- Und dabei wollen wir doch alle dasselbe. Geliebt zu werden. -
,,Scheiße, Davis", rief ich mit weit aufgerissenen Augen und starrte ihn entsetzt an. Wäre die Cafeteria nicht gähnend leer gewesen, hätten sich womöglich alle zu mir umgedreht. Auch Davis schien verwirrt zu sein. Jedenfalls sah er mich plötzlich mit einer Mischung aus Angst, Verwirrung und absoluter Verzweiflung an. Keine Ahnung, warum es mir so unnormal Spaß machte seine Gesichtszühe zu beobachten und zu deuten. Bei ihm waren sie einfach übernatürlich lustig, selbst, wenn er sie ernst meinte. Immernoch sprach aus seinen Augen die Überraschung und auffordernd starrte er mich an.
,,Ich glaub, ich habe noch nie so etwas leckeres zum Frühstück gegessen", meinte ich, wartete kurz, bis sein Gesichtsausdruck zu einem empört, belustigten und vor allem erleichterten wechselte, bevor ich leise anfing zu lachen.
,,Oh, bitte Loucy. Erschreck mich doch nicht so", entgegnete er und ließ die Gabel voller Rühei, welche seit meinem Ausruf bestimmt eine halbe Minute in der Luft vor seinem Mund verharrt war, zurück auf den Teller fallen. Ich schluckte schnell den Bissen meines Rühreis herunter, damit ich mich beim Lachen nicht noch mehr verschluckte, als ich es ohnehin schon tat. Aus einer Mischung aus lachen, husten und den Kopf schüttelnd, beruhigte ich mich langsam wieder und flüsterte mit kratzenden Stimme: ,,Tut mir leid." Davis schob sich nur empört grinsend das Rührei in den Mund.
,,Und warum fällt dir das erst jetzt auf?", fragte er, als sein Mund wieder leer war und ich den heißen Kakao ausgetrunken hatte. Echt unglaublich, was die in der Küche alles vorbereiteten, wenn ein gutaussehender Krebspantient, damit meinte ich Davis, zu ihnen herüber spazierte und ihnen von der schwachen Krebspatientin, mir, Loucy Avens, erzählte und die Leute durch seine strahlenden Augen ansah und sie bat, mir einen heißen Kakao zu zu bereiten. Ich hatte alles aus sicherer Entfernung beobachtet und mich schon von da an prächtig amüsiert.
,,Keine Ahnung", entgegnete ich. ,,Das hab ich mir die letzten Tage immer gedacht, aber es noch nie wirklich ausgesprochen", meinte ich schulterzuckend und überlegte, wie oft ich nun schon mit Davis in den letzten Tagen Rührei gefrühstückt hatte. Es waren genau vier Mal. Heute das fünfte Mal. Und ich bereute es mehr als alles andere, dass ich Davis nicht früher kennen gelernt hatte. Ihn und dadurch das Beste, das ich seit langem, besser seit ewig, gegessen hatte.
,,Wo warst du denn bitte dein ganzes Leben lang essen? Ich meine hast du jemals beim Lieferservice bestellt. Oh Gott, die machen die besten Pizzen der Welt", fragte er und zog die Rechte Augenbraue dabei ein kleines Stücken weiter nach oben, als die andere. ,,Also ich muss zu geben, das Essen hier ist nicht übel, aber ganz bestimmt nicht das Beste der Welt."
,,Ich war nirgendwo wirklich essen." Ich zuckte mit den Schultern, denn ich hatte befürchtet, dass Davis, anders als ich sehr an meiner Lebensgeschichte interessiert wäre. Ich hasste es aus meinem Leben zu erzählen. Und mal ehrlich, was gab es da auch groß zu erzählen. Klinik, Klinik und vielleicht noch ein drittes mal Klinik.
Als ich nicht fortfuhr, starrte er mich nur auffordernd an.,,Gott Loucy. Sag nicht, dass das ernst gemeint war. Bist du nie weggefahren?", rief er nach ein paar Sekunden, in denen ich möglichst versuchte hatte seinen Blicken aus zu weichen.
,,Naja, es gibt einfach nicht viel zu erzählen. Ich bin seit über acht Jahren nicht mehr verreist. Mit neun das letzte Mal. Ich bin mit Mum nach Montana zu ein paar ihrer Verwandten geflogen. Keine Ahnung, welche Cousinen dritten Grades das sind. Ich habe keine große Familie. Aber keiner außer mir und meiner Mum lebt hier in Kalifornien." Bitte, da hatte er was er wollte. Mehr Informationen, als es mir eigentlich lieb war.
Ich hatte das Gefühl, dass er nicht wusste, was er darauf reagieren sollte. Hinter seinem Kopf schien es zu rattern, als versuche er den Grund für meine mangelnden Reiseerlebnisse mit dem Grund, weshalb ich war, zu kombinieren.
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Herzenskämpfer
Teen Fiction»Wenn jeder Atemzug zu einem Geschenk wird« Seit sieben Jahren leidet Loucy an Leukämie. Ihr halbes Leben lang kämpft sie mit dem Tod. Ihre Kraft und ihr Glaube daran, gesund zu werden, sind längst verblichen. Dann trifft sie auf Davis. Ein Tumor, d...