35.

147 11 0
                                    

Heute war der offizielle Umzug in unsere Wohnung. Die letzten Wochen hatten wir wirklich gefühlt jede freie Minute hier verbracht. Wir hatten die Wände gestrichen oder die Küche einbauen lassen.

Ich konnte immer noch nicht fassen, dass wir wirklich hier einzogen. Bis heute hatte es sich immer noch so surreal angefühlt.

Gerade fuhr ich mit Lilith ein paar Kisten aus Class' Wohnung zu unserer. Ich war froh, dass sie da war. Wir konnten echt jede Hilfe gebrauchen, die wir kriegen konnten.
Außerdem war sie ziemlich neugierig darauf, die Wohnung zu sehen!

Als wir ankamen, trugen wir die Kisten nach oben und stellten sie so ziemlich wahllos irgendwo ab. Hier stand schon so viel Zeug herum, da machte es nichts, wenn noch mehr Kisten hier standen.

Im Schlafzimmer waren Pi und Class gerade dabei den Kleiderschrank aufzubauen. Lilith begrüßte beide mit einer Umarmung und ich ging zu Pi und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Wange.
„Oh hey, der Schrank ist sogar gerade aufgebaut. Ich bin beeindruckt. Und das mit deinen handwerklichen Fähigkeiten!", sagte ich und lachte. Pi zog die Augenbrauen zusammen. „Entschuldige mal, wer hat denn behauptet, dass ich so scheiße darin wäre?", fragte er empört. „Ach ich mein doch nicht dich, mein Schatz.", lachte ich und grinste meinen Bruder an, der mir nur den Mittelfinger zeigte. Ich kicherte und lächelte ihn unschuldig an.

„Muss ich wissen, um was es geht?", fragte Lilith etwas verwundert. Pi beugte sich zu ihr hinüber und sagte in einem nicht ganz so leisen Flüsterton: „Wenn ich bei den beiden ein was gelernt habe, dann dass man sie nicht immer verstehen muss. Manchmal ist es einfach besser nicht zu wissen, um was es geht."

Ich verdrehte lachend die Augen und boxte Pi gegen den Arm. Class zuckte nur mit den Schultern. Er schien Pi da wohl zuzustimmen.
„Wo ist eigentlich Kira?", fragte ich. „Die hatte noch 'ne Kundin im Studio. Sie müsste aber bald hier sein.", sagte Class.
Und eine viertel Stunde später stand sie auch schon in der Tür. Auch sie half wo sie konnte.

Plötzlich klingelte es an der Tür. Wer konnte das denn sein? Pi und Class rannten ja schon regelrecht zur Tür. Kira, die ihnen aus dem Zimmer hinaus folgte, schüttelte nur lachend den Kopf.
„Endlich! Du hast dir ja wirklich mega viel Zeit gelassen!", meckerte Pi.
„Schnauze, sonst nehm ich die Pizza wieder mit!", die Stimme war eindeutig von Chris. „Wenn du das machst, wirst du das bereuen!", sagte Class und versuchte eine gespielte böse Miene aufzusetzen. Ich verdrehte lächelnd die Augen. Typisch Class.
Chris lachte und kam herein. Er drückte Pi den riesigen Pizzakarton in die Hand, die er in die Küche brachte, dicht gefolgt von Class.

Chris lachte und begrüßte erst mich, dann Kira und als letztes Lilith. Es war nicht schwer zu erkennen, dass sie sich schon fast zu sehr freute, Chris zu sehen.
Wir gingen zu den zwei Spinnern in die Küche, wo wir sie schon mit vollem Mund und jeweils einem Stück Pizza in der Hand fanden. Sie sahen uns an und lächelten uns unschuldig an. „Wir hatten Hunger?", sagte Pi. Wir lachten alle und machten uns ebenfalls über die Pizza her.

Chris hatte angeboten, uns den Fernseher und sowas anzuschließen. Also saß er schon kurze Zeit später im Wohnzimmer umringt von einem Kabelsalat.
Irgendwann schien er etwas gestresst darüber zu sein. „Brauchst du Hilfe?", fragte ich. „Nein. Das krieg ich hin.", sagte Chris. Kira kam ins Zimmer. „Sicher? Sieht nicht so aus.", lachte sie. „Ja!", gab Chris nur zurück.
„Hast du schon mal probiert, dieses schwarze Kabel da dort reinzustecken?", fragte ich und zeigte drauf. „Ally, ich kenn mich mit sowas aus, ich schaff das schon. Lass die Technik mal Männersache sein!".
„Bro, Ally hat recht. Das muss da rein.", sagte Class und nahm die Sache selbst in die Hand. Und zack! Es funktionierte.
Alle lachten. Chris sah zu mir und sagte nur: „Lass die Technik mal Männersache sein.".
Da konnte sich sogar Chris ein Lachen nicht verkneifen.

Kira und Class gingen kurz vor 4, da sie noch was vor hatten. Ich war sehr dankbar, dass sie da waren. Ich glaube ohne die beiden hätten wir nicht so viel geschafft!

Später waren Lilith und ich in der Küche, sie half mir grade dabei das Geschirr auszupacken und einzusortieren. Mir entgingen ihre Blicke, die sich Chris zuwarf, natürlich nicht.
„Geh zu ihm.", flüsterte ich ihr zu. „Was? Nein.", sagte sie schnell und schaut von Chris weg.
„Warum nicht?", fragte ich. „Weil...naja...deswegen eben.", stammelte sie. Ich zog eine Augenbraue hoch und schüttelte mit dem Kopf. Ich wusste ja, wie sie über Chris dachte, aber gerade konnte ich nicht verstehen, was ihr Problem war.
Sie war eine kluge, hübsche Frau und es gab wirklich keinen Grund so nervös zu sein. Besonders nicht bei jemandem wie Chris!

Dann hatte ich eine Idee. Wenn sie es nicht machte, musste ich etwas nachhelfen. Ich ging zur Tür, die das Wohnzimmer und die Küche trennte und sah zu Chris, der neben Pi auf dem Sofa saß und noch irgendwas am Fernseher einstellte.
„Hey Chris, kannst du Lilith mal mit der einen Kiste helfen?", fragte ich.
„Was?!", hörte ich Lilith hinter mir. Ich schaute sie grinsend an und sie sah mich nur an. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt bestimmt umgefallen. Chris stand auf und kam rüber.

„Soll ich auch mit helfen?", fragte Pi. Ich ging auf ihn zu, zog ihn an seiner Hand aus dem Zimmer und sagte: „Nö, dich brauch ich drüben mal kurz.".
Ich zog Pi ins Schlafzimmer. „Bei was brauchst du mich denn?", fragte er etwas verwundert. Ich blieb an der Tür stehen und ließ sie einen Spalt auf und lauschte.
„Was machst du denn da?", fragte Pi. Ich gab ihm ein Zeichen still zu sein. Als ich zu ihm sah, schaute er mich an, als wäre ich völlig wahnsinnig geworden.
„Ich tu Lilith nur einen Gefallen.", flüsterte ich. „Ähm...okay.", entgegnete er. „Und was für einen?"

„Ich zwinge sie ihre Angst zu überwinden.", sagte ich und versuchte zu hören, was in der Küche besprochen wurde. Als ich Stimmen hörte, war ich etwas stolz. Das war doch schon mal ein Anfang!
„Und was hat Chris damit zu tun?"
„Was denkst du denn Pi?", ich kicherte.

Pi überlegte eine gefühlte Ewigkeit. Und dann schoss es ihm. „Warte, Lilith steht auf Chris???"
Wieder gab ich ihm ein Zeichen still zu sein.
„Oh komm schon, das ist doch so offensichtlich!", sagte ich.

„Gut, dass ich es damals bei dir gemerkt habe.", sagte er und grinste. „Auch, wenn du mich ignoriert hast."
Ich lächelte ihn an. „Ich bin auf jeden Fall froh, dass du es gemerkt hast.". Ich ging auf ihn zu, schlang meine Arme um seinen Hals und küsste ihn.

„Ist schon etwas seltsam oder?", sagte ich dann. „Was?", fragte Pi.
„Naja, zu dieser Zeit hab ich versucht meine Gefühle für dich zu ignorieren und jetzt stehe ich hier mit dir unserer gemeinsamen Wohnung.", ich lachte kurz als ich an früher dachte.
„Ja, schon. Aber ich würde nichts daran ändern wollen.", er gab mir erst einen Kuss auf die Stirn und dann wieder auf die Lippen.

Es war ein langer Kuss, den ich am liebsten nicht unterbrochen hätte, doch als er seine Hände über meine Hüften wandern ließ und mich noch näher an sich heranzog, flüsterte ich: „Ich glaube, das sollten wir lieber machen wenn wir auch wirklich allein sind.".
Pi grinste und nickte. „Okay."

Ein letzter Kuss von mir, ein kurzes Lächeln vom ihm und dann gingen wir zurück in die Küche zu Lilith und Chris.

My NightingaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt