Er ist ein Mensch, okay?

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„Duskmon. Verdammt, wer ist er?", höre ich Koji sich selbst fragen. „Hey!", erklingt die Stimme von Takuya hinter ihm. Dieser kommt mit den anderen Digiritter gerade auf Koji zu, „Ist alles okay?" „Ja." „Bin ich froh", meint Zoe. „Wir haben diese gewaltige Explosion gesehen. Da dachten wir schon, dir ist was passiert", kommt es von Tommy. „Schon gut. Mir ist nichts passiert", sichert Koji seinen Freunden zu.

Ich gehe in die Hocke und verstecke mich etwas hinter einem Felsbrocken. Diese Szene beobachte ich wohl besser aus der Ferne. Vielleicht erfahre ich ja noch etwas Interessantes. Aber das bezweifle ich eher. Bis jetzt haben mich die anderen noch nicht bemerkt. Was mich zwar etwas wundert, mir sonst aber relativ egal ist. Da kann ich ja nichts dafür, wenn sie auf ihre Umgebung nicht achten. Auf alle Fälle muss ich mir überlegen, was meine nächsten Schritte sind.

„Wer ist da eigentlich gerade weggeflogen?", will Takuya wissen. „Das war Velgremon, der Krieger der Finsternis. Cherubimon hat Duskmon zu seinem B-Spirit verholfen." „Cherubimon hat ihm dazu verholfen?" „Ich habe es doch gleich gewusst. Du bist etwas ganz besonderes Koji", meint Bokomon, „Wer sonst hätte es mit diesem Velgremon aufnehmen können." „Ja, wer sonst?", pflichtet Neemon ihm bei.

Diese Aussage lässt mich leise Lachen. Unglaublich, auf welche Ideen sie immer kommen. Mein Lachen zieht die Aufmerksamkeit der Digiritter auf mich. „Wenn Ophanimon sich nicht eingemischt hätte, wäre er jetzt tot", kommentiere ich und verlasse mein kleines Versteck.

„Aurora, was weißt du über Duskmon?", will Koji von mir wissen. „Einiges. Aber ich wüsste nicht, warum ich euch das sagen soll. Immerhin gehöre ich nicht mehr zu eurer Gruppe." „Du sagst uns sofort, was du weißt!", fordert mich nun auch Takuya auf. Genervt verdrehe ich die Augen und stemme meine Hand in meine Hüfte. „Tja. Ihr habt mir so was von gar nichts zu sagen." Mit diesen Worten drehe ich mich um und will gehen.

Allerdings macht Patamon mir einen Strich durch die Rechnung. „Mädchen der Liebe. Wo willst du hin?", fragt Patamon mich, als er es sich erneut auf meinem Kopf gemütlich macht und zu mir runtersieht, „Die Digiwelt könnt ihr nur gemeinsam retten. Ihr müsst zusammen bleiben." „Wenn du wirklich aus Seraphimons Digiei geschlüpft bist, dann weißt du, wohin mein Weg mich führt. Ich muss etwas erledigen und das kann ich nur alleine schaffen. Dabei werden mir andere nur im Weg sein", erkläre ich so leise, dass es nur Patamon hören kann, „Ich denke, du besitzt spezielle spirituelle Fähigkeiten. Du kannst die Aura von uns allen wahrnehmen. Und das wird dich wieder zu mir führen. Wir sehen uns wieder." Ich hebe Patamon von meinem Kopf, setze es auf den Boden ab und renne los.

Das wichtigste ist erst mal etwas Abstand zwischen mir und den Digirittern zu bekommen. Immerhin muss ich die nicht gleich wieder an der Backe haben. Anschließend muss ich zum Stern der Rosen gelangen. Zu Cherubimons Schloss. Mit Cherubimon habe ich noch eine Rechnung offen. Sie hat mir tatsächlich vorgemacht, dass sie mir meinen Bruder zurückbringen kann. Das werde ich ihr nicht verzeihen. Und dafür muss sie büßen. Auch wenn es das letzte ist, was ich tue. Ich werde Cherubimon besiegen und die Digiwelt retten.

Dafür muss ich aber erst einmal zum Stern der Rosen zurück. Leider habe ich noch nicht herausgefunden, wie es Duskmon schafft sich in Cherubimons Schloss zu teleportieren. Bis jetzt hat mich Duskmon immer mit genommen. Aber was soll es. Dann muss ich eben laufen. Oder einem Trailmon gut zureden. Irgendwie bekomme ich das schon hin.

„Aurora! Verdammt warte!", erklingt Kojis Stimme hinter mir. Noch bevor ich mich umdrehen kann, werde ich unsanft zu Boden gestoßen. Das wird ein paar blaue Flecken geben. Auf mir spüre ich das Gewicht von Koji. Dieser hält meine Handgelenke fest und drückt diese zusätzlich auf den Boden. Mir bleibt kaum noch Bewegungsfreiheit. Blöd nur für ihn, dass er nicht an meine Beine gedacht hat.

„Was soll das?", will ich verärgert von ihm wissen. Ich versuche mich von ihm zu befreien. Irgendwie muss ich ihn doch wieder von mir runterbekommen. „Sag mir sofort, was du über Duskmon weißt. Wer ist er? Was hat er mit mir zu tun? Warum sieht er mir so ähnlich?" „Geh von mir runter. Du bist ganz schön schwer." „Zuerst gibst du mir ein paar Antworten." „Warum sollte ich? Ich bin dir überhaupt nichts schuldig!" Mein Gesicht kommt seinem immer näher. „Also lass mich los", werde ich etwas deutlicher und spreche nochmal extra langsam. „Was weißt du über Duskmon?", fragt er mich erneut und presst meine Handgelenke stärker auf den Boden.

Jetzt reicht es mir aber. Mir platzt der Kragen. So lasse ich mich nicht behandeln. Ich schlage mit meinem rechten Fuß auf seinen Rücken. Dadurch lockert sich sein Griff. Diesen Augenblick nutze ich aus. Gekonnt drehe ich Koji unter mich und fixiere ihn.

„Er ist ein Mensch, okay?", platzt es aus mir heraus, „Und nicht irgendein Mensch. Er ist dein Bruder, verstanden? Dein Zwillingsbruder!" So jetzt ist es draußen. Soll er es doch wissen. Mir ist das egal. Was will er mit dieser Informationen schon anfangen?

Ich stehe auf und klopfe mir den Dreck von der Kleidung. Anschließend streiche ich mir meine Haare zurück. Geschockt sieht Koji mich an. Regungslos liegt er noch auf dem Boden. Mit dieser Nachricht scheint er nun wirklich nicht gerechnet zu haben. Woher denn auch? Jede der anderen möglichen Antworten auf seine Fragen wäre wahrscheinlich plausibler gewesen. Vielleicht hätte auch Koichi selbst ihm davon erzählen sollen. Aber was soll es. Jetzt ist es eh zu spät. Irgendwann musste er es wissen.

„Er... ist mein Bruder?", höre ich Koji fragen. Langsam setzt er sich auf. „Wie ich es schon sagte, er ist dein Zwillingsbruder. Sein Name lautet Koichi." „Koichi", wiederholt Koji leise. Was für ein Gefühl es wohl ist, jahrelang von den eigenen Eltern belogen zu werden? Und auch noch plötzlich einen Zwillingsbruder zu haben? Wahrscheinlich wird es für Koji sehr schwer werden, dass alles zu verarbeiten.

Ich wende mich zum Gehen ab. Allerdings komme ich nicht weit. Es ertönt ein gewaltiger tierischer Schrei. Und dieser kann nur von einem kommen. Velgremon kommt zurück.


Der Wächter der DigiweltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt