Papa

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Ich landete auf dem Dach unseres Hauses. Ich war nervös. Was Papa wohl denken würde, wenn er mich sieht? Wie er reagiert? Ob er überhaupt zuhause war? Hoffentlich fiel er nicht in Ohnmacht. Ich flog wieder hoch, zu meinem Fenster. Doch das Licht war aus. Allerdings erkannte ich gut, wie es in meinem Zimmer aussah. Genau so, wie ich es verlassen hatte. Mein Hals schnürte sich zu. Doch ich löste mich schnell von dem Anblick und flog zum Wohnzimmerfenster. Dort sah ich meinen Vater. Er saß auf dem Sofa und schaute Fernsehen. Er sah müde aus. Dennoch schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Ich hatte meinen Vater wieder. 

Schnell überlegte ich, ob ich klopfen sollte. Doch ich entschied mich dagegen. Ich flog zum Boden, ging zu Tür und klingelte. Mein Atem ging schnell, meine Beine schlotterten und meine Hände zitterten unkontrolliert. Selbst, als ich die Tür aufdrückte, schien es so, als hätte ich keine Kraft in den Armen. Und als ich mit den Fahrstuhl nach oben fuhr, bereute ich meine Idee. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich Papa in Ruhe trauern lassen hätte. Ich brachte ihn in Gefahr. Doch jetzt war kein zurück mehr. Der Fahrstuhl hielt und die Tür schob sich zur Seite. Ich trat aus dem Fahrstuhl und sah meinem Vater in die Augen. Sie waren aufgerissen, sein Mund stand weit offen. "Papa", murmelte ich und ging auf ihn zu. Meine Arme streckte ich leicht aus. Ich wollte ihn umarmen. Festhalten. Mit ihm zusammen weinen. "Das ist unmöglich", stammelte er jedoch nur. "Ich kann dir das erklären", sagte ich vorsichtig. Papas Augen wurden glasig. Er konnte nicht begreifen, was gerade passierte. "Ich lebe. Ich bin es wirklich. Kann ich reinkommen. Dann erkläre ich alles." Ich machte beruhigende Bewegungen mit meinen Armen. Papa sollte sich sicher fühlen. Und zu meinem Erstaunen, öffnete er die Tür weiter und ließ mich rein. 

Wir setzten uns auf das Sofa. "Wer bist du?", fragte Papa verwirrt. Seine Stimme zitterte. Ich konnte riechen, wie sein Blut durch sein Körper schoss. Er war aufgeregt und hatte Angst. "Paddy, dein Sohn. Ich bin nicht..." "Das ist nicht möglich. Mein Sohn ist tot! Er hatte einen Unfall!" Papa raufte sich sein Haar. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter. "Nein, hatte ich nicht." "Ich habe meinen Sohn tot im Sarg liegen sehen. Mach keine Späße mit einem Mann, der sein einziges Kind verloren hat." Papa sah mich nicht an, doch ich konnte hören, dass er weinte. "Ich bin ein Vampir, Papa. Manuel war ein Vampir, den ich kennengelernt habe. Ich weiß, das hört sich alles komisch an. Aber es ist Wahr. Ich hatte das Gift von Manuel in mir, weil ich ihm mein Blut gegeben hatte, als er in Not war. Und das hat seine Familie mitbekommen und dann wurde ich umgebracht. Papa, ich bin am Leben." Ich legte meine Hand auf sein Knie. Jedoch zuckte er nur von mir weg. "Das ist unmöglich." Ängstlich sah er mich an. "Frag mich was, was nur ich wissen kann." Ich wollte, dass Papa begriff, dass ich, sein Sohn, vor ihm saß. Das er nicht mehr traurig sein musste. 

Papa stammelte. Erwartungsvoll wartete ich darauf, dass er was fragte. "Was habe ich dir zu deinem sechsten Geburtstag geschenkt?" Mit der Frage hatte ich nicht gerechnet. Ich ging meine Geburtstage in meinem Kopf durch. Schnell ratterten sie an mir vorbei. "Die Lego Basketball Halle", antwortete ich dann. Papa sah mich an, dann streckte er seine Arme aus, weinte los und umarmte mich. Er weinte bitterlich in meine Schulter hinein. So verletzt hatte ich ihn noch nie erlebt. Doch es war klar. Er hatte seinen Sohn wieder. 

Leben als Vampir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt