Manuel kam die Stufen zur Gruft hinunter und sah mich und Monika hier sitzen. Monika rieb mir den Rücken, während ich noch immer auf den Boden starrte. Ich fühlte mich leer. "Was ist hier los?", fragte Manu in gut gelaunter Stimme. Erst als ich meinen Kopf zu ihm drehte, änderte er seine Mimik. Sein Lächeln sank nach unten und nun trug er einen besorgten Blick. "Was ist los?", fragte er dieses mal mit einem unterschwelligen traurigen Tonfall. "Ich lasse euch beide dann mal allein." Monika klopfte mir sachte auf die Schulter und ging dann an Manuel vorbei, der ihr verwirrt nachsah. "Hä?", fragte er und setzte sich neben mich auf den Sarg. Dorthin, wo seine Mutter bis eben noch gesessen hatte. Seinen Arm legte er um meinen Körper.
Ich seufzte. "Laut ihr nennt sich das Blutrausch. Und sie spricht mit dem Obervampir, damit ich das wegbekomme." Mein Blick heftete noch immer am Boden. Ich hörte nur, wie Manuel tief Luft holte. "Davon habe ich erst einmal gehört. Und für den Vampir, der das hatte, für den ging es nicht gut aus." Er zog mich an seine Schulter, sodass ich meinen Kopf an ihn lehnen konnte. Mit seiner einen Hand griff er nach meiner. Verträumt sah ich auf sie und fing an mit seinen Fingern zu spielen. "Nicht gut aus?", fragte ich nach. Manuel brummte. "Ihm wurde ein Pflock ins Herz gerammt." Er verschluckte sich fast bei seinen eigenen Worten. Und auch in meinem Hals bildete sich ein Kloß. Ich hatte mir das Vampirleben ganz anders vorgestellt. Aber das es nun vielleicht so endete? Ich bekam mehr Angst, als ich es eh schon hatte. Aber jetzt nicht mehr nur vor mir selbst. Sondern auch vor meiner Zukunft. "Monika meinte, man könnte das aus einem bekommen. Irgendwie was mit Transsilvanien." Ich schloss meine Augen, da sie schon wieder anfingen. Aber nicht trocken zu werden, sondern nass. "Ich werde dich begleiten, Schatz." Manuel rieb leicht über meine Seite, dort wo seine Hand lag. Ich lächelte leicht. "Danke." Dann rollte mir eine Träne aus dem Auge, leise über meine Wange.
Wir saßen noch eine Ewigkeit allein in der Gruft, hörten nichts bis auf einen Wassertropfen, der von der Decke in die Pfütze platschte. Erst, als Manuels Bruder Stefan die Treppe runterkam, unterbrach er die schöne Stille, die Zweisamkeit, zwischen Manu und mir. "Na ihr Turteltauben", sagte er guter Laune. Vermutlich kam er direkt vom Essen. "Es wird bald Hell." Er hängte seinen Umhang an den Haken. "Und ich bin müde und will schlafen. Macht eure Schweinereien bitte nicht hier." Stefan ging zu seinem Sarg und hob den schweren Deckel an. Manuel sah zu ihm. Ich sah zwar nicht sein Gesicht, aber ich konnte mir sein Blick gut vor Augen halten. Einen Blick, der gereizt war. Einen Blick, der Stefan umbringen könnte. Doch dann schüttelte Manuel den Kopf und stand auf. "Noch ist es etwas Hell. Darf ich dich noch mal nach draußen entführen?" Grinsend streckte er mir seine Hand hin. Ich musste kurz aufglucksen, nickte aber und nahm seine in meine Hand, sodass er mich leicht auf die Beine ziehen konnte. Dann sah er zu Stefan, der schon in seinem Sarg saß. "Damit du unsere Schweinereien nicht mitbekommst." Und dann gingen wir zusammen, Hand in Hand, die Treppe hoch, raus aus der Gruft.
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Leben als Vampir
FanfictionZweiter Teil von meiner Geschichte "Der Vampir" Es lohnt, den ersten Teil vor diesem hier zu lesen. Patrick, der Junge, der sich in einen Vampir verliebt hat und somit viele Risiken eingegangen ist, ist nun selbst einer der blutsaugenden Wesen gewor...