Gerrit und Robert waren unterdessen an ihrem Einsatzort in der Nähe des Flughafens angekommen. Die Kollegen der Streife waren bereits vor Ort und hatten den Bereich abgesperrt. Die beiden Kommissare sahen sich genau um. Sie befanden sich in einer Sackgasse in der kleinen Wohnsiedlung, unweit vom Flughafen. Hier war es normalerweise sehr ruhig und laut Statistik wurde hier kaum eine Straftat begangen. Nichtdestotrotz lag hier ein toter Mann vor ihnen und er war deutlich sichtbar verletzt worden, denn seine Jacke war in der Bauchgegend voller Blut und er hatte die Augen weit und entsetzt aufgerissen. Robert ging zu den Kollegen und befragte sie zum Fundort und dem Zeugen während Gerrit sich Handschuhe anzog und die Leiche genauer untersuchte. Der Mann war ungefähr etwas älter als Robert aber sein Gesicht sah schlaff, abgespannt und vor allem ungesund aus. Mit spitzen Fingern zog Gerrit die Jacke etwas zur Seite und musste heftig schlucken. Die Jacke hatte ein großes Loch im Bauch des Toten verdeckt. Die Wundränder waren ausgefranst und es sah beinahe aus als hätte ein wildes Tier gewütet, doch das war beinahe unmöglich – dafür war die Verletzung insgesamt zu klein. Außer es war ein wildes Wiesel gewesen, maximal ein Fuchs. Aber diese Tiere griffen Menschen eigentlich nicht an und vor allem sprach die Höhe der Wunde nicht für ein Tier. Gerrit besah sich die Wunde genau und stellte fest, dass die Ränder teilweise ausgefranst, an einigen Stellen jedoch gerade wie mit einem Messer geschnitten waren. Das sprach für einen Menschen als Verursacher. Vielleicht hatte der Täter langsam begonnen und wollte den Toten quälen doch dann hatte er die Geduld verloren und kurzerhand alles zerfetzt. Oder aber er hat die Wunde absichtlich ausgefranst, dass die Polizei von einem Tier ausgehen sollte? Gerrit schüttelte benommen den Kopf. Wer tat so etwas und vor allem warum? Er wusste, dass genug verrückte und gestörte Menschen in dieser Stadt herumliefen aber so eine Tat war schon bestialisch. Wahrscheinlich war der junge Mann noch bei Bewusstsein gewesen. Gerrit blickte in die erschrocken aufgerissenen Augen und bemerkte die Rötung um die Iris herum. Sie war nicht so ausgeprägt wie wenn jemand mit einem Kissen erstickt wurde aber es sah so aus als hätte der Tote vor seinem Ableben eine ähnliche Atemnot gehabt. Der Kommissar seufzte leise, denn er hätte gerne den Doc hier gehabt, doch der hatte einen wichtigen Termin und konnte nicht kommen, das hatten die Kollegen der Streife ihnen gleich mitgeteilt. Also mussten sie wohl oder übel abwarten, bis Dr. Alsleben die Leiche in der Pathologie untersuchen konnte. Gerrit hoffte sehr, dass das noch in dieser Nacht passieren würde. Er richtete sich auf und lief zu Robert, der gerade eine jüngere Dame befragte. Gerrit stieß dazu als Robert gerade fragte: „Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen, als Sie den Mann gefunden haben? War noch jemand hier?“ Das Mädchen nickte leicht, doch ihre Antwort wurde durch viele Schluchzer unterbrochen und es fielen weitere Tränen auf den Boden: „I...ih...ich war gerade auf dem Heimweg uh...und dann hab ich i...ihn hier liegen sehen. Am Ende der Straße war noch jemand, der zu mir herüber gestarrt hat und weg war, als ich geschrien habe. A..ha...aber es war zu dunkel um ihn genau zu erkennen.“ Schniefend wischte sich das Mädchen die Tränen aus dem Gesicht und kämpfte sichtlich um ihre Fassung. Mit leiser Stimme bedankte Robert sich bei ihr und übergab sie den Sanitätern, die neben ihnen standen und die das Gespräch beinahe unterbrochen hätten, da das Mädchen so sehr mitgenommen war. Nachdenklich beobachteten die Kommissare, wie die Sanitäter dem Mädchen eine Decke um die Schultern warfen und sie zum Sanka führten. „Was meinst du, Gerrit?“, durchbrach Robert die Stille. Sein Kollege neigte den Kopf und runzelte die Stirn: „Ich denke wir haben es hier mit Mord zu tun, für ein Tier ist die Wunde zu gleichmäßig. Es sieht aus als habe jemand dem Kerl den Bauchraum aufgeschnitten und es anschließend so aussehen lassen, als wäre es ein Tier gewesen. Ich weiß nur noch nicht weshalb. Es gibt so viele Möglichkeiten. Wir sollten den Toten identifizieren.“ Die beiden Kommissare beobachteten, wie die Kollegen der Pathologie in ihrem Wagen vorfuhren um die Leiche zum Doc zu schaffen. Robert teilte seinem Kollegen seine Vermutungen mit: „Und was wäre, wenn die Wunde im Bauchraum tiefer ist? Wenn jemand versucht hat auf den Darm des Mannes zuzugreifen? Immerhin sind wir in Laufnähe zum Flughafen. Was wäre wenn wir hier einen Muli haben, dessen Auftraggeber an seine Drogen kommen wollte? Vielleicht ist auch ein Beutel geplatzt und daher ist der arme Kerl hier liegen geblieben? Was wäre, wenn das hier Christophs Begleiter war?“ Bang blickte der jüngere Polizist zu Gerrit, der sich nachdenklich am Kopf kratzte aber dann den Kopf schüttelte: „Das wäre aber fast zu viel Zufall, meinst du nicht? Ich glaube nicht, dass die Geschichte so offensichtlich ist. Der Doc soll sich die Leiche einmal vornehmen und dann können wir weiter spekulieren. Und jetzt komm, ich hab ‘nen Bärenhunger und wir sollten den Bericht schon einmal in Angriff nehmen.“ Robert nickte begeistert, denn er hatte nun auch ganz schön Hunger und so zogen die beiden los in Richtung Dönerladen. Während Robert dort bestellte, wählte Gerrit bereits Alex Nummer, denn er musste mit ihr reden und ihr die Situation erklären. Jedenfalls ein bisschen, dass Robert eine schlechte Zeit hatte und er ihm nur beistehen wollte und sie doch bitte Verständnis dafür aufbringen sollte. Doch seine Freundin ging nicht ran und drückte ihn nach dem zweiten Klingeln einfach weg. Runzelnd begann Gerrit eine SMS doch er kam nicht dazu sie fertig zu schreiben, denn Robert brachte bereits das Essen. Also steckte Gerrit sein Handy in die Tasche und beschloss, Alex später eine Nachricht zu schicken.
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Während die beiden Kommissare am Flughafen waren, hatte der Kellner Michael und Alex das zweite Bier gebracht und der älteste Kommissar gab sich redlich Mühe um seine Kollegin aufzumuntern. Nachdem seine Witze fehlgeschlagen waren und sie immer noch leicht trübsinnig in ihr Glas sah, begann er sich wirkliche Sorgen zu machen. Alex wiederum wollte nicht so wirklich mit ihrem Kollegen darüber sprechen, was sie so bedrückte, denn dann hätte sie ja ihre Beziehung mit Gerrit offenlegen müssen – und das ohne Absprache. Michael fragte sie bereits zum zweiten Mal, was sie bedrückte, doch Alex spielte wieder mit ihrem Glas. Als Michael ihre Hand nahm und ihr tief in die Augen sah, bemerkte sie die Sorge darin. „Alex, was ist los? So kenne ich dich überhaupt nicht. Du hattest Urlaub, du solltest entspannt sein, herumtoben, dich mit Enthusiasmus in die Arbeit stürzen. Aber nein, du sitzt hier wie ein Schluck Wasser in der Kurve und bläst Trübsal. Also hopp, erzähl mir was dich bedrückt. Ich werde auch nicht sauer, wenn du sagst dass ich Schuld bin, ok?“, versprach ihr Kollege lächelnd und Alex grübelte erneut, was sie ihm erzählen konnte. Sie dachte wieder an Gerrit, der sie über irgendetwas im Dunkeln ließ und Wut kochte in ihr hoch. Warum machte sie sich eigentlich so viele Gedanken um ihr Verhalten, welches eventuell für ihn Konsequenzen haben könnte? Ihm war es doch scheinbar auch egal, wie sie sich fühlte. Wenn er ihr etwas verschwieg und nicht mit der Sprache herausrückte, würde sie ihm jetzt zeigen wie das ging und einmal Klartext mit Michael reden. Also richtete sie sich auf und blickte ihrem besten Freund direkt in die Augen: „Michi, ich muss dir was beichten. Gerrit und ich sind zusammen in den Urlaub gefahren.“Ihr älterer Kollege blickte sie skeptisch an und fragte: „Zusammen in den Urlaub oder „zusammen“ zusammen in den Urlaub?“ Alex konnte ihm beinahe nicht ins Gesicht sehen als sie leise antwortete: „Zusammen. Gerrit und ich gehen schon etwas länger zusammen aus.“ Sie konnte den Schmerz in seinen Augen aufflackern sehen bevor er sich zu einem Lächeln durchringen konnte. „Und da habt ihr mir nichts von erzählt? Also es ist schon verwunderlich, dass Gerrit darüber nicht ausführlich Bericht erstattet hat. Aber dass du so überhaupt nichts zu mir sagst finde ich schon schwach. Ich dachte echt, dass wir richtig gute Freunde sind.“sagte Michael mit immer härteren Gesichtszügen. Alex versuchte ihr Möglichstes um ihn zu beschwichtigen: „Hey ich wollte dich nur nicht verletzen, Großer. Ich mein ich weiß doch, wie viel dir an mir liegt. Und ich hätte es nicht ausgehalten, wenn es dir deswegen schlecht gehen würde. Du bist doch mein starker Felsen hier.“Michael schien immer noch sehr angespannt, doch als er ihr wieder in die Augen sah, wurde seine Miene weicher. „Hm. Also wolltest du es mir gar nicht verheimlichen. Darauf stoßen wir an. Vielleicht ist bei dir doch nicht alle Hoffnung vergebens.“ Weiter ging er auf ihre Beziehung zu Gerrit ein und es fiel der Kommissarin nicht im Ansatz ein, die Sprache erneut darauf zu bringen. Und so trank Alex ein Bier nach dem anderen während Michael irgendwann auf Wasser umstieg, damit er noch fahren konnte. Als ihr Kollege sie schließlich aufforderte aufzustehen und den Heimweg anzutreten, schwankte sie ganz schön. Daher nahm Michael sie am Arm und hielt sie den ganzen Weg über fest. Alex lehnte sich entspannt an ihn und genoss seine Stärke. Ihr Freund war immer für sie da gewesen und hatte sie nie im Stich gelassen. Sie setzte sich ins Auto und starrte die ganze Zeit zu ihrem Kollegen, der sie zwar mit einer angehobenen Augenbraue anblickte, jedoch nichts weiter dazu sagte. Schneller als ihr lieb war hielt ihr Kollege das Auto an und half ihr auszusteigen. Michael hielt ihr seinen Arm hin und sie ergriff ihn dankbar, denn offensichtlich hatte sie ein kleines bisschen zu viel getrunken. Schweigend ging er neben ihr her bis sie vor der Haustür ankamen. Dort standen sie sich eine Weile gegenüber bis es das Regnen anfing. Sie stellten sich gerade unter das kleine Dach , da klingelte Alex‘ Handy. Mit einem entschuldigenden Blick zu Michael zog sie ihr Handy aus der Tasche, doch als sie sah wer anrief, verzog sie genervt das Gesicht. Mit ihm wollte sie nun wirklich nicht sprechen. „Gerrit?“, stellte Michael die Frage und Alex antwortete mit einer Mischung aus Nicken und Schulterzucken, während sie das Gespräch wegdrückte und das Handy einsteckte. Das nächste was sie spürte war, dass Michael sie an die Haustür drückte und ihr immer näher kam. Sie konnte seine Bartstoppeln auf der Wange erkennen und sah wie sein Gesicht direkt vor ihrem verharrte. Ihr Kollege blickte sie eine gefühlte Ewigkeit an, bevor er seine Hand unter ihr Kinn schob und sie mit einem nicht deutbaren Blick ansah. Dann gab er ihr einen zärtlichen und vorsichtigen Kuss auf die Lippen. Als er den Kuss beendete glaubte Alex Tränen in seinen Augen schimmern zu sehen und sie wusste nicht, was sie sagen sollte. „Ich wünsche dir alles Gute mit ihm, Alex. Ich hoffe er macht dich glücklich.“, raunte ihr Michael noch zu, dann entschwand er in den Regen und ließ Alex verblüfft und ratlos zurück.
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Bis ans Ende der Welt
AdventureUrlaubszeit für Alex und Gerrit! Doch was als schöne Entspannungswoche gedacht war, entwickelt sich zu einer Zerreißprobe für das K11-Team. Jemand überschätzt sich und die Bestrafung lässt nicht lange auf sich warten