Beginnende Reise

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Ganze zwei Nächte hatte ich in der Gruft verbracht. Ich hatte zusammen mit dem Obervampir alte staubige Bücher gewälzt, um herauszufinden, ob es eine Möglichkeit gäbe, meinen Blutrausch zu stoppen. 

Ich schämte mich sehr dafür, dass ich das hatte. Als Manuel mir ein Kaninchen brachte, welches vor Angst nur so gezittert hatte, war ich wieder dem Blut verfallen, hatte das Tier getötet und wollte dann aus der Gruft ausbrechen. Ich hatte Manuel angeschrien, ihn gegen die Wand geschubst. Und an das Monster, welches ich in diesen Augenblicken bin, kann ich mich nicht erinnern. Ich war froh, dass ich Manuel, oder den anderen, nichts schlimmeres angetan hatte. Gerade war er wieder auf der Suche, um mir etwas zu Essen zu bringen. Und ich hatte Angst davor. Jedes Mal auf neue, hatte ich Angst davor zu trinken. Angst Manu etwas anzutun.

"Hier", der Obervampir tippte auf eine Zeilen, in einem dicken Buch. "Da haben wir es." Damit riss sie mich aus meiner Gedankenstarre. "Was?", fragte ich verwirrt und kam zu ihr. Sie saß vor ihrem Sarg, wo das Buch drauf aufgeschlagen lag. Ich stellte mich hinter ihr und sah über ihre Schulter hinweg. "Der oberste Vampir, der Graf, muss eine heilende Kräutermischung anfertigen,", las sie vor. "Dracula?", fragte ich daraufhin nur. Der Obervampir nickte. "Du und Manuel sollten sich gleich Morgen auf den Weg machen. Der Graf wird euch in seinem Schloss empfangen und euch helfen." Sie stand auf und klappte dabei das Buch zu. "Seinem Schloss?" Ängstlich sah ich den Obervampir an. Gerade verstaute sie das dicke alte Buch. "Schloss Bran in Siebenbürgen. Es ist ein weiter Weg nach Rumänien. Aber das werdet ihr schaffen. Manuel hat schon öfter diese Reise auf sich genommen. Er wird dir zeigen, wo genau ihr am Tage unterschlupft suchen könnt vor den Sonnenstrahlen. Schlafen werdet ihr am Tage nicht können. Die Särge mitzunehmen wäre zu ansträngend. Ihr würdet nur einen schaffen." Ich setzte mich auf meinen Sarg, als sie mir das erzählte. Ich bekam es mit der Angst zutun. Würde am liebsten zu Denno fliegen oder zu meinem Vater, mit ihnen darüber reden. Doch das Risiko, dass ich sie angreife, war zu groß. Gerade bei Denno, der so gut roch. Schon ohne Blutrausch. Ich stellte meine Füße mit auf den Sarg und umschloss meine Beine mit meinen Armen, um meine Stirn auf meine Knie abzulegen. Das alles war zu viel für mich. Ich war noch so ein junger Vampir, der direkt so etwas erleben muss.

Und dann war es soweit. In der nächsten Nacht weckte Manuel mich am frühen Abend. Ich solle wach werden, das wichtigste zusammen packen. Etwas Kleidung, unsere Kissen. Er würde fliegen und mir etwas zu essen besorgen, damit ich im Flug nicht dem Hunger verfalle. 

Während er weg war, verpackte ich alles in zwei Taschen. Jeder würde eine bekommen. Sebastian wurde mittlerweile wach und wünschte uns viel Erfolg. Dann flog er. Nach und nach wachten alle auf, wünschten mir eine gute Besserung und uns viel Glück bei der Reise. Stephan, mein Mörder, gab mir die Hand und meinte zu mir, ich solle bloß Heile ankommen. Es machte mir Angst, dass alle so sprachen, als würde die Reise noch schlimmer werden als der Blutrausch.

Und als Manuel dann wiederkam, ich getrunken hatte, flogen auch wir in die Nacht hinein. 

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