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Ich sah mein Spiegelbild an und lächelte. Das dunkelrote Kleid, was mir bis zu den Knien ging war wirklich wunderschön. Es war ärmellos und hatte oben rum schwarze Spitze. Ab den Hüften hatte es dunkelroten Tüll, der ganz aufgebauscht war. Ich liebte es. Kira kümmerte sich um meine Haare und mein Make-Up. Meine Augen waren in einem dunklen Rot geschminkt und ich hatte dazu passende rote Lippen. Sie hat echt ein Händchen dafür, dass muss man schon sagen! Meine Haare trug ich heute mal offen, doch hatte mir an der einen Seite eine Haarklammer hineingesteckt, die zu dem Outfit ganz gut aussah.

Heute war die Hochzeit von Nik und ich war schon richtig aufgeregt. Ich liebte Hochzeiten und freute mich schon so sehr darauf, seit Nik uns von seiner Verlobung erzählt hatte.

„Wow! Du siehst echt toll aus!", sagte Class, der gerade ins Zimmer kam. „Das kann ich nur zurückgeben!", sagte ich lachend. Auch er war echt schick angezogen. Er trug ein schwarzes Hemd, eine ebenso schwarze Hose und dunkle Schuhe. „Hey Babe, du hast da was vergessen.", hörte ich Kira rufen, als sie ins Zimmer kam. Sie half Class dabei, die silbern schimmernde Krawatte zu binden.
Das war wohl das erste Mal, dass ich sie in einem Kleid sah, aber ich war echt beeindruckt! Es war nicht viel länger als meins und ich erkannte silberne Muster auf dem Kleid. Nicht zu auffällig oder kitschig. Und ich fand es süß, dass sich ihre beiden Outfits glichen. „Fertig.", sagte sie und gab Class einen kurzen Kuss.

„Na gut, ich geh schon mal die Taschen ins Auto packen. Kommt ihr dann auch runter?", fragte er und sah uns an. „Wir sind gleich soweit.", sagte Kira. Mein Bruder verließ das Zimmer und ich checkte ein letztes Mal mein Outfit. Kira tat das Gleiche. „Pi wird Augen machen, wenn er dich so sieht.", zwinkerte sie mir zu.
Wird er? Es war fast 2 Wochen her, seit ich mich mit Class ausgesprochen hatte. 2 Wochen, seit ich versuchte, Pi zu erreichen. Doch jeder Versuch scheiterte. Er reagierte nicht auf Anrufe oder Nachrichten. Er war auch die ganze Zeit über in Flensburg, also hatte ich auch keine Chance ihn persönlich zu sprechen.
„Was, wenn er nicht kommt?", fragte ich Kira unsicher. „Er wird da sein. Er lässt sich doch nicht die Hochzeit von einem seiner besten Freunde entgehen!", na gut, ganz unrecht hatte sie ja nicht.

Aber ich hatte Angst, dass er mir aus dem Weg gehen würde und mich ignorieren würde.
Ich hatte ihn wirklich verletzt und ich wusste nicht, wie es sein würde, ihn nach der ‚langen' Zeit nun wieder zu sehen...
„Das hoffe ich...", sagte ich leise und sah zu Boden. „Oh nein nein nein! Du ruinierst jetzt nicht das Meisterwerk, was ich in deinem Gesicht gezaubert hatte.", lachte sie und hielt mir ein Taschentuch entgegen. Ich hatte nicht mal angefangen zu weinen! Doch es war eine witzige Geste und so typisch Kira, sodass es mich zum Lachen brachte.

Ich stieg in meine schwarzen High-Heels und hoffte, den Tag einigermaßen zu überstehen, ohne dass mir die Füße absterben würden.

Dann gingen wir hinunter zu Class' Auto, wo er schon auf uns wartete. Wir stiegen ein und machten uns auf den Weg zu dem Hotel, in dem die Hochzeit stattfand. Es lag ziemlich außerhalb von Hamburg und wir waren eine ganze Weile unterwegs.
Als wir ankamen staunte ich nicht schlecht. Das Gelände lag am Rande eines Waldes und war wirklich viel größer, als ich es mir vorgestellt hatte. Am Hotel, was nicht mal ganz so groß aussah, lag ein riesiger Außenbereich, der sogar einen Springbrunnen hatte! Außerdem grenzte am Hauptgebäude ein weiteres Gebäude. So wie es aussah, würde wohl dort später die Feier stattfinden.

Unser Gepäck wurde sogar nach dem Einchecken auf unsere Zimmer gebracht. Es war echt ein Vorteil den Besitzer des Hotels zu kennen, denn sonst hätten Nik und seine Zukünftige wohl nie die Location hier in so kurzer Zeit gekriegt!

Wir wurden in den hinteren Teil des Gartens geführt. Dort waren schon mehrere Reihen mit Stühlen aufgestellt. Eine Zeremonie im Freien. Ich war beeindruckt!
Immer mehr Leute sammelten sich nun hier. Wir mischten uns unter die Leute und begrüßten und redeten mit vielen von ihnen. Auch kamen schließlich der Rest der Band und gesellten sich zu uns.
Ich wollte nicht nach ihm suchen, doch trotzdem schaute ich immer umher und hoffte, Pi zu sehen.

Und dann sah ich ihn. Ich stockte für einen Moment. Er sah echt gut aus. Er trug einen schwarzen Anzug. So schick hatte ich noch nie gesehen und bei diesem Anblick konnte man regelrecht schwach werden.
Doch dann erstarrte ich, als ich sah, was sich nur wenige Meter von mir abspielte. Er war nicht allein...

Zu ihm gesellte sich ein Frau, nicht viel älter wie er. Sie hatte lange, brauen Haare, einen perfekten Körper und sah wirklich wunderschön aus. Eigentlich der Traum eines jeden Mannes.
Sie stand vor ihm und richtete seine Krawatte. Beide lächelten sich an. Ich hörte, wie ein kleines Stück meines Herzens in mir brach.
„Bitte sag mir, dass das seine Schwester ist...", sagte Kira, die genauso geschockt in dieselbe Richtung wie ich starrte.
„Nein, das ist sie nicht.", meine Stimme war nicht lauter als ein Flüstern. Ich kannte seine Schwester zwar nicht persönlich, aber ich hatte bereit genug Bilder von ihr gesehen. Und das war sie definitiv nicht!
Ich ging an Kira vorbei und versuchte den Blick von Pi abzulassen. Doch natürlich war das leichter gesagt als getan...

Ich hatte keine Ahnung, wer diese Frau war, doch so wie er sie ansah schien er sie wohl sehr gut zu kennen. Konnte es sein, dass er mich bereits vergessen hatte und schon wieder jemand Neuen hatte?

Als hätte er meinen Blick auf ihn gespürt sah er mich an. Sein Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. Ich würde am liebsten zu ihm rübergehen und ihn begrüßen. Ihn in den Arm nehmen, ihn küssen, seine Nähe spüren...
Aber würde er das auch wollen nach all dem, was ich ihn angetan habe?
Ich wusste es nicht und hatte auch irgendwie Angst, es herauszufinden. Ich drehte mich von ihm weg. Ich lief umher und suchte Class. Doch mir ging einfach nicht der Anblick von ihm und dieser Frau aus dem Kopf!

Plötzlich stieß ich mit jemandem zusammen. „Tut mir leid.", sagte ich schnell. Ich sah zu einem Mann auf. Er hatte dunkle, leicht gelockte Haare und strahlend blaue Augen. Er war viel größer als ich und lächelte zu mir herunter. „Schon okay.", sagte er. Ich lächelte ihn an und entschuldigte mich noch einmal, bevor und ich weiterging und schon kurz darauf meinen Bruder entdeckte.

My NightingaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt