Dawn - Magisches Erwachen

Trauer

Dad, Jake und Ry sind nach Chris die Ersten, die zuhause ankommen. Aber sie nehme ich genauso wenig wahr, wie meine restliche Familie, die am gleichen Abend noch ebenfalls heimkehrt. Die vielen Umarmungen und liebevollen Gesten meiner Familie sehe ich mehr, als das ich sie spüre. Sie erreichen mich nicht! Ich fühle ...

nichts mehr! Gar nichts! Nicht einmal Jake kann was bei mir ausrichten. Irgendwie sehe ich einmal sein Gesicht vor mir und weil seine Lippen sich bewegen, nehme ich an, dass er mit mir redet, aber ich kann ihn nicht hören. Der schwarze Schleier, den ich bereitwillig empfangen habe, funktioniert tadellos! Genauso wie damals bei Blake!

Trotz Anwesenheit der gesamten Familie, verkrieche ich mich in Eric's Zimmer und weine und weine. Solange, bis mein Hals brennt, die Haut in meinem Gesicht spannt und ich das Gefühl habe meine Augen seien komplett zugeschwollen. Hin und wieder geht die Tür auf, so dass ich annehme, dass immer wieder mal jemand nach mir sieht, aber ich bekomme es kaum noch mit. Mit angezogenen Beinen schaukele ich auf seinem Bett sitzend hin und her. Nur ein Gedanke beherrscht meinen Geist. Immer wieder kreist er in meinem Kopf. Immer wieder sage ich ihn mir im Stillen vor, um nicht komplett durchzudrehen. Eric ist nicht tot! Eric ist nicht tot! Eric ist nicht tot! Eric ist nicht ...

Was um mich herum geschieht nehme ich nicht wahr. Ich bin nicht mehr da. Ich existiere nicht mehr. Das Schicksal hat mit Eric's Tod meine Seele mitgenommen und eine leere Hülle zurückgelassen.

*

Am achtundzwanzigsten August, -nur zwei Tage nach seinem ...-, ich gehe nicht zur Schule, beginnen Mom und Dad mit den Vorbereitungen für seine Beerdigung. Einer Beerdigung, zu der ich nicht gehen werde. Eine Beerdigung, zu der ich nicht gehen kann und erst Recht nicht will! Ich will mir nicht antun zuzusehen, wie man eine Holzkiste in die Erde hinab lässt, in der Eric's Körper liegt und ihn vergräbt wie ein Häufchen Müll. Ich finde, dass der Vorgang der Beerdigung etwas so endgültiges hat. Wenn ich das sehe, dann würde ich Eric immer damit in Verbindung bringen. Und er ist ... war doch so viel mehr für mich! Wirklich zu sehen, dass er tot ist kann meine Seele nicht akzeptieren!

Ich kapsele mich resolut von meiner Umwelt ab. Mein Seelengefährte ist gestorben und mit ihm auch meine Seele, die er kurzzeitig gerettet hat. Am Leben nehme ich nur noch wie ferngesteuert teil.

*

Am Mittwoch den dreißigsten August gehen sie alle ohne mich zur Beerdigung. Nahezu nichts kann den Schleier in meiner Seele durchdringen und zu mir gelangen. Ich fühle mich wie eine lebende Tote. Der Schmerz, den ich trotzdem hin und wieder verspüre ist absolut nicht zu ertragen! Alles im Haus erinnert mich an ihn. Überall fällt mir ein, wie glücklich wir gewesen sind. Wie er mich strahlend angelächelt hat. Wie er mich geküsst hat. Wie zärtlich seine Berührungen gewesen sind. Wie er mit seiner weichen Stimme zu mir gesprochen hat. Wie sehr ich ihn geliebt habe und noch immer liebe! Egal ob ... woanders oder hier. Das alles soll jetzt vorbei sein? Für immer?

Und nun kann er auch nicht mehr seine Prüfungen ablegen, die ihm soviel bedeutet haben. Die, für die er sich so sehr angestrengt hat. Für die wir zusammen trainiert haben. Für die er fast den gesamten Keller zu einem Fitness Studio umgebaut hat. Wieder fange ich an zu weinen.

Als die anderen nach Hause kommen, kriege ich das nur mit, weil plötzlich jemand die Tür aufmacht und nach mir sieht. Ich sehe zwei Gesichter vor mir. Einen hübschen, blonden jungen Mann und einen mit schwarzen struppigen Haaren und einem nicht minder hübschen Gesicht. Sie unterhalten sich. Irgendwie weiß ich, dass sie meine Brüder sind, aber sie kommen mir auf einmal unbekannt vor. So weit weg. Ich spüre, dass sie über mich reden, doch ich verstehe kein Wort.

Eric ist nicht tot! Eric ist nicht tot! Eric ist nicht tot! Eric ist nicht ...

In den Augen der beiden macht sich Resignation breit, als sie mich ansehen. Dann ein letzter mitleidiger Blick noch in mein Gesicht. Eric ist nicht tot! Eric ist nicht ...