104|Liebe bedeutet..

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„So ein Arschloch.", knurrte Lara und gab mir einen Kuss auf die Wange. Ich versank in meiner Trauer während Alina und sie mich wie eine Stütze festhielten.
Sie waren meine Stütze.
Wie konnte ich meine Freundinnen für einen Mann verlassen?
Für einen, der mich nicht einmal wertschätzte?

~

Seit Stunden saß ich auf der Terrasse und sah auf den Rasen, der noch einige Schneehügel trug. Ich tat nichts anderes. Meine Gedanken kreisten alleine um ihn. Um alles was wir durchstanden. Selbst an die Zeit als wir nicht einmal zusammen waren, als wir uns nicht ausstehen konnten.

„Wärst du nicht so blöd, dann wäre das nicht passiert.", gab er mir die Schuld. Ich sah ihn entsetzt an und spürte den abgekühlten Kaffee durch mein khakifarbenes Oberteil.

„Wärst du nicht so ein Arsch, dann wäre das nicht passiert.", zischte ich und er spannte seinen Kiefer an und sah zu mir hinunter.

Die Trauer fraß mich auf.

Kraftlos fuhr mich mir über meine nassen Wangen und schniefte. Bis vor einer Woche war ich noch so verliebt in ihn und hatte niemanden außer ihm, doch jetzt war er der letzte, den ich sehen wollte.
Dieser Schmerz war so unerträglich.
Wieso passierte mir das? Uns?

Ich konnte einfach nicht verstehen wieso er mir das antat. Auch wenn sie ihn küsste hätte er sie doch wegschubsen sollen.
Mein Kopf nahm das nicht auf!
Wie konnte Kenan mir die schönsten und auch gleichzeitig schlimmsten Momente meines Lebens bieten?
Wie schaffte er das?

Wieso musste ich mich nur verlieben?
Lieben bedeutete einfach jemandem sein Herz zu geben, damit dieser damit tun und lassen konnte was er wollte.
Selbst darauf treten, es zerreißen und darauf spucken war mit drinnen.

Meine Unterlippe bibberte und ich spürte die Kälte in meinen Fingerspitzen.
Plötzlich ertönte ein Klopfen und ich sah über meine Schulter zurück. Baran stand in der Tür und klopfte gegen die Glasscheibe.
Ich sah wieder vor mich und er setzte sich neben mich.

„Was ist los?", fragte er und ich sah auf meine Finger,„Du sitzt hier schon seit zwei Stunden und schaust einfach in den Garten." Ich biss mir auf die Innenseiten meiner Wangen und zog am Ärmel meines Pullovers.

„Mir geht es nicht gut.", murmelte ich und sah immer noch auf meine Hände. Baran legte seine Hände um mein Gesicht und hob meinen Kopf an, dass ich ihn ansah, doch ich sah krampfhaft auf meine Hände.

„Was ist los? Sollen wir wieder ins Krankenhaus? Ist dir schlecht?", fragte er fürsorglich und ich schniefte um die Tränen in mir zu halten.

„Abi mein Herz tut so weh.", flüsterte ich und mir lief eine Träne runter,„Es fühlt sich an als hätte jemand in mein Herz gestochen und es würde seit Stunden nur bluten. Es hört nicht auf." Ich verzog mein Gesicht und weinte leise. Sofort zog er mich an sich und strich mir sänftigend über die Schulter.
(großer Bruder)

„Was hat Kenan schon wieder getan?", fragte er und diese Aussage brachte mich mehr zum Weinen. Schon wieder. War es so alltäglich, dass wir stritten und uns trennten? Ich wollte das nicht.
Wenn ihn zu lieben hieß, so zu leiden, dann wollte ich es nicht. Ich wollte das alles nicht mehr.

Ich wollte es ihm nicht sagen. Es wäre nicht richtig. Ich hatte doch gesehen was passierte, wenn ich ihnen von Kenan und mir erzählte. Von Anfang an war es falsch.
Hätte ich meiner Mutter nie erzählt was Kenan mir immer antat, hätte sie ihn gemocht?
Vielleicht wäre sie sogar glücklich, dass ich ihn an meiner Seite hatte, doch es war zu spät. Ich hatte es damals gesagt und bereute es nun.

Meine Vergangenheit ruinierte meine Zukunft.

„Seren sag mir was los ist.", forderte Baran mich mit sanfter Stimme auf und strich meine Haare zurück.
Genau wie Kenan es tat.
Ich musste wieder an die Momente denken, als ich bloß auf seiner Brust lag und er mir durch meine Haare strich.
Diese Momente waren die schönsten überhaupt. Diese Momente wollte ich nicht verabschieden.

Ich kniff meine Augen zusammen und drückte mein Gesicht in seinen Pullover. Baran spannte sich überall an, das merkte ich.

„Bitte erzähl mir was dich so traurig macht. Ich will dich nicht so traurig sehen.", flüsterte er und drückte mir einen Kuss auf den Haaransatz,„Wenn du so traurig bist, weil wir Kenan nicht akzeptieren, dann.. Fuck man. Ich versuche mit Mama und Papa zu sprechen. Hauptsache du bist nicht traurig."
Er war bereit ihn wieder zu akzeptieren, nachdem wir abhauten? Nachdem Kenan und er unzählige Auseinandersetzungen hatten?

Baran kümmerte sich letztlich nur um mich. Er tat das alles nur, aus Angst ich könnte verletzt werden.
Was ich am Ende auch wurde.
Nur wegen Kenans Spielchen. Baran hatte Angst es könnte wie bei Enes werden, doch damals waren wir Kinder.
Es war leicht- und schwachsinnig.
Mit Kenan war es was ganz anderes.
Bei ihm war wirklich Liebe mit im Spiel.

„Canım kardeşim. Los erzähl.", versuchte er weiterhin mich zum Reden zu bringen. Er hob meinen Kopf wieder an und ich sah ihn verheult an.
(meine liebe Schwester.)

Ich war so verletzt und letztlich würde er es sowieso herausfinden.
Schluchzend sah ich ihn mit verschwommener Sicht an. Er strich besorgt über meine nassen Wangen.

„K-Kenan hat.. er hat Alissa..", wimmerte ich und er sah mich mit großen Augen an,„ge-geküsst." Ich senkte beschämt meinen Blick und er zog mich sofort wieder in seine Arme.

Seren hat es Baran nun gesagt.
(Könnte ein Fehler gewesen sein)
Wollt ihr feiern gehen? Ich glaube Seren schon 😌

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