Kapitel 25: Gefühle über Klingen

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Larissa verweilt wie versteinert in ihrer Position.
Sie sieht bereits das Messer, wie es in ihrer Brust versinkt.
Hört Damiens Schreie.
Sieht ihren eigenen Köper zusammen sinken und sieht wie mit jeden Tropfen Blut, ein weiteres Stück ihres Lebens aus ihr entweicht.

Doch es kommt anders, abrupt stockt das Mordinstrument keine zwei Zentimeter vor ihrer Brust.

Verdutzt blickt sie in die wahnsinnig gewordenen Augen ihrer Rivalin.

Außer dem Wahnsinn, dem Hass und der Verzweiflung ist noch etwas anderes in deren Blick.
Etwas Fremdes.
Etwas wie...
War das...
Mitleid?
Nein, das ist etwas anderes.
Aber es war ein Gefühl.
Eines, dass für Vanessa fremd war.

Vanessa

"Was macht dieses Mädchen nur mit mir?
Ich hätte zustechen sollen!
Es hinter mich bringen sollen! Wieso konnte ich es nicht?"

Ich schalle mich selbst und versuche es erneut, doch meine Muskeln gehorchen mir nicht mehr.

"Was soll das?
Ich bin eine Kriegerin!
Ich töte, vollkommen egal wer dieser Jemand ist!"

Wieder und wieder versuche ich Larissa mein - in den Jahren angelernten - wichtigsten Gegenstand in ihr Herz zu rammen, um endlich endgültig ihr nutzloses Leben beenden zu können.

"Mein Köper hat nur mir zu gehorchen!
Er gehört nur mir!"

Ich steigere geübt meinen Hass auf die junge Frau vor mir - jahrelang habe ich mir selbst angelernt den Hass zu steigern oder zu unterdrücken.
Irgendein mir unbekanntes Gefühl, beginnt mir den aufgebauten Hass wieder zu zerstören.

Während ich aufstehe und mich von den Beiden, - die mit verdatterten Gesichtern vor mir am Boden saßen - abwende, bekriegt sich alles in mir.

Mein Kopf schreit schrill und fordert Larissas Tod, es verursacht mächtige Kopfschmerzen.
Sie drohen mir den Schädel zu zerreißen und ich presse meine Hände hart gegen meine Schläfen.

Ich bekomme noch am Rande mit, wie Larissa schnellen Schrittes auf mich zukommt, ich taumle und plötzlich alles um mich herum und tiefe Dunkelheit getaucht wird.

Die junge Frau sinkt in Larissas Arme.

"Larissa? Was genau soll das werden? Sie hat dich soeben fast umgebracht!", empört tönt Damiens tiefe Stimme zu ihr.

"Aber sie hat es nicht! Somit werde ich sie auch nicht hier im Dreck liegen lassen! Auch wenn sie eine Mörderin ist. Wenn dann bringe ich sie persönlich um die Ecke und zwar bei vollem Bewusstsein!", Larissa ist bestimmt und zeigt keinerlei Interesse daran auf Damien zu hören.

Stattdessen ruft sie ihm nur ein: "Kannst du alleine aufstehen?", zu und sucht eine geeignete Stellung um Vanessa so tragen zu können, dass sie am wenigsten Kraft benötigt.

"Ich denke schon", murmelt Damien zögerlich und stützt sich am Stamm des mächtigen Baumes ab.

Larissa sieht ihm eine kurze Weile zu, um sicherzustellen, dass er wirklich ohne jene Hilfe aufkommt.

Als er halbwegs sicher auf beiden Beinen steht, lächelt Larissa.

Damien zwinkert ihr zu und grinst vielsagend.
"Ich folge dir, da ist die Sicht besser"

"Mistkerl!", faucht Larissa, muss aber dann trotzdem lachen.

Sie schleppt sich zusammen mit der bewusstlosen Vanessa mühselig zum Bach.
Dort setzt sie das Mädchen ab und stützt sie mit ihrem eigenen Voderkörper.

Es fühlt sich seltsam an der Möderin des besten Freundes zu helfen und gleichzeitig unglaublich gut.

Damien stolpert plötzlich und fällt beinahe, irgendwie schafft er es sich doch auf den Beinen zu halten.
Fluchend mustert er den Untergrund um herauszufinden worüber er gestolpert ist.

Es war ein Fuß!
Mit einem bekannten Körper daran!
Ein ertickter Aufschrei entweicht seiner Kehle.
Er ist soeben auf die grausam zerschundene Leiche seines Freundes Taylor gestoßen.

Das konnte unmöglich ein Mensch gewesen sein.
Wenn es doch Vanessa oder gar Larissa war, dann war an diesen Monstern nichts menschliches mehr!
Tiefe Kratzwunden und eindeutige Spuren von Krallen und Zähnen überzogen den Körper Taylors.

Larissa nimmt einen Kleidungsfetzen, der unscheinbar neben ihr liegt und taucht ihn in das kalte Wasser.
Sie reibt vorsichtig den Dreck von Vanessas Gesicht.

Ihre Augen weiten sich, die junge Frau vor ihr ist bildhübsch.
Sie hatte nicht gelogen, auf diese Schönheit konnte ein Mann wie Satan nur neidisch sein.
Ein tödlicher Neid.

Das einzige, was die Harmonie ihrer Gesichtszüge stört, ist eine tiefe Schnittwunde quer über ihrem linken Auge.
Das Blut ist veraltet, die Wunde selbst aber noch recht neu.

"Bestimmt hatte sie sich diese im Kampf mit Taylor zugezogen", denkt sie, die Erinnerung an Taylor löst einen gewaltigen Schmerz in ihr aus.

Plötzlich zucken die Augenlider Vanessas, Larissa bekommt es nicht mit, stattdessen klatscht sie ihr den Stoffetzen erneut ins Gesicht.
Daraufhin hustet Vanessa stark und sieht Larissa verwirrt an.

"Was machst du?", fragt sie verdutzt und mustert Larissa.
Mit der Zunge leckt sie sich über die Lippen, sie schmeckte Wasser, welches an ihrem Kinn hinunterlief und in ihren Ausschnitt tropft.

"Ich...ich weiß nicht. Du bist ohnmächtig geworden", Larissa fängt an zu stottern und weicht von ihr.

"Und was machst du hier mit mir?", hakt Vanessa nach und rappelt sich vorsichtig auf.

Sie steht noch etwas wacklig, die Kopfschmerzen sind noch nicht komplett verschwunden.
Sie blickt Larissa erwartungsvoll an.

Als sie einen Schritt in Larissas Richtung machen will, rutscht sie aus und droht der Länge nach in den Dreck zu fallen.

Larissa kommt ihr zuvor, und packt sie fest an der Taille.
Vanessa stützt sich auf ihr ab und sieht ihr direkt in die eisblauen Augen.

Rein aus Impuls nimmt Vanessa sie plötzlich ebenfalls an der Taille und drückt Larissa an ihren pulsierenden Körper.

In Larissa wächst die Panik, sie versucht sich erfolglos aus Vanessas Griff zu befreien.

Doch Vanessas Lippen kommen ihr zuvor und vernebeln ihr augenblicklich Sicht und Gedanken.

Vanessa küsst sie fest und innig auf die Lippen, der Kuss ist allerdings nicht lange, ein paar Sekunden später stößt sie Larissa bereits wieder von sich.
Sie keucht leicht, sieht ihr beschämt ins Gesicht.

Vanessa weicht zitternd vor ihr zurück, dreht sich hastig um und verschwindet in Richtung der Wälder.

"Was...was war das?", haucht Larissa, sie fährt sich mit der Zunge vorsichtig über die Lippen, der Geschmack von Vanessas Lippen haftet noch daran.
Verdattert blickt sie in die Richtung, in die Vanessa verschwunden ist.

"Larissa!!!", Damiens lauter Schrei holt sie ins Hier und Jetzt zurück.

Blutsünden JägerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt