10.

251 12 0
                                    

Ich öffnete meine Augen und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sofort lächelte ich in mich hinein als ich an die ganzen Geschehnisse von gestern dachte.
Wie seine Lippen mit meinen perfekt harmonierten, wie meine Haut unter seiner Berührung brannte und wie er mich berührte, als könnte ich wie Glas zerbrechen.

Ich drehte mich herum und sah neben mir den schlafenden Mann, der mir den Kopf ganz schön verdreht hatte. Ich sah mir jedes kleine Detail in seinem Gesicht an und konnte nicht anders als zu lächeln.
Schon kurze Zeit später grummelte er vor sich hin bevor er schließlich aufwachte, was echt ziemlich niedlich klang.

Seine grünen Augen sahen mich an und dann fing er an, wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen. „Morgen...", sagte er. Wow, seine Morgenstimme war ja noch viel rauer als erwartet, und ich muss zugeben, sie klang ziemlich sexy. „Guten Morgen.", sagte ich und lächelte zurück. Er streckte sich kurz und legte dann seinen Arm um meine Hüfte.
„Gut geschlafen?", fragte ich. Wieder grinste er. „So gut wie schon seit langem nicht mehr!".
Ich kicherte, bevor sich eine merkwürdige Stille im Raum aufkam...

„Was ist los?", fragte ich unsicher. Eigentlich brauchte ich nicht zu fragen, denn ich konnte mir schon vorstellen, an was er dachte.
„Nichts. Ich dachte nur grade...", er stockte kurz. „Bereust du es?". Sein Blick durchbohrte mich regelrecht. Ich zog die Augenbrauen zusammen. „Was?"
„Bereust du es letzte Nacht mit mir geschlafen zu haben?"

Mir wurde erst jetzt bewusst, dass die letzte Nacht wirklich passiert war. Ich hatte schon darüber nachgedacht, wie es wohl mit ihm sein würde, doch so schön hatte ich es mir nicht vorgestellt. Die Antwort war also klar.
„Nein.", sagte ich leise, aber zu 100% überzeugt.

Pi lachte kurz auf. „Gut, denn ich hab lange genug darauf gewartet! Es wäre jetzt ziemlich peinlich gewesen wenn du was anderes gesagt hättest.", als er das sagte stimmte ich in sein Lachen mit ein.
Dann sah er mich wieder innig an und kam mir etwas näher. Als sein Mund nur noch Zentimeter von meinem entfernt war hielt er inne. Ich nickte und gab ihm stumm die Erlaubnis weiterzumachen. Ich wollte wieder seine Lippen auf meinen spüren.
Als dies dann endlich passierte fing wieder alles in mir an zu kribbeln und die Schmetterlinge in meinem Bauch fuhren wieder Achterbahn. Von diesem Gefühl würde ich wohl nie genug kriegen können.

Irgendwann sagte ich: „Okay, aufstehen!". Ich setzte mich auf und wollte gerade aus dem Bett steigen, als Pi seine Arme um mich schlang und mich zurückzog. „Neeein, bleib hier!", bettelte er. „Nichts da, Schlafmütze.", lachte ich und konnte mich schließlich aus seinem Griff befreien. Er ließ sich währenddessen wieder fallen und vergrub sein Gesicht in den Kissen.
Ich stand auf und zog mir als erstes meine Unterwäsche wieder an. Erst jetzt sah ich, wie unsere Klamotten überall auf dem Boden verteilt waren. Ich sah Pi's T-Shirt vor mir liegen. Ich schaute kurz zurück auf ihn, er hatte sich immer noch nicht wieder bewegt. Also schnappte ich mir sein Shirt, zog es mir an und versuchte noch einmal ihn zu wecken. Ich stand nun vor dem Bett. Das Shirt war viel größer als erwartet, denn es ging mir fast bis zu meinen Oberschenkeln.
Ich zog an der Decke, doch wie schon erwartet ließ er sich diese nicht so einfach wegnehmen. „Komm schon! Raus aus den Federn!", sagte ich. Wieder kam nur ein lautes Stöhnen. Ich überlegte kurz nochmal zu ihm ins Bett zu steigen und ihn auf andere Weise aus dem Bett zu kriegen, doch sowohl ich, als auch er wussten, dass wir wohl dann beide nicht mehr aufstehen würden!

„Du bist echt ein harter Brocken!", sagte ich. Langsam hob sich sein Kopf und zu sehen war ein schelmisches Grinsen und er wackelte mit seinen Augenbrauen. Erst jetzt wurde mir klar, was ich gerade gesagt habe. War ja klar das er es wieder so sehen würde. Typisch Mann!
„Sag jetzt nichts!", warnte ich ihn lachend.
Seine Augen wanderten meinen Körper hinunter. „Ist das mein Shirt?", fragte er. „Möglich.", gab ich unschuldig zurück und ging aus dem Zimmer und ließ ihn einfach da liegen.

Ich steckte meinen Kopf durch die Tür und lauschte kurz um auch sicher zu gehen, dass niemand weiter da war. Ich hätte wirklich keine Erklärung dafür gehabt, warum ich aus Pi's Zimmer kam, nur in Unterwäsche bekleidet und mit einem T-Shirt von ihm.
Class war aber zum Glück nicht da. Seit er offiziell mit Kira zusammen war verbrachte er jede Nacht bei ihr. Verständlich, welcher Kerl würde schon mit seiner Freundin zusammenwohnen, während die kleine Schwester ständig noch mit in der Wohnung rumhüpfen würde?
Doch in diesem Moment war ich relativ froh darüber.

Während ich mir ein paar Klamotten aus dem Schrank holte und mir noch einmal die vergangene Nacht durch den Kopf gehen ließ hörte ich, dass Pi sich inzwischen ins Bad verzogen hat. Also ging ich in sein Zimmer und holte noch den Rest meiner Klamotten.
Doch gerade als ich dabei war, meine Sachen aufzusammeln ging die Wohnungstür auf und ich hörte Class' Stimme. „Hey! Jemand da? Ally?". Sofort machte sich die Panik in mir breit. Ich blieb kurz wie versteinert stehen.

Oh scheiße, er darf mich nicht hier drin erwischen! Ich kannte meinen Bruder, er würde beginnen fragen zu stellen! Und auf die würde ich wohl keine gute Antwort haben!

Ich rannte regelrecht aus dem Zimmer und floh ins erste Zimmer, was ich finden konnte. Das Badezimmer.
Warum ich nicht einfach wieder in Class', beziehungsweise mein Zimmer ging? Ganz einfach. Das lag am anderen Ende vom Flur und mein Bruder hätte mich gesehen, wenn ich da rein gerannt wäre.

Ich schloss die Tür hinter mir und lehnte mich von innen dagegen. Pi, der gerade unter der Dusche stand, steckte seinen Kopf hinter dem Duschvorhang hervor und sah mich irritiert an. Ich gab ihm stumm die Anweisung verflixt nochmal den Mund zu halten.

„Ally?", hörte ich die Stimme von Class. Kurz darauf klopfte es. „Ich bin unter der Dusche, Class!", sagte ich.
Mein Blick zu Pi verriet mir, dass er begriff was hier abging und er blieb zum Glück still.
„Sorry, sag mal hast du Pi gesehen?", fragte Class.
Ja, der stand hier gerade vor mir...
„Ich bin doch nicht sein Babysitter. Vielleicht ist er im Studio oder so.", rief ich Class zu. „Hast du ihn denn heute noch nicht gesehen?", fragte Class.
„Meine Güte Class! Lass mich bitte in Ruhe duschen!", rief ich schon fast verzweifelt. Konnte er denn bitte einfach gehen?

„Okay, okay. Hast du schon gefrühstückt?"
„Nein.", rief ich.
„Okay, dann geh ich mal ein paar Brötchen für uns holen.", sagte er.
„Danke, du bist ein Schatz!", sagte ich.

Kurz darauf hörte ich die Wohnungstür zuknallen. Ich stöhnte hörbar aus. „Das war knapp.", sagte ich.
„Babysitter, huh?", grinste Pi. Ich schlug ihm spielerisch gegen den Arm. „Das ist nicht witzig.", ermahnte ich ihn. „Ach, letzte Nacht hat dich meine Anwesenheit doch auch nicht gestört.", gab er zurück.

Ich lächelte und schüttelte mit dem Kopf. „Hat da jemand Angst, dass der gute Class erfährt, was seine Schwester mit seinem Bandkollegen treibt?", fragte Pi. Ich ging einen Schritt auf ihn zu. Ich stand nun so nah bei ihm das unsere Gesichter sich bedrohlich nahe waren. „Das geht ihn nichts an.", flüsterte ich. „Und außerdem finde ich es besser, wenn er nichts von unserem kleinen Geheimnis weiß.". Meine Stimme klang so verführerisch, dass seine Augen immer größer wurden.

Zufrieden lächelnd ging ich aus dem Bad und ließ einen verdatterten Pi zurück...natürlich nicht ohne vorher nochmal sicherzugehen, dass Class auch wirklich weg war.

My NightingaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt