Alex fuhr mit hohem Tempo durch die Münchner Innenstadt. Natürlich wurden sie zu einem Einsatz in der belebten Stadtmitte gerufen – und das wenn sie einmal fahren und durch die Stadt hätte heizen können. Stattdessen musste sie sich durch die vielen Autos schlängeln und am Ende die Fußgänger weg hupen, die ihr rücksichtslos in den Weg liefen. Aber das Fahren lenkte sie ein wenig ab und Max war ein ruhiger Zeitgenosse, der eher weniger Worte verlor – außer sie waren dringend nötig. Somit erreichten sie ihren Einsatzort ohne mehr als fünf Sätze miteinander gewechselt zu haben. Max stieg aus dem Auto aus und wartete bis Alex dasselbe getan hatte. Dann informierte er die Kommissarin über die aktuelle Situation. „Also, Doktor Maurer hat seine Praxis dort oben im ersten Stock. Seine Sprechstundenhilfe hat mich angerufen, dass zwei grimmig aussehende Gestalten in seinem Büro seien und er nicht gestört werden will.“ Alex ging das Ganze zu schnell: „Wie jetzt, mal langsam. Warum ruft die Sprechstundenhilfe ausgerechnet dich an? Woher kennt sie deine Nummer, warum hat sie nicht die Zentrale angerufen?“ Max lachte und kleine Fältchen bildeten sich um seine sonst so ernsten Augen. „Ich kenne Axel schon seit er die Praxis aufgemacht hat. Damals wurde er von ein paar bewaffneten Ganoven überfallen, die die Praxisgebühr kassieren wollten. Natürlich waren das nur 60 Euro, also gelohnt hat es sich nicht, aber die Jungs hatten es sich einfach in den Kopf gesetzt schnell an Geld zu kommen. Naja wie dem auch sei, ich war der leitende Kommissar und habe die beiden Jungen dann auch festgenommen. Dabei bin ich eben mit dem Arzt persönlich ins Gespräch gekommen und wir haben uns gut verstanden. Tatsächlich treffen wir uns auch häufig auf ein Bier in der Kneipe. Und bei einem so einer Besuche ist uns dann die Idee gekommen so etwas wie einen Notfallplan für etwaige Überfälle zu erstellen. Also haben wir damals beschlossen, dass meine Arbeitsnummer mit meinem Namen als Kunde angelegt wird und als Text eingespeichert ist Achtung Überfall, bitte Max Katzenberger anrufen, Polizei.“ Max hatte ein selbstzufriedenes Grinsen aufgesetzt und Alex stierte ihn etwas perplex an. „Bislang ist er nicht überfallen worden, das heißt die letzten Jahre hatte ich das auch total vergessen. Jedenfalls bis Frau Giebel mich heute angerufen hat.“, fügte Max noch hinzu und Alex musste nun auch grinsen. „Na dann lass uns deinem Arzt zur Hilfe eilen, Kollege.“ Die beiden stiegen die Treppen in den ersten Stock hinauf und lugten vorsichtig durch die Praxistüre aus Glas. Alex drückte gegen die Scheibe und die Tür schwang lautlos nach innen auf. Aber nicht ganz lautlos, denn sofort raschelte es und der brünette Schopf einer Dame von vielleicht 25 Jahren schob sich hinter der Empfangstheke hervor. Vorsichtig die Umgebung beobachtend schlichen Alex und Max durch die Praxis auf die Frau zu. Flüsternd erzählte diese ihnen, dass die beiden Männer lauter geworden waren und es aber nun seit zehn Minuten leise im Zimmer war. Als die Arzthelferin vorschlug, die Lage zu erkunden, lehnten die beiden Kommissare vehement ab. Stattdessen ließen sie sich die Örtlichkeit erklären und wollten wissen, ob es andere Ausgänge aus der Praxis gab. Frau Giebel gab ihnen bereitwillig alle Informationen und als die Kommissare sie aufforderten die Praxis zu verlassen, warf sie noch einen bangen Blick auf die geschlossene Tür ihres Chefs und ging dann aber schnell nach Hause.
Nun hatten Alex und Max freie Bahn. Leise flüsternd besprachen sie ihre Optionen bis sie sich dafür entschieden zu warten, bis die Ganoven heraus kommen würden. Die Räumlichkeiten boten perfekte Bedingungen für eine kleine Falle: Die Tür des Behandlungszimmers befand sich links vom Chefbüro, das Labor rechts davon. Zwischen den Räumen waren kleine Nischen in denen Aktenschränke standen und vor die sich die Kommissare ohne Probleme stellen konnten. Max stellte sich vor die linke Tür und Alex vor die rechte. Keiner der beiden konnte von jemandem gesehen werden, der aus der Bürotür kam. Und so warteten sie. Es dauerte beinahe zehn Minuten, bis sie laute Stimmen hörten und endlich die Tür aufging. Dr. Maurer schritt voran und hinter ihm die beiden Männer, einen davon erkannte Alex als Frank Messimo. „Ich kann für nichts garantieren, wenn Sie nicht ins Krankenhaus fahren!“, wetterte der Mediziner. „Ihre Wunde ist so gut gereinigt und zusammengeflickt wie es mit meinen Mitteln möglich war aber auch das kann eine Infektion nicht verhindern. Gehen Sie ins Krankenhaus!“ Messimo lachte etwas künstlich. „Als wüsste ich nicht, dass im Krankenhaus die Bullen auf mich warten. Deswegen bin ich ja hier. Was Sie getan haben war nützlich und das muss reichen. Ich würde Sie nun bitten hier im Gebäude zu warten, bis ich mich etwas entfernt habe. Mein Begleiter wird sicherstellen, dass Sie keinen Fehler begehen.“ Alex und Max hörten jedes Wort mit und gaben sich ein Zeichen. Die beiden Ganoven hatten ihren Blick auf den Arzt gerichtet, der noch in Richtung der Ausgangstür lief. Gerade als Max und Alex losstürmen wollten, drehte sich der Mediziner um. Seine Augen weiteten sich und die Kommissare waren sich sicher, dass er sie nun verraten würde. Stattdessen blickte Dr. Maurer Messimo nur verächtlich an und sagte: „Ich will hoffen, dass Sie sich beeilen, ich habe tatsächlich noch einen Termin heute Abend.“ Als er eine ausladende Handbewegung zur Tür machte, griffen Alex und Max zu. Schneller als die beiden Ganoven schauen konnten, hatte Alex dem Drogenboss die Handschellen angelegt. Max hatte es gegen den Muskelprotz, der sich gegen eine Festnahme etwas wehrte, etwas schwerer, doch nach einer kurzen Rangelei bei der Axel Maurer sich mit Freuden beteiligte waren auch dem zweiten Bösewicht die Handschellen angelegt. Messimos Augen schienen Funken zu sprühen, während Alex ihn festhielt. Gemeinsam beobachteten, wie Max dem anderen Ganoven aufstehen half und ihn in Richtung Tür führte. Schweigend folgte Alex ihm, während sie den Obergauner vor sich her schob. Doktor Maurer folgte ihnen auf den Fuß und begleitete sie zum Auto hinunter. Nachdem die Ganoven in dem Wagen untergebracht waren, unterhielten sich die beiden Kommissare mit dem Doktor. Dieser grinste sehr selbstgefällig und knuffte Max in die Seite: „Na da schau an, da hat sich unsere dumme Idee von vor ein paar Jahren ja doch noch als nützlich erwiesen. Hätte nie gedacht, dass ich dich einmal in Aktion erlebe. Du bist ja doch ziemlich knallhart – und deine Kollegin hier ist auch nicht gerade zimperlich mit den Kerlen umgegangen.“ Max lachte und stupste Alex an, die nun ebenfalls schelmisch grinsen musste. Der Arzt warf ja mit Komplimenten nur so um sich. Trotzdem wusste die Kommissarin, dass die ganze Sache auch anders hätte ausgehen können. Max unterhielt sich noch einige Minuten mit seinem Freund während Alex in ihren eigenen Gedanken versunken war und mit glasigen Augen in die Ferne blickte.Sponsor werden und Werbung komplett deaktivieren
Einige Kilometer weiter starrte Robert seine Freundin an und brachte kein Wort heraus. Julia hingegen machte keinen Schritt auf ihn zu sondern starrte mit entsetztem Blick auf Gerrit Grass, der in dem weißen Krankenbett lag und ungefähr die Farbe des Kissens hatte. Robert räusperte sich ein paar Mal bevor er überhaupt ein verständliches Wort heraus brachte. „Ich glaube ich muss dir einiges erzählen.“, brachte er hervor während Julia langsam ihren Blick von Gerrit abwandte und Robert fixierte. Dieser schrumpfte unter ihrem wilden Blick um einige Zentimeter. „Du glaubst. Ich bin da anderer Meinung. Ich finde, du stehst in der Pflicht mir genauestens Auskunft zu geben. Was wird hier gespielt? Warum liegt Gerrit hier? Und warum hat mich mein Bruder gebeten heute hier ins Krankenhaus zu kommen? Wo ist er?“ Sie spie jede Frage regelrecht aus und Robert sah genau wie ihre Nasenflügel bebten. Als sie eine kurze Pause machte um Luft zu holen, stand der Kommissar auf, nahm sie bei der Hand und führte sie zu den Stühlen hinüber die am Fenster standen. Auf halbem Wege riss Julia ihre Hand aus der seinen und rückte den Stuhl etwas weiter von ihm weg als nötig bevor sie sich darauf niederließ. Robert wagte es nicht noch einmal nach ihrer Hand zu greifen und so knetete er seine Finger während er nach den richtigen Worten suchte. „Julia, dein Bruder war nicht wirklich zum Urlaub in der Türkei. Frederike ist entführt worden und Christoph wurde von einem ausländischen Drogendealer zum Drogenschmuggel gezwungen. Er hat es nach Deutschland zurück geschafft aber dabei ist er, nun ja, vergiftet worden. Deswegen haben wir ihn hier ins Krankenhaus geschafft und die Ärzte sagen, er wird wohl wieder ganz gesund werden. Er liegt einen Stock höher in einem Einzelbett und ein ziviler Kollege bewacht die Tür für den Fall der Fälle. Es ist also alles gut, du brauchst keine Angst haben.“
Julia unterbrach ihn indem sie aufstand, auf ihn zutrat und mit beiden Fäusten auf ihn einschlug. So perplex wie Robert war, hob er nicht einmal die Hand um ihren Angriff abzuwehren. Als sie ihre Hände sinken ließ und sich zurück auf den Stuhl fallen ließ, schien sie ruhiger. Sie fragte weiter, zwar immer noch mit hörbarem Ärger in der Stimme aber wenigstens ihre Stirnfalten hatten sich geglättet: „Und was ist mit Rike, ich meine Frederike? Wo ist sie, wer hat sie entführt, geht es ihr gut? Und warum liegt Gerrit hier und ist immer noch nicht aufgewacht? Und warum hast du es nicht für nötig gehalten mir zu sagen, dass mein Bruder im Krankenhaus liegt?“Den letzten Satz knurrte Julia und funkelte ihren Freund wütend an. Robert rieb sich gequält die Schulter, die nun doch ganz schön weh tat. „Ich wollte es dir erzählen. Gerrit und ich wir haben uns versprochen, dass wir es euch erzählen. Aber dann ist Gerrit angeschossen worden und unsere Pläne wurden über den Haufen geworfen. Gerrit liegt jetzt hier im Koma, ich weiß nicht, ob er wieder aufwachen wird, die Ärzte meinen nur die Zeit würde jetzt weiterhelfen. Und wie konnte ich dich belasten wenn Christoph es dir auch nicht erzählen wollte? Ich hatte Angst, dass ich dich da mit hinein ziehen könnte und ich dich am Ende verlieren würde! Ich weiß, dass das keine Entschuldigung ist aber ich bin schon für Gerrits Zustand verantwortlich, da wollte ich nicht dich auch noch verletzen. Was ich aber mit meinem Handeln aber wohl doch geschafft habe, befürchte ich. Wenigstens kann ich dir sagen, dass Frederike relativ munter ist. Wir haben sie gefunden und sie ist vorhin untersucht worden. Die Schwester meinte, ich sollte deiner Schwägerin Zeit geben auch wegen des Babys und deswegen bin ich hier her gekommen in der Hoffnung, dass Gerrit vielleicht wider Erwarten von alleine aufwacht.“ Julia starrte ihn einen Moment mit offenem Mund an: „Wie wegen des Babys? Frederike ist schwanger?!“ Robert war mehr als überrascht, es war ihm nicht ansatzweise in den Sinn gekommen, dass Julia diese Neuigkeit nicht wusste. Immerhin hatten Christoph und seine Frau bereits angefangen ein Kinderzimmer her zu richten. Wobei, wenn er richtig darüber nachdachte hatte Frederike keine wirklichen Rundungen gezeigt. Vielleicht war sie noch in einem Stadium in dem man die Schwangerschaft noch nicht heraus posaunte weil noch so viel passieren kann? In jedem Fall hatte er gerade ein Geheimnis verraten. Doch Julia schien es ihm gerade nicht übel zu nehmen, im Gegenteil: Ihr Gesicht verzog sich zu einem Lächeln und dann sprang sie auf und lief aus dem Zimmer. Sie hatte die Tür aufgerissen und den Raum schon fast verlassen, da drehte sie sich noch einmal zu Robert herum. „Welches Zimmer, Robert?“, fragte sie ruhig. Der Kommissar sagte es ihr und sie verschwand. Kopfschüttelnd, da er nicht wusste, wie er jetzt mit Julias Stimmungsumschwung umgehen sollte, drückte er Gerrit noch einmal kurz die Hand und verließ das Krankenzimmer um seiner Freundin zu folgen.
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Bis ans Ende der Welt
AventuraUrlaubszeit für Alex und Gerrit! Doch was als schöne Entspannungswoche gedacht war, entwickelt sich zu einer Zerreißprobe für das K11-Team. Jemand überschätzt sich und die Bestrafung lässt nicht lange auf sich warten