Kapitel 1 - Anreise zum Tomorrowland

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Anmerkung: Alle Kapitel die ein * im Titel haben, enthalten nicht jugendfreie Passagen.

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Einige Dinge auf meiner Bucketlist konnte ich in meinem Leben bereits abhaken: einfache Dinge, wie mit Freunden eine Nacht durchzutanzen und morgens beim Bäcker Brötchen holen zu gehen mit den Schuhen in der Hand oder noch ein Mal Kind sein und bei einem warmen Sommerregen draußen durch die Pfützen zu springen. Aber auch einige erwachsenere Dinge, wie mein Bachelorabschluss, den ich im Frühjahr gemacht hatte, standen mit einem Haken auf der Liste.
Diesen Sommer wollte ich nun einen weiteren Haken machen und unbedingt auf DAS Elektrofestival schlechthin in Belgien. Das Tomorrowland ist nicht nur für seine DJ-Größen sondern vielmehr für die fantastische Welt, die eigens dafür inszeniert wird in einem Naturschutzgebiet, bekannt. Einmal in meinem Leben also mit völlig fremden Menschen den ganzen Tag über im Sonnenschein bei guter Musik zu tanzen, neue Freundschaften zu schließen und natürlich auch das ein oder andere kalte Bier bei Trinkspielen zu trinken, gehörte zu meinen Träumen.
Die ernüchternde Wahrheit im Februar beim Ticketsale war jedoch, dass der Andrang viel zu immens war, um Tickets zu kriegen und meine Freunde und ich mit leeren Händen ausgingen. Aber dennoch meint das Schicksal es manchmal gut und schenkt einem eine zweite Chance.
Bei mir hieß diese Chance Markus und war ein Freund meines Papas, den er auf dem Fußballplatz kennengelernt hatte, da mein Vater Markus Sohn trainierte. Wie sich nämlich nach einigen Gesprächen herausstellte, war Markus Geschäftsführer der Securityfirma, die für die Sicherheit auf dem Tomorrowland zuständig war. Der einzige Haken: er konnte mir nur eine Karte besorgen, da er seine anderen Freikarten bereits vergegeben hatte. Ich überlegte gar nicht lange, sondern sagte sofort zu, als mir die Karte angeboten wurde, vor allem, da Markus mir versprach, mich in den Backstagebereich mitzunehmen.
Mit Markus kam ich super gut aus; er war ungefähr im gleichen Alter wie mein Vater und jugendlich und locker drauf. Häufig unterhielt ich mich mit ihm oder seiner Frau, wenn wir die Jungs an den Wochenenden auf dem Fußballfeld anfeuerten. Denn obwohl ich nicht mehr zuhause bei meinen Eltern lebte, hatte es mich nie aus meiner Heimatstadt gezogen und so war ich lediglich Zuhause aus- aber nicht aus der Stadt weggezogen und sah meine Eltern sowie meinen großen Bruder regelmäßig.

Nachdem ich im März bereits meine Bachelorarbeit abgegeben hatte, hatte ich noch ein gutes halbes Jahr bevor im Oktober das Masterstudium beginnen sollte. Die Zeit von März bis zum Tomorrowland Ende Juli nutzte ich dabei, um viel in der Gastro zu arbeiten und mir ein kleines Geldpolster anzulegen, da ich im August und September auf der faulen Haut liegen und nichts machen wollte. Und das klappte fantastisch! Durch den starken Sommer, den wir bis jetzt, Mitte Juli, hatten, waren viel mehr Touristen in der Stadt als im Vorjahr und diese waren auch noch in äußerst spendabler Laune. So hatte ich an vielen Abenden mehr Trinkgeld als eigentliches Gehalt gemacht und konnte noch mehr sparen.
Natürlich hatte ich bereits einiges davon verplant für das Festival, machte jedoch zum Beispiel bei der Unterkunft Abstriche und würde einfach in meinem Auto, mit dem ich hinfahren wollte, schlafen. Da mein Ticket ein reines Ticket für das Festivalgelände war, hatte ich keinen Campingplatz inkludiert und wollte mir auch kein Hotelzimmer in der Nähe zu horrenden Preisen leisten.

Und dann war es so weit, der Donnerstag-morgen war angebrochen und mein Auto beladen mit allem, was man für 5 Tage Festival und Übernachtung im Auto gebrauchen konnte. Die Fahrt dauerte von Hamburg aus ungefähr 5h, auf der ich mich bereits einstimmte mit meinen Lieblingssongs, die nicht nur aus dem elektronischen Bereich kamen, sondern auch viel in der deutschen Rock-/Popszene zu finden waren. Oder die drei Fragezeichen, ich liebte die drei Fragezeichen! ;)

Mit Markus hatte ich abgemacht, dass ich mich nach Ankunft am Gelände mit ihm treffen und er mit mein Bändchen geben würde, mit dem man sowohl das Gelände betreten konnte als auch über einen Chip alles auf dem Gelände zahlte.
„Na, du hast aber ganz schön gute Laune dafür, dass du das Wochenende durcharbeiten musst", sagte ich, als mich der grinsende Markus zur Begrüßung in den Arm nahm. „Och, weiß du", fing er mit einem noch breiteren Grinsen im Gesicht an zu erzählen „nur vielleicht habe ich gerade deinen Ben Luuren getroffen und ihn gefragt, ob ich dich ihm nachher vorstellen darf, weil du ein großer Fan seist. Und ganz vielleicht hat er gesagt, dass er sich freut, dich kennen zu lernen."
Wie paralysiert stand ich vor Markus, bevor mein Gehirn verarbeiten konnte, was er mir da gerade erzählt hatte. Mein heimlicher Crush Ben Luuren, einer der bekanntesten DJs unserer Zeit, wollte mich tatsächlich kennenlernen! Glückselig fiel ich Markus um den Hals und bedankte mich mindestens 1000 Mal bei ihm für die Möglichkeit.
„Ich hab eventuell auch noch eine zweite Überraschung für dich. Ich hab dir ein Baumhaus organisieren können, für lau. Dein Vater hat mir nämlich erzählt, dass du im Auto schlafen willst, das kann ich ja nicht zulassen."
Ich schrie auf und fiel Markus ein zweites Mal um den Hals. Er erklärte mir noch schnell den Weg und ich ging freudestrahlend und hüpfend los.

Wenige Minuten später war ich in meinem Baumhaus angekommen, das nur wenige Gehminuten vom Festivalgelände entfernt lag und trotzdem von vollkommener idyllischer Stille umgeben war. Zwar hatte ich kein Bad im Haus, allerdings hatte man hier jedoch den Luxus, sich seine Toilette und Dusche nicht mit fremden Menschen teilen zu müssen, jedes Baumhaus hat in der Duscharea seine eigenen Toiletten/Duschen, die mit einem Vorhängeschloss gesichert waren.
Ich machte mich einen kurzen Moment frisch, denn auch wenn ich Make-Up von ganzem Herzen liebte, bei guten 30 Grad Celsius und stundenlangem Tanzen unter der Sonne zwischen hunderten von Menschen hielt leider kaum etwas davon. Ein wenig Mascara und Highlighter reichten mir im Sommer allemal. Zu dieser Jahreszeit fanden sich auch immer einige Sommersprossen in meinem Gesicht, die ich so gerne mochte, dass ich sie nicht überschminken wollte.

Der beste Freund | Martin GarrixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt