Kapitel 27: Der Schlüssel

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Der Live-Stream schlug ein wie eine Bombe und wir bekamen tausende Nachrichten danach. Die meisten waren positiv und wünschten und alles Gute für die Zukunft. Einige Exemplare gab es jedoch auch dabei, die mir den Tod wünschten, weil ich ihnen ,ihren Mann' weggenommen hätte oder mich als hässlich und fett beleidigten, weil ich mich nicht vor der Kamera zeigen wollte. Solche Kommentare konnte ich ignorieren, denn schließlich wusste ich, dass ich nicht hässlich und fett war und hatte obendrein noch den Mann meiner Träume an meiner Seite. Dennoch, und das konnte ich nicht ignorieren, fragte man sich unweigerlich, was mit der Menschheit nicht stimmte, einer völlig fremden Person solche Worte an den Kopf zu schmeißen.
Trotz einiger Hate-Kommentare stieg die Followerzahl des Accounts immer weiter an und Martins gesamtes Team war sehr zufrieden damit, wie alles lief.

Eines Morgen wachte ich ziemlich früh auf und wollte eine gute Freundin sein und Martin noch ein paar Stunden Schlaf gönnen, weshalb ich aus dem Schlafzimmer schlich und in den Swimmingpool auf der Dachterrasse stieg. Am Beckenrand lag meine Handy, spielte Musik über die Lautsprecher und ich summte leise die Songs mit, während ich einige Bahnen zog. Als eines meiner momentanen Lieblingslieder anspielte, packte es mich und ich begann leise mitzusingen. Immer ergriffener von dem Song wurde meine Stimme immer lauter und mir fiel es zunehmend schwerer, dabei weiter zu schwimmen. Ich blieb stehen, um mich auf die Musik konzentrieren zu können und begann im Wasser zur Musik zu tanzen. Als ich herumwirbelte, schrie ich vor Schreck auf, denn Martin stand am Beckenrand und sah mich perplex an.
„Das eine Mal im Bad, das war deine Stimme! Warum hast du mir nie gesagt, was für eine Wahnsinns Stimme du hast?", fragte er mich ungläubig, während er langsam zu mir ins Wasser wartete. Ich winkte ab und versuchte das Thema zu wechseln.
„Ach, ich sing nur so für mich vor mich hin... Hey, hast du gut geschlafen?"
Martin ignorierte meine Frage und den Versuch, über etwas anderes zu sprechen.
„Sing bitte noch mal für mich", flehte er mich mit großen Augen an, zu denen man nicht nein sagen konnte! Langsam und leise stimmte ich einen seiner Songs an, der mir besonders gut gefiel und beobachtete Martin dabei ganz genau.
Nie zuvor hatte ich so viel Liebe und Bewunderung in den Augen eines Menschen gesehen wie in Martins Augen, als er mir beim Singen lauschte. Nachdem ich verstummte, herrschte einige Sekunden Stille. Ich war verunsichert - fand er meine Stimme doch nicht so gut? Weshalb sagte er nichts? Doch genau da brach er die Stille.
„Wow, ich habe Gänsehaut", sagte er berührt und hob zur Bestätigung seinen Arm, auf dem sich die Haare aufgestellt hatten. Ich schüttelte wieder den Kopf.
„Ach, das kommt vom kalten Wasser. Meine Stimme ist nichts besonderes. Es gibt tausend andere Sängerinnen, die besser sind als ich." Vehement schüttelte nun Martin den Kopf und versicherte mir, dass meine Stimme etwas besonderes sei und er mich gerne noch einmal singen hören würde. Um das Thema endlich wechseln zu können, schlug ich ihm vor, zu frühstücken und hatte Glück, dass er einwilligte und das Thema damit beendet war.
Ich hatte damit gerechnet, dass er es die nächsten Tage wieder aufnehmen würde, doch das tat er nicht und ich war dankbar dafür.

Die Tage und Wochen strichen ins Land und Martin und ich reisten durch die ganze Welt für seine Auftritte. Noch nie in meinem Leben hatte ich so viele Länder gesehen und so viel erlebt in solch kurzer Zeit.
Jetzt kurz vor der Weihnachtszeit wurde es ruhiger und er hatte keine Gigs mehr zu spielen, sodass wir beide in die Heimat fuhren. Wir würden Heiligabend getrennt bei unseren Familien verbringen, am 2. Weihnachtsfeiertag würde ich mich schließlich auf den Weg zu ihm machen nach Amsterdam.
Es würde das erste Mal sein, dass ich seine Familie traf und ich war tierisch nervös. Martin versicherte mir zwar immer wieder, dass sie mich mögen würden, dennoch legte sich das ängstliche Gefühl im Bauch nicht ganz.
Am Bahnhof von Amsterdam angekommen, suchte ich den Parkplatz, von dem Martin mich abholen wollte, denn schließlich konnte er nicht einfach auf dem Gleis rumstehen und auf mich warten.
„Du warst viel zu lange weg", küsste er mich, als ich zu ihm ins Auto stieg.
„Ich denke, das ist ein gutes Zeichen, wenn dir 3 Tage zu viel sind", antwortete ich ihm durch die Haare wuschelnd.
Auf der Fahrt zu Martins Wohnung erzählte ich ihm ein wenig von den Tagen bei meiner Familie und er mir von den letzten Tagen bei seiner. Ich war bis zu dem Zeitpunkt noch nie bei Martin zuhause gewesen, obwohl wir mittlerweile fast ein halbes Jahr zusammen waren, aber tatsächlich hatten wir die Zeit überall auf der Welt verbracht - nur nicht zuhause.
Völlig sprachlos stand ich in seiner Wohnung, die über 300qm groß war auf zwei Etagen. Auf der Dachterrasse gab es einen kleinen Pool und einen Jacuzzi gepaart mit einem atemberaubenden Blick auf Amsterdam. Alles war geschmackvoll und modern eingerichtet und doch standen und hingen überall private Gegenstände, die der Wohnung Leben verliehen.
„Du hast es wunderschön", stammelte ich fassungslos.
„Wir", verbesserte mich Martin da und sah meinen ratlosen Blick bevor er mir einen Schlüssel entgegenhielt.
„Ich möchte, dass du dich hier genauso zuhause fühlst wie ich."
Noch immer fassungslos starrte ich erst den Schlüssel, dann Martin und dann wieder den Schlüssel an, bevor ich ihm in die Arme sprang. „Du bist doch verrückt", schrie ich begeistert, „ich... ich weiß gar nicht was ich sagen soll!"

Der beste Freund | Martin GarrixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt