„Ich weiß, ich würde es tun..."
Seine Worte hallten regelrecht durch meinen Kopf. Mein Blick schnellte zu ihm.
Pi schaute mir tief in die Augen. Und so wie er mich ansah, spürte ich, dass etwas anders war. Ich konnte es nicht beschreiben. Irgendetwas in meinem Körper fing an zu kribbeln.
Oh Mann, dieses Grün in seinen Augen. Ich war wie gefesselt. Es ist mir bis jetzt erst einmal aufgefallen, aber trotzdem, wow!Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass er mich nicht faszinierte. Denn so war es nicht. Ich wusste nicht viel über ihn, aber gleichzeitig fühlte es sich nicht so an.
Er beugte sich langsam zu mir. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter entfernt. Doch dann begannen alle Alarmglocken in meinem Kopf an, laut zu schrillen!
Ich kniff die Augen zusammen und drehte meinen Kopf weg.Erst jetzt bemerkte ich, dass ich die Luft angehalten hatte. Auch er wich zurück und schien wohl zu realisieren, was hier grade abging! Doch ich vermied jeden nur möglichen Blickkontakt mit ihm. Ich konnte ihn einfach nicht ansehen.
„Ich geh jetzt besser.", sagte ich mehr zu mir selbst, als zu Pi. Ich stand auf und eilte aus dem Badezimmer, geradewegs im Class' Zimmer. Dort schloss ich schnell die Tür hinter mir und ließ mich daran hinunter auf den Boden gleiten. Ich saß wie ein kleines Häufchen Elend auf dem Boden und hatte keine Ahnung was vor wenigen Sekunden passiert ist.
Er hat versucht mich zu küssen! Und das schlimmste ist, beinahe hätte ich es wirklich zugelassen!
Ich kann nicht fassen, dass ich wirklich bereit war es zuzulassen. Doch ich war froh, dass ich mich gefangen habe, bevor etwas passieren konnte.
Das wäre ein riesiger Fehler geworden! Obwohl, es ist schon ein riesiger Fehler, dass wir überhaupt schon fast in der Situation gewesen wären!Ich komme doch gerade aus einer Beziehung, die ja nun wirklich nicht schön geendet hat! Es wäre nicht richtig, jetzt so eine Dummheit zu machen!
Ich vergrub das Gesicht in meinen Händen. „Scheiße.", murmelte ich. Ich stöhnte und lehnte meinen Kopf gegen die Tür.Ich saß eine Ewigkeit hier im dunkeln, unten auf dem kalten Boden und dachte nach. Okay, es gab nur eine Möglichkeit: das ist nicht passiert. Nichts von dem ist passiert. Ich kann einfach weitermachen wie bisher. Ich kann die Gedanken aus meinem Kopf verbannen. Ich muss es einfach tun!
Ich legte mich ins Bett und starrte an die Decke. Und irgendwann fiel ich dann doch endlich in den Schlaf.Ich wachte auf und spürte die warme Sonne auf meiner Haut. Ich lag zu Hause in meinem Bett. Ich lächelte, als ich spürte, wie sich die Matratze bewegte und ich einen starken Arm um meinen Körper schlang. Ich wurde sanft an seine Brust gedrückt und konnte die Wärme spüren. Ich erblickte das mir zu gut bekannte Tattoo auf seinem Arm. Der chinesische Drache, der über die Wolken schwebte. Wie oft hatte ich es schon gesehen. So oft habe ich es in den letzten 3 Jahren betrachtet und mir jedes kleine Detail eingeprägt. Zaghaft ließ ich meine Finger über die schwarzen Linien streichen. Daraufhin spürte ich einen leichten Kuss auf meinem Schulterblatt. Dann hörte ich seine raue Stimme sagen: „Guten Morgen, meine Schöne.". Doch dann stockte ich. Das war nicht Stimme, die ich erwartet hatte. Das war doch...
Ich drehte mich um. Neben mir lag niemand anderes als Pi, der mich anlächelte.Ich riss die Augen auf und saß nun im Bett. Mein Atem war schwer und brauchte kurz Zeit, um zu begreifen, wo ich eigentlich war.
Ganz ruhig Ally, es war nur ein Traum. Ein sehr...merkwürdiger Traum!
Mein Gehirn spielte fiese Spiele mit mir und ich hasste es! Selbst nach 20 Minuten, war es mir nicht mehr möglich, einzuschlafen. Ständig musste ich an den Traum denken. Warum verfolgt mich dieser Junge ständig in meinen Gedanken?Als ich auf die Uhr schaute war es 3:48 Uhr. Und hier lag ich nur. Hellwach und den Kopf voller wirrem Zeug.
Kurzerhand beschloss ich aufzustehen. Ich zog mir meine Jacke und Schuhe an und verließ die Wohnung.Draußen auf der Straße war es für eine große Stadt wie Hamburg ziemlich still. Okay, wer ist auch schon morgens um 4 unterwegs?
Ich lief kreuz und quer durch die Straßen. Und es half, ich kriegte den Kopf etwas frei. Die frische Luft in meinen Lungen tat mir gut.
Nach einer halben Stunde kam ich beim Studio an. Kaum zu glauben, dass ich den ganzen Weg hier her gelaufen bin!Ich schloss die Tür auf und ging hinein. Irgendwie war ich nun total kaputt, also ließ ich mich auf das Sofa in dem „Chill-Zimmer" der Jungs nieder.
Das Nächste, was ich mitbekam war, dass ich aufwachte und jemand neben mir saß. Class.
„Na sieh mal einer an. Guten Morgen Dornröschen.", lachte er. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und sah mich um. Draußen schien die Sonne und erhellte das Zimmer.
„Was machst du denn hier?", fragte er.Tja, dein Bandkollege hat versucht mich zu küssen, daraufhin war ich völlig verwirrt und bin hier her gelaufen. Aber sonst ist nichts besonderes los. Bei dir so?
„Erzähl ich dir später.", war alles, was ich dazu sagen konnte. Doch ich hatte keine Ahnung, was ich ihm erzählen sollte!
„Ich geh wohl besser nach Hause.", sagte ich und stand auf. Ich hoffte inständig, er würde nicht noch weiter nachhaken...Draußen im Gang kamen mir Gared, Nik und natürlich Pi entgegen. Als sich unsere Blicke trafen zog sich mein Magen zusammen. Und so wie er mich ansah, schien es ihm nicht anders zu gehen. Sonst lächelte er immer, doch dieses Mal sah er nur beschämt zu Boden. Das war eine wahnsinnig peinliche, merkwürdige Situation. Hoffentlich merkten die anderen nichts davon. Ob sie von der Sache letzte Nacht wussten?
„Ally? Was machst du denn hier?", fragte Gared. „Die Kleine ist hier auf dem Sofa eingepennt!", lachte Class. Nik sah mich verwundert an und Gared lachte. „Ja, sehr witzig!", lachte ich mit, doch natürlich war das nur gestellt. Ich schob mich an den Jungs vorbei und ging in Richtung Tür.
Bevor ich draußen war, stand Pi neben mir und sagte: „Hey Ally, können wir über die Sache gestern reden?". Ich schaute zu Boden. Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, diesem Gespräch aus dem Weg zu gehen. „Hast du es jemanden erzählt?", flüsterte ich schon fast. „Nein.", gab er zurück.
Ich sah zu ihm auf. Ich atmete einmal tief durch. „Dann sollte es auch so bleiben. Lass uns einfach so tun, als wäre die Sache nie passiert.", sagte ich. Er nickte. „Okay.", sagte er fast genauso leise wie ich vor ein paar Sekunden.Für ein paar Sekunden herrschte Stille. „Tja, ich geh dann mal. Man sieht sich Pi.", sagte ich und verließ das Studio, nachdem ich von ihm noch ein kleines Lächeln bekam.
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My Nightingale
FanfictionAlly ist nicht nur die Tour-Fotografin von Lord Of The Lost, sondern auch die kleine Schwester von Class. Eigentlich könnte ihr Leben nicht besser laufen...zumindest bis ein neuer Gitarrist in der Band aufgenommen wird und Ally's Welt ziemlich auf...