Denno

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Ich schwebte vor dem Fenster von Denno. In seinem Zimmer war kein Licht an. Jedoch erkannte ich ihn. Er lag seelenruhig im Bett. "Sollen wir ihn wecken?", fragte ich Manuel, der genauso wie ich, durch's Fenster starrte. Er sah mich kurz an, klopfte dann aber fest gegen das Fenster. "Spinnst du?", zischte ich und hielt seine Hand fest, die gegen das Glas trommelte. "Ach, das ist er gewohnt." Manuel lächelte. Gereizt starrte ich zurück zu Denno, der sich gerade aufsetzte und das Licht anschaltete. Dann sah er zu uns, doch erkannte vermutlich nicht, dass ich auch da war. Denn er stand langsam auf, schmatzte dabei und kam langsam, während er sich am Bauch kratzte, zum Fenster, um es zu öffnen. Manuel schwang sich sofort herein. Ich blieb in der Luft stehen. Denno hatte mich bemerkt. Nun waren seine Augen weit aufgerissen und sein Mund offen.

Langsam flog ich an ihm vorbei und landete in mitten seines Zimmers. Denno schloss das Fenster hinter mir, sah mich dann wieder an, kam zu mir und umarmte mich. Desto näher er mir kam, desto mehr verstand ich Manuels damalige Situation. Denno roch noch süßer als alles andere. Ich würde es mit dem Geruch meines damaligen Lieblingsessen vergleichen. Er roch köstlich. Ein leichtes Kratzen in meinem Hals bildete sich bei diesem Duft.

"Ist das schön dich zu sehen." Denno drückte mich fest an sich. "Wie geht's dir?", fragte ich sofort. Denno ließ mich nicht los. "Gut. Ich wusste ja, was los ist. Nur das es so schnell ist, hätte ich zu Anfang nicht gedacht. Dann hat Manuel mir alles erklärt. Ich konnte es kaum abwarten, dich zu sehen. Du siehst echt krass aus." Nun streckte er mich auf Armlänge weg, hielt seine Hände aber auf meinen Schultern. "Super Krass." Ich hob eine Augenbraue. Ich wusste nicht, wie ich aussah. "Bin ich so hübsch?", fragte ich grinsend. Denno klappte seinen Mund auf. "Du hast ja mal voll die Hauer." "Hier." Manuel mischte sich in unser Gespräch ein und reichte mir einen kleinen Spiegel, der eigentlich an Dennos Wand hing. "Ich dachte, Vampire kann man im Spiegel nicht sehen." Stirnrunzelnd nahm ich den Spiegel. "Menschen sehen Vampire nicht. Wir können uns sehen." In dem Moment erblickte ich mich selbst im Spiegel. Ein blasser Patrick blickte mir entgegen. Meine braunen Augen waren fast Golden, drum herum die Adern, die auch bei Manuel so ausgeprägt waren. Unter meinen Augen waren dunkle Schatten zu sehen. Ich machte meinen Mund auf. Meine Zähne waren länger als vorher. Nicht so lang wie Manuels. Nicht so lang wie die der anderen Vampire. Aber länger als die von Andrea. "Unglaublich", murmelte ich. Mein aussehen war so anders. So ungewohnt. "Unglaublich sexy", kicherte Manuel. Denno lachte auf. "Ohja, das war unser Patrick aber schon immer." Ich lachte bei dem Kommentar. Denno setzte sich auf sein Bett und deckte seine Beine zu.

Manuel setzte sich in Dennos Sitzsack hinein. Nun stand ich dumm im Raum rum. Seufzend setzte ich mich auf Dennos Schreibtisch, nachdem ich paar Schulsachen beiseite geschoben hatte. "Wie geht's Papa?", fragte ich dann. Dennos Blick wurde traurig. "Er geht durch die Hölle. An deiner Beerdigung wollte er eine Rede für dich halten. Er hat's nicht geschafft, weil er so weinen musste. Hilde hat es dann übernommen. Selbst sie hatte Schwierigkeiten. Patrick, die ganze Klasse und paar aus der Parallelklasse waren auch da. Sogar unsere Lehrer. Das war so traurig." Denno knetete seinen Daumen und blickte ihn dabei an.

In meinem Hals bildete sich ein Kloß. Ich wollte nicht weinen. "Ich muss mit ihm reden", sagte ich mit zitternder Stimme. "Das geht nicht." Manuels Stimme war ernst. "Warum?" Verwundert schaute ich ihn an. Er ging in dem riesen Sitzsack fast unter. "Vampirregel. Du weißt doch, dass eigentlich kein Menschliches Wesen von uns wissen darf. Denno geht schon das Risiko ein. Niemand darf davon erfahren." "Aber wenn Denno das weiß, kann Papa das doch auch wissen." Ich sah zu Denno, der nur mit den Schultern zuckte und mit mir zusammen zu Manuel sah, der sich gerade ungeschickt aus dem Sitzsack befreite. "Es ist dein Vater. Wenn er wie du Enden soll, bitte. Aber nicht mehr heute. Wir sollten nach Hause. Einen Sonnenbrand willst du nicht haben. Glaub mir. Mach's gut Denno." Er klatschte ihm ein und öffnete danach das Fenster.
Ich rutschte vom Tisch runter und ging zu Denno. "Ich besuche dich ab und zu, ja?" Denno nickte. "Versprochen?" Ich lächelte breit. "Versprochen." Schnell umarmten wir uns. Dann flog ich rasch aus dem Fenster, in die Nacht hinein.

Leben als Vampir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt