Kapitel 31

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,,Sander", brülle ich durch das ganze Haus. Er ist ein Vampir, also muss er mich doch eigentlich hören oder? Es sei denn er will mich einfach nicht hören, oder er ist mit Jeremy gegangen. Na gut, alle guten Dinge sind fünf, also brülle ich noch mal ganz laut seinen Namen durch das Schloss und schließlich kommt er genervt aus seinem Zimmer, die blonden Haare völlig zerzaust und nur in Boxershorts. Ich rümpfe meine Nase und sehe weg. Es ist mehr als nur offensichtlich womit er gerade eben beschäftigt war. Das arme Mädchen!

,,Was ist los? Ich bin beschäftigt, falls du das nicht siehst", faucht er genervt und führt sich durch die Haare, um sie wieder etwas in Ordnung zu bringen. Und tatsächlich, nachdem er zwei Mal durchgefahren ist liegen sie wieder perfekt. Was läuft nur mit meinen Haaren schief?
Erwartungsvoll sieht er mich an, da ich immer noch nichts gesagt habe und die Ungedult ist ihm anzusehen.

,,Wusstest du von Jeremys Plänen?", frage ich scharf und sehe ihm böse an. Wenn er davon etwas weiß, dann werde ich ihn schlagen. Mehrfach!

,,Welche Pläne? Jeremy ist der König und macht viele Geschäfte, da musst du schon etwas genauer werden", stöhnt er und verdreht die grauen Augen.

Wieso ist er so genervt? Hat er den Sex so nötig? So lange wie er schon lebt muss das doch mittlerweile fast langweilig sein oder? Leider habe ich absolut keine Ahnung von diesen intimen Dingen. Ich kenne nur die Küsse und alle andere von Jeremy und mir, doch wirklich intim waren wir noch nie. Also kann es durchaus sein, dass der Sex süchtig machen kann und ich so wie Sander ende. Eine komische Vorstellung!
,,Was weißt du über seine Pläne nach Australien zu reisen und den fehlenden Teil der Prophezeiung zu finden?"

Seine nachfolgende Reaktion ist nicht das was ich erwartet habe. Ich habe erwartet das er natürlich davon weiß, immerhin ist Sander sein Bruder. Doch die sturmgrauen Augen verengen sich und im nächsten Moment befindet sich ein großes Loch in der Wand neben ihm. ,,DIESER VERDAMMTE IDIOT!"
Erschrockem zucke ich zusammen, als er beginnt das ganze Haus zusammen zu brüllen.
,,Das kann er doch nicht Ernst meinen oder? Wieso sagt er mir das denn nicht verdammte scheiße nochmal? Wieso redet er nicht mit mir? Wann ist er weg?"

,,Gerade eben erst", hauche ich und starre zu Boden. Ich bin so erschöpft von all den Dingen, die mir in der letzten Zeit passiert sind. Vor Kurzem war alles noch so einfach, mein Leben war so verdammt langweilig und es ist nie etwas passiert. Doch jetzt passiert beinahe schon zu viel und ich habe viel zu lange nicht mehr an meine Familie gedacht, weswegen ich mich sofort schlecht fühle. Ich bin schon so lange hier, keine Ahnung wie lange genau, denn ich habe jedes Zeitgefühl verloren. Ob heute Montag ist oder auch Freitag, ich weiß es nicht. Wie das wohl ablaufen wird wenn Jeremy eine Möglichkeit findet mich zurück zu schicken? Wird er mich manipulieren ihn zu vergessen? Aber ich liebe ihn doch und will mit ihm zusammen sein, doch wie soll das funktionieren?
Mein Kopf dröhnt von den ganzen Fragen. Wo ist der Ausschalter, wenn man ihn mal braucht? Sowas wäre wirklich mal nützlich.

Seufzend fährt sich Sander über sein Gesicht. ,,Jeremy, du bist so ein dämlicher Idiot".

,,Wo ist dieses Australien? Wann können wir ihn zurück erwarten?"

Sander starrt mich kurz an, bevor Verständnis den Platz in seine Miene einnimmt. ,,Ich vergesse immer das dieses Wissen aus den Köpfen der Menschen gelöscht wurde. Australien ist das größte Königreich der Malumer. Sie haben vor etwa vierhundert Jahren alle Menschen des Kontinents getötet oder verwandelt und ihn zu einer beinahe uneinnehmbaren Festung gemacht. Daher kommt die größte Bedrohung der Malumer".

Ein Kontinent, der nur den Malumern gehört? Uneinnehmbare Festung? Will er mit damit etwa die Angst nehmen? Denn damit hat er genau das Gegenteil erreicht und mir noch viel mehr Angst eingejagt. Wie soll Jeremy es schaffen da einzubrechen und die Prophezeiung zu stehlen? Wenn es um einen ganzen Kontinent voller Malumer geht, dann hat er doch keine Chance mit nur ein paar seiner Leute da einzubrechen. Wie kann er nur so leichtsinnig sein? Wütend wische ich mir die Tränen weg, denn Weinen bringt jetzt auch nichts mehr. Er ist weg und ich kann jetzt nur hoffen, dass es er schaffen wird zurück zu kommen. Mir ist es nur wichtig das es lebend zurück kommt, wenn auch ohne die Prophezeiung. Die ist mir niemals so wichtig wie Jeremys Leben. ,,Und jetzt? Sollen wir einfach warten, bis wir seine Leiche vor der Schutzmauer finden oder er gar nicht mehr zurück kommt? Wie soll ich das verkraften Sander?"

Der Bruder meines Seelenverwandten verzieht das Gesicht. ,,Mein Bruder ist stark, er wird das schaffen. Doch ausgerechnet jetzt wo wir wohl eine Lösung gefunden haben... Man, wieso hat er nicht noch kurz gewartet".

,,Was für eine Lösung?", frage ich, entschlossen mir diese anzuhören.

,,Wir haben ein Buch gefunden, welches die Prophezeiung beinhaltet. Allerdings in einer Sprache, von der er und auch ich noch nie gehört haben. Jeremy Freund hat dieses vor ein paar Minuten dieses Buch vorbei bringen lassen von Elisa", erklärt Sander und kratzt sich am Nacken.

Sofort werde ich wieder wütend und schreie ihn an. ,,Und da schläfst du erst mit diesem Mädchen, anstatt zu Jeremy zu gehen und ihm dieses Buch zu geben? Das kann doch nicht sein Ernst sein oder?"
Damit hätten wir Jeremy aufhalten können. Wir kann ihm der Sex wichtiger gewesen sein?

,,Es tut mir leid. Ich wusste nichts von seinen Plänen Kayla und hätte das etwas ernster nehmen sollen. Das kann ich jetzt nicht besser machen, aber ich werde mich gleich auf die Suche nach ihm machen". Was? Er will jetzt auch noch gehen? Hat er denn kein Wort verstanden von dem was ich gesagt habe?

,,Du verstehst es nicht oder? Ich möchte nicht das irgendjemand sich wegen mir in Gefahr begibt und dabei möglicherweise verletzt oder getötet wird. Du wirst auf keinen Fall gehen Sander", fauche ich entrüstet und will ihn wegen seiner Dummheit schlagen, aber er hält meine Hand rechtzeitig fest und lächelt leicht.

,,Na schön Prinzessin! Komm ich zeige dir das Buch". Er zieht mich in die Bibliothek, wo ein uralten und extrem dickes Buch auf dem Tisch liegt. Sander zieht sich Handschuhe an und blättert vorsichtig durch die Seiten. ,,Wieso muss dieses Buch nur so dick sein?...Ah da ist es ja! William konnte uns nur die Seiten nennen wo sie steht, aber hat noch niemanden gefunden, der diese übersetzen kann. Die Sprache ist keinem von uns bekannt, aber wir werden schon jemanden finden".

Ich werfe einen Blick auf die alte Seite, die schon leicht braun geworden ist und an den Seiten bröselt es bereits ab. Die Seite ist überfüllt mir Zeichen, die ich noch nie gesehen haben. Alles was ich da erkennen kann ergibt überhaupt keinen Sinn für mich. Vielleicht sind es alte Runen oder eine Vikingerschrift, keine Ahnung.

Den ganzen Tag sitzen wir in der Bibliothek und versuchen eine Übersetzung zu finden. Dazu durchsuchen wir gefühlt alle Bücher mit anderen Sprachen, aber keine Sprache ist zu erkennen. Auch als wir versuchen die Sprachen zu mixen finden wir nichts heraus. Das kann doch nicht wahr sein oder?
Verzweifelt fahre ich mir zum rund hundertsten Mal durch die Haare, die dadurch nicht mehr sonderlich frisch aussehen. Um 23 Uhr gibt Sander schließlich auf und sagt, dass wir morgen weiter arbeiten werden. Wir können beide nicht mehr klar denken, da ist es besser morgen frisch und ausgeruht weiter da ran zu gehen.

Völlig erschöpft stelle ich mich unter die Dusche und wasche mich schnell, bevor ich mich in mein leeres Bett fallen lasse. Jeremy fehlt mir jetzt schon, eine Nähe, seine Wärme, einfach alles an ihm. Wie lange er wohl weg sein wird? Ich will lieber gar nicht dran denken.
Mit Mühe und Not schaffe ich es schließlich einzuschlafen und nicht von Jeremy zu träumen.

Als ich das nächste Mal die Augen öffne bin ich einen Moment lang komplett verwirrt. Meine Füße sind eiskalt, ebenso wie der Rest meines Körpers. Zitternd schlinge ich meine Arme um meinen Körper und sehe mich orientierungslos um. Bin ich in der Bibliothek? Ja, eindeutig, die vielen Regale mit Büchern sprechen für sich. Ich sehe nach unten. Vor mir steht der große Tisch an dem Sander und ich vorhin gearbeitet haben. Die Seite mit der Prophezeiung ist aufgeschlagen und die unsagbaren Worte scheinen auf einmal einen Sinn zu geben. Meine Sicht verschwimmt kurz und die Worte in meiner Sprache springen aus den Zeichen dieser sonderbaren Sprache heraus. Meine Augen fokosieren sich darauf und ich versuche nicht, aus Angst, das die Worte wieder verschwinden.

Diejenige, die den höchsten Herrscher bezwingen wird, wird die sein, die das Herz des schwarzen Löwen erobert.

Die Macht ihres Todes wird die Erlösung sein!

MalumerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt