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Tour-Tag 3: Dresden

Heute war Freitag und wir fuhren nach Dresden. Am Sonntag Abend waren wir wieder zurück nach Hamburg gekommen und hatten die Woche über sozusagen frei um nur wieder das Wochenende über Konzerte zu geben.

In Dresden angekommen verlief alles so wie immer. Ausladen, Aufbau, Soundcheck, Freizeit, Show. So sah der Tour-Alltag nun mal aus.

Gerade saßen wir alle zusammen und machten gar nichts. Class spielte auf seinem Nintendo, Nik scrollte durch Instagram, Linus schnitt ein paar Videos, Bengt versuchte etwas zu schlafen und Pi tippte auch auf seinem Handy herum.
Auch ich scrollte durch diverse soziale Netzwerke als eine Nachricht auf meinem Display erschien.

Pi: Nachher Treffen im Bus? ;)

Ich zog eine Augenbraue hoch und sah zu ihm rüber. Er schenkte mir ein kleines Lächeln.
Ich tippte eine Antwort.

Ich: Da hatte wohl jemand gestern Abend wohl noch nicht genug? ;)

Es könnte sein, dass wir gestern etwas am laufen hatten, als Class gerade mal nicht da war.
Ich dachte an den gestrigen Abend und sofort spürte ich wieder jede Berührung seiner Finger auf meiner Haut und mein Körper fühlte sich an, als würde er wieder in Flammen stehen.
Als Pi die Nachricht las grinste er auf den Bildschirm. Ein paar Sekunden später kam die Antwort.

Pi: Möglich ;)))

Lächelnd schüttelte ich den Kopf. So ein Spinner. Aber mir war das egal. Er war ja mein Spinner.
Schließlich beschlossen die Jungs mit dem Soundcheck anzufangen.
„Ich schau mich mal ein bisschen hier um. Wir sehen uns später.", sagte ich und verließ das Gebäude.

Doch natürlich ging ich nicht wirklich die Gegend erkunden. Ich setzte mich in den Bus, in dem zum Glück niemand war und auch in nächster Zeit leer sein sollte und wartete.
Es dauerte länger als gehofft, doch nach einer halben Stunde ging die Tür auf und Pi huschte hinein.

„Sorry, hat länger gedauert.", sagte er. „Schon okay. Was war heute deine Ausrede?", fragte ich. Pi lachte kurz. „Kopfschmerzen. Und dass ich jetzt mal kurz weg bin um mir ne Tablette dagegen einzuwerfen.", er zuckte lässig mit den Schultern. „Ach so, na dann hoffen wir mal, dass diese Kopfschmerzen bald wieder weggehen.", sagte ich und legte meine Arme um seinen Hals.

Okay, diese ganze Heimlichtuerei ist ätzend. Das wussten wir beide. Doch ich fand die Sache auch irgendwie aufregend. Doch die Angst, dass es jemand herausfinden würde, besonders Class, war immer da.
Doch dann gab es Momente wo ich es am liebsten alles hinausschreien würde. Ich war glücklich, wenn ich mit Pi zusammen war. So verkorkst diese Beziehung auch war, ich würde nichts daran ändern wollen...

„Was ist los?", fragte er, als er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich und mich wieder ins Hier und Jetzt holte. „Nichts. Ich dachte nur gerade daran, was ich für ein Glück mit dir habe.", gab ich zu. Sofort erschien ein riesiges Lächeln auf seinem Gesicht. „Dasselbe könnte ich dir sagen.", flüsterte er.
Ich stellte mich auf Zehenspitzen um seine Lippen auf meine zu drücken. Er erwiderte den Kuss sofort.

Er drückte mich gegen den kleinen Küchentresen des Buses und hob mich schließlich hoch, wobei mir ein kurzes Kichern entfuhr. Er stand zwischen meinen Beinen und ich zog ihn wieder nah an mich. Seine Hand fuhr unter mein T-Shirt und streichelte sanft meine Haut. Ich vergrub eine Hand in seinen Haaren.
Eigentlich hätte dieser Moment nicht schöner sein, bis...

„Was ist denn hier los?", hörte och jemanden sagen.
Sowohl mein, als auch Pi's Kopf schnellten in die Richtung, aus der die Stimme kam. Vor uns stand Chris, der uns mit großen Augen ansah. „Ähm...wir können das erklären...", begann ich und sprang vom Tresen. „Da gibt's nicht zu erklären Ally! Ich hab genug gesehen.", erklärte Chris aufgebracht. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah aus dem Augenwinkel wie auch Pi langsam den Kopf senkte. „Ich hab mich schon die ganze Zeit gefragt, wo du dich immer hin verdrückst Pi, aber das...hätte ich nicht erwartet", Chris Blick wechselte zwischen uns beiden hin und her. Synchron nickten Pi und ich stumm.

„Weiß Class davon?", fragte Chris. „Nein, und er soll es auch nicht herausfinden. Zumindest jetzt noch nicht.", sagte ich und schaute zu Boden. Chris schnaubte.
Bevor er etwas sagen konnte unterbrach ich ihn. „Chris, du kennst Class doch mit am besten von allen hier. Was denkst du denn wie er reagieren würde?!". Chris blieb still. Er schien wohl kurz über meine Wort nachzudenken. „Du weißt, er könnte ausflippen wenn er erfährt, dass seine kleine Schwester was mit seinem Bandkollegen hat...", sagte Chris leise. Ich nickte zustimmend.
„Bitte sag ihm nichts, okay? Ich will, dass er es von mir erfährt. Ich weiß nur noch nicht wie und wann."

Stille füllte den kleinen Raum. „Also...ihr zwei, huh?", fragte Chris nach einer Weile. Ich schenkte ihm ein zartes Lächeln und schaute zu Pi, der hingegen ein riesiges Grinsen auf den Lippen hatte. „Ja.", sagte er und nahm meine Hand.

Es war seltsam vor jemand anderem Pi's Hand zu halten, aber ich fand es schön. Das erste Mal hatte ich das Gefühl uns nicht verstecken zu müssen. Mir gefiel das Gefühl.
„Scheint wohl was ernstes zu sein, was?", fragte Chris. Pi und ich sahen und an und lächelten. Ohne das der Andere etwas sagte, wussten wir die Antwort. Das hier war nicht nur so eine unbedeutende Sache. Es fühlte sich richtig an.
„Also auch wenn diese Sache hier ziemlich verrückt ist...ich freu mich für euch beide. Ich hab da ein gutes Gefühl. Ich denke das passt.", lächelte Chris. „Und keine Sorge, euer Geheimnis ist bei mir sicher.", fügte er hinzu.

Ich kannte Chris nun schon so viele Jahre und er war wie ein zweiter großer Bruder. Deswegen bedeutete es mir viel, dass er mit dem hier einverstanden war und so liebe Worte von ihm zu hören machte mich gleich noch glücklicher.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen ging er. Pi und ich atmeten gleichzeitig vor Erleichterung aus. Ich schlang die Arme um seinen Körper und sofort erwiderte er die Umarmung und zog mich an. „Denkst du wirklich, er hält dicht?", fragte Pi unsicher. „Keine Sorge. Ich vertraue Chris da. Er wird weder Class, noch den anderen etwas sagen.", sagte ich.

Wir standen noch eine Weile Arm in Arm so da, als Chris plötzlich wieder um die Ecke schaute. „Ich will euch ja jetzt nicht schon wieder unterbrechen, aber Pi schieb deinen Allerwertesten jetzt wieder zum Soundcheck!". Ich lachte und ließ Pi los. „Bis später.", sagte er zu mir, als er Chris hinterher lief.

My NightingaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt