- Auf irgendeine Weise scheint mich dieses Schicksal glücklich zu machen -
,,Davis braucht eine Strahlentherapie."
Das war der erste Gedanke, der mir in den Sinn kam, als ich die Augen aufriss. Genau so, wie die letzten drei Tage nachdem ich aufgewacht war.
Der Kampf war noch nicht vorbei.
Heute war Montag. Der erste Tag der Therapie.
So sehr ich auch versuchte, mir seine Worte zu Herzen zu nehmen und mich zu entspannen, gelang es mir nicht. Ich wusste, dass uns dadurch mehr gemeinsame Zeit blieb. Dennoch würde ich all diese Zeit dahin werfen, wenn er diesen ganzen Mist nicht durchmachen müsste.
Bei mir selbst wurde nie eine Strahlentherapie durchgeführt. Bislang wirkten sich die Leukämiezellen nur auf mein Blut und mein Knochenmark aus.
Wenn möglich sollte es dabei auch bleiben. Denn darauf, dass irgendwelche leukämische Blasten mein Gehirn befielen, konnte ich wirklich verzichten.Ich dachte an Cath. Auch, wenn wir nie wirklich über unsere Krankheit gesprochen hatten, wusste ich natürlich jeden Tag, wie es ihr ging. Ich wusste, dass ihre Überlebenschance von Tag zu Tag geringer wurde. In meinem Klinikflügel waren die meisten Leukämie Patienten. Zum größten Teil hatten sie alle ALL, wie die meisten jungen Patienten. Nur sehr wenige hatten in diesem jungen Alter Lungenkrebs, weshalb die gerade mal drei Patienten in meiner gesamten Zeit hier, ebenfalls in unserem Flügel untergebracht waren. Eine davon war Cath.
Sie hatte jedoch nicht nur Lungenkrebs, als Folge des Rauchens sondern zusätzlich litt sie an COPD, einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, die ihr eine Operation unmöglich machte, da sie vermutlich daran gestorben wäre. Darum versuchten sie es zum Schluss mit einer Strahlentheapie, obwohl der Krebs zu diesem Zeitpunkt bereits sehr weit ausgeprägt war. Kaum nach dem Abschluss dieser Therapie war sie gestorben. Ich erinnerte mich noch genau an ihre müden Augen und ihre blasse Haut während dieser Zeit. So wollte ich Davis nicht erleben. Schwach und hilflos. Ich seufzte tief und richtete mich in meinem Bett auf.Mit schweren Schritten lief ich zum Fenster, zog die Vorhänge beiseite und öffnete das Fenster, um frische Luft herein zu lassen. So hatte ich es die letzten Tage getan. Es tat gut in die Natur zu sehen, auch wenn der graue Parkplatz nicht weit hinter den grünen Bäumen hervor blitzte.
Ich holte tief Luft, ließ meine Lungen von dem frischen Morgenwind durchströmen. Dann zog ich mir meinen Mantel an, schlüpfte in die Hausschuhe und lief zu Davis Zimmer. In drei Stunden würde die erste Bestrahlung stattfinden und ihre hatte versprochen, ihn vorher zu besuchen. Leise klopfte ich an seiner Tür, wartete nicht auf eine Antwort, sondern schlüpfte schnell hindurch.,,Guten Morgen", begrüßte ich ihn und trat an sein Bett. Wie immer war er gerade dabei, auf seinem Handy herum zu tippen. Als er mich bemerkte ließ er es in seinen Schoß sinken und machte mir Platz auf der schmalen Matratze. Ich lächelte nur und legte mich zu ihm. Meine Stirn lehnte ich an seine Schulter.
,,Morgen." Er drückte mir sanft einen Kuss auf den Scheitel und strich mit den Fingern über meinen Handrücken.
,,Hast du Angst?", flüsterte ich, versuchte mit den Augen seinen Ausdruck zu erahnen. Ich spürte, wie er mit dem Kopf schüttelte. ,,Sollte ich das?" ,,Nein, ich denke nicht", hauchte ich, fast lautlos. Danach schwiegen wir. Ich hörte seinen Herzschlag, spürte seine Körperwärme. So sicher hatte ich mich lang nicht gefühlt. So sicher und zugleich hilflos.,,Versprichst du mir etwas?", fragte ich schließlich und drehte mich auf die Seite, um ihn anzusehen. ,,Ich will, dass du stark bleibst, okay. Ich weiß, dass es nicht immer angenehm ist, dass du Schmerzen haben wirst. Aber...wenn dein Geist zerbricht, zerbrichst du auch. Und ich weiß nicht, ob ich das verkraften kann." Er entgegnete ein lautloses Lachen.
,,Du mit deiner Ausdrucksweise." Ich rollte mit den Augen. ,,Das meine ich ernst. Ich habe einfach Angst, dass...", ich hoffte, dass meine Stimme nicht hysterisch klang.
,,Versprochen", antwortete er, ohne mich ausreden zu lassen. ,,Aber...", versuchte ich mich zu beschweren. Ich war mir sicher, dass er mir nicht Mal richtig zu gehört hatte.
![](https://img.wattpad.com/cover/171425299-288-k171247.jpg)
DU LIEST GERADE
Herzenskämpfer
Roman pour Adolescents»Wenn jeder Atemzug zu einem Geschenk wird« Seit sieben Jahren leidet Loucy an Leukämie. Ihr halbes Leben lang kämpft sie mit dem Tod. Ihre Kraft und ihr Glaube daran, gesund zu werden, sind längst verblichen. Dann trifft sie auf Davis. Ein Tumor, d...