Kapitel 5 "Sesam öffne dich!

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Alex war zwischenzeitlich eingenickt und als sie das nächste Mal aufwachte, befand sich das Flugzeug bereits im Landeanflug auf Antalya. Die Maschine ruckelte ein paar Mal hin und her und Alex gähnte, als sie erst einmal überlegen musste, was sie hier tat und warum sie hier war. Gerrit saß neben ihr und war ebenfalls eingenickt, hatte jedoch immer noch ihre Hand in seiner. Alex musterte sein schlafendes Gesicht. Er sah so jung und friedlich aus, die Falten, die sich seit dem Tod seiner Mutter verstärkt hatten, stachen nicht heraus. Sie wollte ihn öfter so entspannt sehen, auf der Arbeit hatte er nie Gelegenheit auszuspannen – natürlich genauso wenig wie sie, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass er sich abends einfach mal in Ruhe einen Tee machte und ein Buch las. Gerrit musste immer irgendwo unterwegs sein und etwas unternehmen. Sie hoffte sehr, dass er mit ihr in diesem Urlaub ein bisschen zu Ruhe und Entspannung kam. Es ruckelte erneut und diesmal erwachte auch Gerrit. Schnell drehte sich Alex zur Fensterscheibe und sah hinaus – was würde er sagen, wenn er merkte, wie sie ihn angestarrt hatte. Sie sah bereits die Stadt unter sich und dann endlich das Meer! Sie freute sich das Meer zu sehen, das war für sie immer ein Zeichen für Urlaub. Für die Landung schnappte Alex sich wieder Gerrits Hand und kuschelte sich an ihn. Gerrit musste lächeln: da hatte doch die tapfere Kommissarin Angst vor der Landung. Doch alles ging glatt und wie es irgendwie bei Flügen zur Gewohnheit geworden war klatschten die Menschen. Alex klatschte freudig mit und Gerrit schüttelte den Kopf. Man stelle sich vor wenn bei einer Festnahme jemand klatschen würde…das war doch der Job der Piloten. Gemütlich ließ er sich in seinen Sitz sinken und wartete bis das Flugzeug zum Stehen kam. Um sie herum packten alle Menschen bereits ihr Handgepäck als könnten sie es nicht mehr erwarten aus dem Flugzeug heraus zu kommen. Irgendwann waren dann alle aus dem Flugzeug draußen und Alex und Gerrit hatten sich auch auf den Weg gemacht. Alex fragte Gerrit, wie es denn jetzt weitergehen würde: „Jetzt müssen wir erst einmal unsere Pässe vorzeigen zur Passkontrolle. Dazu müssen wir uns hier um die Ecke…“ Mitten im Satz fiel ihm die Kinnlade herunter, denn der Warteraum der Passkontrolle war brechend voll. In der Halle standen so viele Menschen, dass bald niemand mehr hinein passte. Gerrit bedeutete Alex kurz zu warten und stahl sich nach vorn, um die Lage auszukundschaften. Nach einer Minute kam er mit einem zerknirschten Gesicht wieder und informierte Alex, dass scheinbar das Computersystem ausgefallen war und aktuell gar nichts ging. Alex seufzte auf und die beiden Kommissare vertrieben sich die Zeit mit „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Irgendwann gab Alex auf und lehnte sich erschöpft an Gerrit. Sie merkte jetzt richtig, wie sehr sie Urlaub brauchte. Doch irgendwann war das System wieder im Gang und schon nach einer Stunde durften sie endlich offiziell einreisen. Gerrit bugsierte die todmüde Alex von der Gepäckausgabe bis zum Bus, wo sie sich sobald sie saßen an seine Schulter schmiegte und sofort eingeschlafen war.

Der Shuttlebus hielt vor dem Hotel Kleopatra, einem fünf Sterne Hotel all inklusive. Die Auffahrt zierten längliche Brunnenbecken, die von kleinen und mittelgroßen Palmen gesäumt wurden. Alex war mehr als sprachlos, denn diesen Ort kannte sie von alten Fotos! Eilig stieg sie aus dem Bus aus und kaum war sie draußen, umspielte sie ein stärkerer Wind, der ihre Haare ganz durcheinander brachte und sie etwas frösteln ließ. Sie roch den typischen Meeresgeruch und genoss diesen sehr. Ihre Mutter hatte ihr Bilder von diesem Ort gezeigt und Alex erzählt, dass ihr Vater und sie hier ihre Hochzeitsreise verbracht hatten. Schon lange hatte sie geträumt einmal hier in die Türkei zu fliegen und sich das Hotel anzusehen – vielleicht ja auch mit ihrem Zukünftigen. Gerührt wandte sie sich an Gerrit, der ein selbstgefälliges Grinsen nicht ganz verstecken konnte. Alex gab ihm einen Kuss und drückte ihn fest an sich, da kam schon der Gepäckjunge und schnappte sich ihre Koffer. Gerrit nahm Alex' Hand und zog sie in die schützende Wärme des Hotelfoyers. Alex drückte sich in die Arme ihres Freundes und ließ sich von ihm weiter führen, denn sie wollte alles genau ansehen. Gerrit kümmerte sich um alles und ließ sich alles Wichtige sagen. Alex war überwältigt, sie war noch nie in einem fünf Sterne Hotel gewesen, geschweige denn mit all-inclusive. Das Hotel hatte das Flair von tausend und einer Nacht und die Kronleuchter, die das Foyer beleuchteten glitzerten von oben auf sie herab. Der Gepäckjunge führte sie bis zu ihrem Zimmer und Alex staunte nicht schlecht: es bestand aus zwei Zimmern und einem schönen Bad.  Das Schlafzimmer hatte ein Ehebett und hübsch beleuchtete Wände. Das Wohnzimmer hatte eine kleine Couch und einen schönen Blick auf den weißen Balkon. Mit einem Schlag war Alex wieder wach, als sie sah, dass man von dem Balkon aus einen wundervollen Blick auf das Meer hatte. Schnell lief sie hinaus und ignorierte souverän Gerrit, der gerade versuchte die Koffer ins Zimmer zu bugsieren, woran ihn aber leider die automatisch schließende Zimmertüre hinderte. Alex ließ sich derweil den Wind um die Nase wehen und blickte auf die Wellen hinaus. Der Strand war vielleicht 80 Meter von ihr entfernt und es trennten sie Palmen und ein kleiner Park vom Meer. Sie war im Hochzeitshotel ihrer Eltern mit Gerrit. Würde sie Gerrit wohl einmal heiraten? Hatte er das Zeug zu ihrem Ehemann? Alex hing ihren Gedanken nach und war dermaßen verträumt, dass sie sich total erschrak, als Gerrit hinter sie trat und seine Arme um ihre Taille schlang. „Gefällt es dir, Schatz?“ Alex lächelte. Das war das erste Mal, dass Gerrit sie so nannte. „Es ist wunderschön. Aber du hast mit meiner Mutter gesprochen, oder? Du Schlawiner.“ Gerrit drehte sie zu sich herum und sah ihr lang in die Augen. „Ich muss dir ja nicht alle meine Tricks verraten, Kleines. Aber jetzt komm, ich will mit dir noch zum Strand und bald wird es dunkel. Die Koffer können wir später immer noch auspacken.“ Alex willigte ein und so schlenderten die beiden hinunter zum Strand. Alex zog ihre Schuhe aus und plantschte mit den Füßen durch das Wasser. Keiner der beiden redete, es bedarf auch keiner Worte. Beide genossen die Stille und die schöne Aussicht. Die Sonne stand direkt am Horizont und warf die letzten Stahlen über das Meer. Die Sonne war schnell nicht mehr zu sehen, es wurde kälter und daher nahm Alex Gerrit an der Hand und lächelte ihm zu. „Lass uns essen gehen und danach schlafen, du siehst schrecklich aus.“, witzelte Gerrit und gemeinsam gingen sie in den Speisesaal. Nach dem Essen waren beide so geplättet, dass sie beschlossen, die Koffer morgen auszupacken. Als beide schon im Bett lagen, bemerkte Gerrit, dass die Türe noch angelehnt war und wollte aufstehen, doch Alex hielt ihn mit leiser Stimme zurück. „Lass es offen. Ich liebe das Geräusch von den Wellen. Da kann ich gut schlafen.“ Also schwang sich Gerrit wieder zurück ins Bett und noch bevor er sich richtig hingelegt hatte, hörte er von Alex bereits nur noch ein „Chrrrrr rpüüh…“ Gerrit schmunzelte, dann legte er den Arm um Alex und machte ebenfalls die Augen zu.

Bis ans Ende der Welt  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt