Das Aufwachen

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Ich schlug meine Augen auf. Sofort verspürte ich ein unbehagliches Gefühl. Ich lag auf etwas gepolstertes. Alles um mich war schwarz. Ich hob meine Arme, ertastete aber nur, dicht an meinem Körper, Holz. Ich riss die Augen auf. Ich tastete weiter. Genau über meinem Gesicht. Holz. An meinen Seiten. Holz. Ich war in einem Sarg. 

Panik stieg in mir auf. Es roch nach Erde. Aber auch nach dem Sarg. Ich schlug gegen den Deckel des Sarges. Doch die Tonnen Erde über mir hielten ihn zu. Ich war gefangen. Allein würde ich es nie raus schaffen. Ich musste warten, bis jemand mich rausholte. Ich kniff die Augen zu und lauschte. Doch ich hörte nichts. Spüren tat ich nur das Kratzen in meinem Hals, als hätte ich seit Tagen nichts getrunken. Im Hochsommer. Noch dazu tat mir der Nacken weh. Ich versuchte mich zu Erinnern. Doch in meinem Kopf tat sich nichts. Ich wusste nicht mehr genau, was passiert war. Nur noch, dass ich auf dem Friedhof erwischt wurde. Und dann das hier. Ich schlug nochmal gegen das Holz. Doch es passierte nichts.

Ich fing an zu wimmern. "Hilfe!" Es würde mich doch eh niemand hören. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu beruhigen. Dann brannte mir plötzlich was in der Nase. Es roch stark nach Eisen. Dennoch süß. Das müsste ein Mensch sein. Über mir. Ich rümpfte die Nase. Das Kratzen in meinem Hals wurde stärker. Langsam strich ich mit meinen Fingern über die schmerzende Stelle. Wenn dort Menschen waren, würden die mich rufen hören? "Hilfe!", schrie ich also nochmal. Doch das Brennen in meiner Nase wurde schwacher. Der Geruch weniger. Die Menschen gingen. Es war vermutlich Tag. Eine Träne rollte mir aus dem Auge. Vielleicht wurde es bald Nacht. Vielleicht würde der Vampir, mein Freund, mich dann aus dieser misslichen Lage holen. 

Ich wartete und wartete. Bewegen konnte ich mich nicht. Es war Eng. Das Einzige was ich bewegen konnte, waren meine Arme. Aber nicht viel. Mein Kopf drehte ich nach rechts und legte ihn leicht auf meiner Schulter ab. Ich versuchte zu lauschen, ob sich über mir was tat. Doch es blieb still. Auch stieg mir nicht mehr der Geruch von Eisen in die Nase. Ich war verzweifelt. Was ist, wenn ich ganz wo anders Beerdigt wurde und Manuel mich nicht fand, um mich rauszuholen? Und mein Vater? Vielleicht war er es, den ich gerochen hatte. Vielleicht besuchte er mein Grab, weil er mich vermisste. Ich fing an zu schluchzen. Er hatte sein Kind verloren. Sein einziges Kind. Ich musste zu ihm, wenn ich hier raus käme. Das war das Erste, was ich vorhatte, wenn ich endlich hier raus bin. Ich wollte nicht, dass er wegen mir leiden musste. 

Denno wusste sicherlich, was passiert war. Ob er Papa eingeweiht hatte? Bestimmt nicht. Ich presste meine Lippen aufeinander. Ich stellte mir vor, wie er in meinem Zimmer saß, den Blick auf mein Kopfkissen, über welches er langsam strich. Dabei trug er ein schmerzerfülltes Gesicht. Schmerzen, die aus Trauer bestanden. Ich schluchzte auf. Ich fühlte mich grausam, weil ich auf den Friedhof gegangen war. Weil ich mein Leben aufgegeben hatte. Nicht mit Absicht, aber ich hatte es vorgehabt. Und nun war es soweit. Und ich bereute es zutiefst.

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