Kapitel 28: Selbstaufgabe

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Ohne zu wissen, wie ihr geschiet, wird Lamira plötzlich hart zu Boden geschleudert.
Sie stöhnt vor Schmerzen und versucht sich aufzurichten.
Doch ihr Angreifer ist schneller, Krallen bohren sich tief in ihre Schulter.

"Si...Siana du hinterhältiges Mi...Miststück!", keucht sie.

"Ich bin nicht Siana", eine tiefe knurrende Stimme klingt in ihr Ohr und mit einem Ruck reißt jemand ihren Kopf an den Haaren zurück.

Heiße Tränen schießen ihr vor Schmerz in die Augen und verschleiern ihr die Sicht.

"Sieh mich an! Ich will den Schmerz in deinen Augen sehen!", knurrt die Kreatur auf ihr und ein Geräusch, welches Lachen ausdrücken sollte, tönt durch ihren Kopf.

Die Kreatur drückt sie erbarmungslos nieder und fährt langsam mit den messerscharfen Krallen über ihren Rücken, tiefe Kratzer bleiben darauf zurück.

Lamira zieht scharf die Luft ein, sie weiß nicht, wie ihr geschiet.
Sie kann nicht mehr klar denken, die Schmerzen schießen durch ihren Körper und beherrschen sie.
Sie findet keine bessere Option, als die Augen zu schließen und abzuwarten.

"Du sollst mich ansehen!", knurrt die Bestie lauter und verstärkt den Druck ihrer Krallen, doch Lamira zeigt keinerlei Reaktion.
Sie hofft auf ein Wunder, dass zu ihrer Verwunderung auch bald eintreffen sollte.

Plötzlich verschwindet das Gewicht des Angreifers von ihrem Körper.
Gierig saugt sie die Luft ein und versucht wieder die Kontrolle über ihren Körper zu gewinnen.
Ein lautes Gerangel ist zu hören, Siana hatte sich auf den Fremden gestürzt und ringt ihn zu Boden.

"Kümmer dich um deine Freundin!", ruft Siana ihr mit schwacher Stimme zu.
Die Elektroschläge haben sie geschwächt, sie ist nicht in der Lage den Unbekannten ewig aufzuhalten.

Schnell rappelt sich Lamira auf und läuft zu Alison, sie nimmt sie unter den Armen und schleppt sie in den Wald.
Dort lehnt sie das Mädchen weit genug von den beiden kämpfen Wölfen gegen eine starke Tanne.
Sie streicht ihr vorsichtig eine Strähne aus dem Gesicht.
"Ich komme wieder."

Mit diesen Worten drückt sie ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange.
Anschließend packt sie einen dicken Ast, der direkt neben ihr liegt und rennt zurück zu den beiden.

Der Fremde hat Siana bereits zu Boden gerungen und ist nun auf ihr.
Geifer tropft aus seinen Mundwinkeln, als er die Zähne fletscht und sie in den Hals seiner Gegnerin schlagen will.

Mit einem lauten Aufschrei indem sie all ihrer Wut freien Lauf lässt, rammt sie dem Wolf den Ast in die Brust, dieser zerbarst und verletzt den Wolf kaum.

Doch darauf achtet Lamira nicht, mit Tränen in den Augen schlägt sie weiter auf ihn ein, stürzt sich mit dem gesamten Körper auf ihn.

Dieser hatte mit dem plötzlichen Angriff nicht gerechnet und gerät durch ihr Gewicht ins Schwanken.
Diese Gelegenheit nutzt Siana, richtet sich mit einem Ruck auf und schleudert ihn mit einem gezielten Hieb von sich.

Die Bestie erholt sich schnell und startet einen neuen Angriff - auf Lamira.
Viel zu spät bemerkt sie die Pranke die auf sie zuschnellt und wird mit einem harten Schlag ins Gesicht zu Boden befördert.

Blut läuft ihr warm über die Wange, bevor die Welt um sie herum in tiefes Schwarz getaucht wird.
Ihr Körper erlöst sich von den Qualen.

"Hey, Süße!", Verena kniet sich neben sie " wach auf!"
Doch Lamira rührt sich nicht.
Verena beugt sich nahe an ihr Gesicht und prüft ihren Atem, er war schwach und kaum merkbar.

"Du kannst jetzt nicht aufgeben! Lamira!", wieder keine Antwort.
Schließlich nimmt Verena sie vorsichtig unter den Beinen und den Schultern und trägt sie an den Bach, der mittlerweile schon zu einem Treffpunkt geworden ist.

Sie erkennt eine fremde Menschengestalt neben dem Bach und stockt.
Von weitem beobachtet sie die Gestalt misstrauisch.
Sie muss sich versichern, dass sie nicht Lamiras Angreifer in die Hände läuft.

Als hätte dieser Jemand sie gesehen, dreht er kurz das Gesicht in ihre Nähe.
Springt hastig auf und läuft davon.

Verena sieht ihm noch ein paar Minuten nach, bevor sie sich in den matschigen Boden kniet und Lamira absetzt.
Sie wäscht Lamira vorsichtig das Gesicht und betrachtet mit besorgtem Gesicht die tiefen Wunden, die der Angreifer hinterlassen hat.

Die Wange hängt mehr oder weniger in Fetzen von ihren Gesicht.

Verena beißt sich auf die Lippen.
"Dafür wirst du bezahlen", faucht sie leise.
"Dafür. Wirst. Du. Bezahlen!", sie schreit es in den Himmel, durch die Wälder.

Plötzlich zuckt Lamira.
Sofort verstummt Vanessa und richtet sie ein wenig auf und lehnt sie gegen ihren Oberkörper.

Sie legt ihre Hand in das kalte Wasser des Baches und dann auf Lamiras Stirn.
Ein Zittern durchfährt diese und sie verkrampft sich.

Verena legt die Arme um sie und versucht sie zu wärmen.
Sie reibt ihre Arme warm und wartet.

Schließlich fängt Lamira an zu husten, dreht sich ohne Ankündigung um und umklammert Verena.
Diese weiß nicht, wie ihr geschiet.
Völlig steif sitzt sie da.

Lamira vergräbt ihr Gesicht in Verenas Haar und umklammert sie fester.

"Danke", flüstert sie.

Verenas Anspannung lässt langsam nach, sie legt ihre Arme um sie und drückt sie an sich.

"Du hast dein Leben für mich aufs Spiel gesetzt! Wieso?", flüstert sie, während sie ihr beruhigend über den Rücken streicht.

"Das wüsste ich selbst gern! Auch warum ich hier mit dir sitze! Ich habe keine Angst vor dir Verena...ich...ich kann es nicht sagen was es ist", murmelt Lamira in Verenas Haare.

"Das musst du auch nicht", Verenas Stimme wird sanft, zum ersten Mal seit Langen, erscheint ein Lächeln auf ihrem Gesicht.

Lamira hebt den Kopf und sieht ihr direkt in die Augen.
Sie verliert sich darin.
Sie bemerkt auch nicht, wie sich ihre Lippen immer näher zu denen Verenas bewegen.
Bis sich diese plötzlich berühren, sie schließt die Augen und lässt sich gehen.

Die Welt herum verschwindet.

Blutsünden JägerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt