30.

187 12 1
                                    

Ich ging nach draußen und lief etwas durch den Garten. An einer Bank machte ich halt und setzte mich.
Ich war sauer auf Pi. Was wollte er? Ich wollte einfach mal einen schönen Abend haben und er musste es mit seiner Eifersucht ruinieren.
Mir tat Mark leid...er konnte ja nichts für die Situation zwischen mir und Pi und wurde ohne Grund von ihm voll gepöbelt. Vielleicht sollte ich rein gehen und mich bei ihm für Pi's Verhalten entschuldigen.

Doch bevor es dazu kommen konnte erblickte ich jemanden in meinem Blickwinkel, der auf mich zukam. Natürlich war es niemand anderes als Pi.
Warum konnte er mir keine 5 Minuten allein geben?

„Kannst du mir mal sagen, was das da drinnen gerade war?", fragte er. Er klang gereizt.
„Das fragst du mich? Wer hat denn da drin gerade eine Szene vor allen anderen gemacht? Auf der Hochzeit deines Freundes?!", sagte ich mit einem genauso klingenden gereizten Unterton.

Er biss die Zähne zusammen und schien wohl darüber nachzudenken, was ich gerade gesagt hatte.
„Okay Pi, was ist eigentlich dein Problem?", fragte ich, stand auf, stellte mich ihm gegenüber und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Mein Problem ist dieser Kerl! Man hat doch gesehen, dass er dir nur an die Wäsche wollte!", zischte er wütend. Allein schon bei dem Gedanken an Mark ballte Pi die Hände zu Fäusten. Ich verdrehte die Augen und schüttelte nur mit dem Kopf. „Oh Gott, das ist dich wohl jetzt nicht dein Ernst!", sagte ich.
„Das ist mein voller Ernst!", sag er zurück.

„Selbst wenn, es kann dir doch scheiß egal sein! Und außerdem, solltest du nicht bei deiner Begleitung sein?", platzte es aus mir heraus. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, doch ich konnte nicht so wirklich erkennen, was er dachte. „Was?"
„Tu doch nicht so. Ich bin nicht bescheuert und ich hab euch doch gesehen. Du scheinst mit ihr ja sehr viel Spaß gehabt zu haben...zumindest bevor du dich wie ein eifersüchtiger Teenager verhalten und mir den wirklich lustigen Abend versaut hast.", sagte ich.

„Meinst du etwa Jil?", fragte er und klang...verwundert? Ich sagte nichts und versuchte alles, um meine eigene Eifersucht in den Griff zu bekommen und sie so gut es ging zu verstecken. Ich sah ihn bloß an, was wohl Antwort genug für ihn war.
„Jil ist eine alte Freundin von mir. Ich hab sie seit Ewigkeiten das erste Mal wieder gesehen!", sagte er kalt und sah mich emotionslos an.

Warte mal, eine alte Freundin? Heißt das, dass er nichts mit ihr am Laufen hat?

Er lachte und schüttelte mit dem Kopf. „Ich fasse es nicht, dass du mich so schlecht kennst. Ich hätte echt mehr von dir erwartet!", sagte er und vermied den Blickkontakt mit mir.
„Was soll das denn bitte heißen?", fragte ich und meine Stimme klang etwas höher als beabsichtigt.

„Das heißt, dass du mich gut genug kennen solltest um zu wissen, dass ich dich nicht einfach so gegen die nächste dahergelaufene Frau ersetzen würde!", rief er.
Seine Stimme war laut und wütend, aber gleichzeitig veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Dieses Mal konnte ich sehen, dass er verletzt war...
Allein schon der Anblick war wie ein Tritt in den Bauch für mich.

Ich stockte. Dieser eine Satz hatte das Fass für mich zum Überlaufen gebracht.
„Verdammt nochmal, was willst du von mir hören?! Das ich eifersüchtig war? Das ich immer noch nicht aufhören kann an dich zu denken? Das ich immer noch so starke Gefühle für dich habe? Denn ja, es stimmt! Es hat mich verletzt dich mit einer anderen Frau zu sehen! Es tat weh dich so lachen zu sehen, wo es mir die ganze Zeit wie heulen war. Du hast ja keine Ahnung, wie oft ich mich in den letzten Wochen in den Schlaf geweint habe und versucht habe, dich aus meinem Kopf zu kriegen! Und selbst wenn ich es wollte, ich kann meine Gefühle für dich nicht einfach so abstellen! Scheiße Pi, ich brauche dich!"

Ich wusste nicht ob es Wut, Traurigkeit oder Verzweiflung war, die hier gerade so aus mir heraussprudelte. Höchstwahrscheinlich ein Mix aus allem.
Erst jetzt viel mir auf das meine Wangen tränennass waren und es sich anfühlte, als würde ich keine Luft mehr bekommen.
Pi stand mir starr gegenüber und sah mich nur mit großen Augen an.

„Ich brauche dich.", sagte ich erneut, doch es war mehr wie ein flüstern. „Und es tut mir leid, dass ich dir das angetan habe! Das war ein Fehler und dass ich..."

Weiter kam ich nicht, denn Pi kam auf mich zu, zog mich an sich und küsste mich.

In dieser Sekunde war jeder Schmerz, jede Sorge und jeder Zweifel verschwunden. Die Welt hörte sich kurz auf zu drehen und die Zeit schien wohl auch stehen geblieben zu sein.
Ich schlang meine Finger um seinen Nacken und zog ihn noch näher an mich, soweit das überhaupt möglich war.
Der Kuss war so intensiv, dass es mich fast um den Verstand brachte.

Wochenlang hatte mir etwas gefehlt, doch jetzt fühlte sich mein Herz nicht mehr kaputt an. Es war wieder ganz.

Als wir den Kuss unterbrachen war sowohl er, als auch ich völlig außer Atem. Seine grünen Augen schauten zu mir hinunter.
Mit seinen Daumen strich er mich über die Wangen, um die Tränen wegzuwischen. „Du bist echt 'ne kleine Drama Queen, weißt du das?", fragte er leise und lächelte. Daraufhin musste ich lachen.
„Gott, wie ich dieses Lachen vermisst habe.", sagte Pi wohl mehr zu sich selbst, als zu mir, aber das war mir egal. Ich lächelte ihn an und berührte wieder seine Lippen.
Der Kuss war nicht so wild wie vorhin, im Gegenteil. Es war, als würden wir nur diesen einen Moment haben, den wir nicht verschwenden wollten.

Ich fühlte mich wie in einem wundervollen Rausch, den ich nicht enden lassen wollte. Und schließlich fand ich mich vor seinem Hotelzimmer wieder. Seine Hand in meiner. Pi schloss die Tür auf und zog mich hinter sich mit hinein. Er schaltete den Lichtschalter an und kickte schließlich die Tür zu.

Dann widmete er sich wieder mir. Er zog mich an sich und küsste mich. Er drückte mich gegen die Wand und ließ seine Lippen von meinem Mund langsam und zaghaft zu meinem Nacken wandern. Als ich mir ein leises Stöhnen nicht verkneifen konnte, spürte ich regelrecht sein Grinsen. Ich wusste, wie sehr er es liebte, so eine Kontrolle über mich zu haben.

Schließlich stoppte er und sah mich nur an. Er schob mir eine Haarsträhne hinters Ohr und streichelte mit seinem Daumen über meine Wange.

„Ich liebe dich.", sagte er.

Die 3 Worte hat er mich schon so oft gesagt, doch jedes Mal machte mein Herz einen kleinen Satz. Und gerade in diesem Moment schlug es so laut gegen meine Brust, dass ich Angst hatte, er könnte es hören.

„Und ich liebe dich."

Wieder berührten sich unsere Lippen.
Ich liebe ihn.
Ich könnte es wohl tausende Male sagen und trotzdem würde es wahrscheinlich nicht mal ansatzweise das ausdrücken, was ich für diesen Mann hier empfinde.

Meine Finger öffneten langsam, aber gierig, die Knöpfe seines Hemds. Ich strich es ihm über die Schultern und ließ meine Finger dann zaghaft über seine nackte Brust gleiten. Seine Hände wanderten zum Reisverschluss meines Kleides und öffneten diesen. Als es schließlich zu Boden fiel, brannte meine Haut bei jeder seiner Berührungen. Ich schlang meine Arme um seinen Hals.

Als er mich hochhob und ich meine Beine um seine Hüfte schlang trug er mich zum Bett und ließ mich vorsichtig auf der Matratze nieder.
Seine Lippen bahnten sich ihren Weg nach unten. Von meinem Mund, über den Hals, bis hin zu meinem Schulterblatt.
Ich bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper.

„Bitte verlass mich nicht noch einmal."

Er klang so ängstlich, dass es mir einen kleinen Stich versetzte.
Ich konnte nicht sprechen, also schüttelte ich nur den Kopf.

Denn eins wusste ich. Egal, was auch passiert, ich würde nie wieder den Fehler machen und ihn gehen lassen. Nie wieder.

My NightingaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt