vierundzwanzig

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- Eine Kämpferin -

Die Sonne war mittlerweile Untergegangen. Auf meiner Schulter lag Davis schwere Jacke. Nicht weil ich wirklich fror - vielmehr, weil er darauf bestanden hatte. Ein Klischee, aber ich ließ es zu.
Mein Kopf lag an Davis Schulter. Gemeinsam liefen wir die ruhigen Straßen von San Francisco entlang.
Mein Blick war auf die Sterne gerichtet. Auf den wirklichen Sternenhimmel und musste zugeben, dass er den im Restaurant noch um einiges übertraf. Der Gedanke an die Unendlichkeit. Die weiten der Galaxie. Und jeder einzelne Stern war ein Teil von ihr. Unglaublich.

Mit übermäßig gefülltem Magen seufzte ich tief. Tatsächlich hatte ich meinen Burger bekommen, auch, wenn ich bis zur letzten Sekunde daran gezweifelt hatte. Und Davis hatte Recht. Er war unglaublich, so lange ich nicht auf die Rechnung sah. Neben den Hamburgern, einem Dessert, welches aus göttlichem Schoko Mousse, einem Mini Törtchen und Vanille Eis bestand, hatte Davis darauf bestanden uns Champagner zu bestellen.
Ich wusste nicht, ob ich das überhaupt durfte. Abgesehen von meinem Alter, lag meine Chemotherapie nicht weit zurück. Ich hatte mich nie erkundigt, ob es mir meine Gesundheit überhaupt erlaubte, etwas zu trinken. Bislang hatte ich allerdings auch weder Anlass, noch Interesse, dies nachzufragen. Doch was sollte mir dieses Glas schon anhaben?
Ehrlich gesagt, ich würde mich wohl auch in Zukunft nicht danach erkundigen. Denn er schmeckte nicht annähernd so gut, wie viel er gekostet hatte. Er war säuerlich und noch Minuten später hatte ich ein ständiges Prickeln im Mund.

Jetzt war ich einfach nur noch voll und glücklich. Und dankbar für diesen wundervollen Abend.
Nach dem Essen hatte ich Davis mein Geschenk gegeben. Ich musste mit mir kämpfen, um mich nicht schlecht zu fühlen. Doch er hatte sich gefreut. Und das glaubt ich ihm. Denn einen so dankbaren und erfüllten Blick könnte nur jemand haben, der gerade im Lotto gewonnen hatte. Und wenn man mein, praktisch kostenloses Geschenk damit verglich, war das die größte Ehre, die man bekommen konnte.

Wir hatten eine ganze Weile über das Polaroid Bild gelacht, als er es hinter seine durchsichtige Handyhülle geklemmt hatte. Das kleine Röhrchen hatte er in seiner Jackentasche verstaut und geschworen, es für immer bei sich zu tragen.
Dann hatte Davis versprochen, dass wir noch eine Weile durch die Straßen gehen würden und uns die Lichter ansehen könnten. Die echten Sterne. Wie ich es mir gewünscht hatte.

,,Warum muss es eigentlich in jedem Film ein Happy End geben? ", meinte ich plötzlich, als ich an das furchtbar schnulzig Ende des Kinofilms denken musste und strich mit dem Daumen über seine weiche Hand, die ich noch immer gedrückt hielt. Davis überlegte eine Weile.

,,Weil es sich die Menschen mehr als alles andere wünschen. Ich meine die meisten Menschen würden nicht mal in den Film gehen, ohne, dass ein Happy End in Sicht ist."
,,Aber es ist nicht die Realität", gab ich leise, jedoch mit Nachdruck zurück. Ich spürte seine Körperwärme, obwohl ein angenehmer Wind meine Haare immer wieder in mein Gesicht wehte.
,,Die echten Geschichten enden nicht immer mit einem. Die Menschen spielen sich etwas vor. Ihnen ist egal praktisch, worum es in dem Film geht, hauptsache er endet gut. Die Hauptcharaktere sind glücklich, die Bösen sind gefangen und wenn es gut kommt herrscht perfekte Harmonie zwischen allen Personen. Ich meine welche Geschichte endet wirklich in dieser Harmonie. In dem Film zum Beispiel. Milly und Jasper kommen zusammen, alle Konflikte sind geklärt und Haralds Mörder steckt hinter Gittern. Aber mal ehrlich, was soll danach passieren. Die beiden sind 20. Soll ihre Liebe wirklich bis zum Tod anhalten? Es ist doch praktisch vorbestimmt, dass Jasper mindestens eine Affäre haben wird. Mit der Blonden zum Beispiel - diese Caitlin. Und mit einem Wimpernschlag ist die Harmonie vorbei. Tolles Happy End. Nur, dass wir es nie zu Gesicht bekommen." Ich holte tief Luft. Es war fast so, als würde mich diese ganze Sache aufregen, ja fast schon wirklich wütend machen. Vielleicht war ich einfach neidisch darauf. Ich wollte so ein Happy End. Aber ich wusste, dass dies nie passieren würde. Ich würde sterben, ohne meinem Vater verziehen zu haben, meinen Vaterersatz würde ich auch nie Wieder sehen, vielleicht nicht mal mehr meine Mum. Ungeküsst und ohne jemals das leben eines Teenagers gelebt zu haben würde ich irgendwann diese Welt verlassen. Aber das war okay, ich hatte mich damit abgefunden. Denn allein das war die Realität.

HerzenskämpferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt