschaubar war wie alle anderen Personen, die ich kannte- mit Ausnahme meines Onkels. 

Ich wollte ihr oft sagen, dass ich sie mochte, weil ich ihr näher kommen wollte und die wahre Giulietta sehen konnte, aber sie ließ niemanden näher an sich heran, als sie wollte. Denn sie war ihr eigener Mensch. 

Doch genau das war hinterher das Problem. Meine Gefühle für sie wurden immer stärker und sie distanzierte sich immer weiter von allem, dass ihr wichtig war, inklusive mir. Wann auch immer ich einen Schritt auf sie zu machte, schien sie zwei rückwärts zu gehen. Bis ich irgendwann gar nichts mehr von ihr hörte. 

Und am Morgen des ersten Januar 2008 brachte sie sich um- mit gerade einmal 18 Jahren. 

Und von diesem Tag an schwor ich mir, niemanden mehr an mich heranzulassen. Ich wollte nie wieder diesen  Schmerz spüren- ich wollte anderen Leuten Schmerzen zufügen. 

Ich war immer schon ein wenig sadistisch oder "verrückt" gewesen. 

Aber Giulietta hatte mich letztendlich zu einem Monster gemacht. Einem gefühlskalten, blutrünstigen Monster. 

Wäre das hier die Bibel wäre sie der Teufel.

 Und Venice ein Engel. 

Venice.

In diesem Moment ist Venice mit Nick allein. 

Dieser Gedanke reißt mich aus meinen Gedanken und ich bleibe schlagartig stehen. Selbsthass überkommt mich; ich habe mich wieder so von der Wut hinreißen lassen, dass ich Venice im Stich gelassen habe. Und weiß Gott, was Nick in diesem Moment mit ihr macht. 

Ich muss um jeden Preis so schnell wie möglich zu der Hütte zurück. 

Und retten, was noch zu retten ist. 


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yay, wieder ein Kapitel ^^

Nur war ich noch nie so unzufrieden mit einem Kapitel... es tut mir Leid :(

Jetzt habt ihr einen kleinen Input, was es mit dieser Giulietta auf sich hat. 

Interessiert euch diese Geschichte und wollt ihr gerne mehr darüber wissen? Schreibt es mir bitte in die Kommentare, dann mache ich gerne ein kleines buch dazu ^^

Apropos Buch... 

Am 1.JULI 2018 werde ich ein neues Buch veröffentlichen, den Klappentext dazu könnt ihr heute oder morgen schon nachlesen. Geht dazu einfach auf mein Profil :D 

Jetzt erstmal genug Eigenwerbung und noch mal Entschuldigung für die sinkende Qualität meiner Kapitel, ich werde mich WIRKLICH bemühen, den Rest dieser Geschichte zu ehren und wieder auf mein altes Niveau hinaufzukommen!!!

Lisa

Robin Brooks - CHANGESWo Geschichten leben. Entdecke jetzt