neunundzwanzig

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- Ich verspreche dir, dass ich bleibe, egal was passiert. -

Die Tage verstrichen endlos, bis endlich Freitag war. Das Einzige, was ich tat, war den ganzen Tag im Bett zu liegen. Ich skypte Nachmittags mit Cara und Mason, gleich nachdem sie aufgestanden waren. Sie sagten, dass Spanien großartig sei. Bis auf die Zeitumstellung hatten sie sich unglaublich schnell an das Land gewöhnt. Sie schickten mir immer mehr Bilder und erzählten stundenlang von ihren Ausflügen. Ich brauchte diese Ablenkung und sie tat wirklich gut. Zugleich konnte ich jedoch einfach nicht stillsitzen. Ich hatte mich so sehr an die vergangenen Wochen gewöhnt. Daran herum zu laufen, etwas zu unternehmen. Jetzt war niemand da, mit dem ich etwas machen konnte.

Darum war ich wirklich erleichtert, als es schließlich Freitag war. Ich würde Davis wiedersehen. Er hatte mir jeden Tag geschrieben, doch das war einfach nicht dasselbe. Es war so komisch, wenn man jeden Tag mit einer Person zusammen war und so plötzlich getrennt wurde - ja, das plötzlich, war wirklich mehr als überraschend.
Er hatte mir jeden Abend erzählt, wie nervig es zu Hause war. Zwar ließ sein Vater ihn am Morgen im Bett, doch gleich nach dem Mittag, nahm er ihn mit in die Firma, um irgendwelche Vorbereitungen zu treffen. Immerhin nahm er seine Tabletten und er versprach mir jedes mal hoch in heilig, dass es ihm gut ginge, egal, wie anstrengend die Tage für ihn waren. Er schrieb mir auch, wie glücklich Ruby war, dass er zurück war. Sie hatte ihm viele Fragen gestellt, darüber was er hatte und wie es ihm ging. Ich konnte mir vorstellen, dass sie sich nicht getraut hatte, ihren Vater zu fragen. Sie hatte sich erkundigt, ob er sie vermisst hatte und Davis schrieb mir, dass er seiner Schwester von mir erzählt hatte und sie mich unbedingt kennen lernen wollte. Diese Nachricht zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. Sogar Scott hatte sich bei Davis gemeldet. Mit einem knappen:

Hey, Dave, alles klar. Mum hat gesagt, du warst im Krankenhaus. Sollen Lindsay und ich am WE vorbeikommen? College ist stressig.

Immerhin hatte er sich überhaupt gemeldet, dachte ich. Doch dann erzählte Davis mir, dass er dieses Angebot dankend abgelehnt hatte und er schrieb, wie diese Besuche meistens aussahen.
Scott kam mit seiner Verlobten in seiner Luxus Karre angerauscht, bei dessen Erwähnung Davis mir geschworen hatte, dass sie noch viel teuerer gewesen sein muss, als seine. Scott schwärmte davon, wie gut das College lief und, dass er und Lindsay sich schon bald räumlich vergrößern wollten. Nebenbei bemerkt lebten sie bereits in einer riesengroßen Penthauswohnung mit viel zu viel Platz für zwei Personen. Und darauf, dass sein Bruder mit seinem perfekten, sorgenfreien Leben angab und sich nicht den Dreck um irgendwas anderes scherte, hatte Davis nun wirklich keine Lust.

Dr.Cartney klopfte an der Tür und trat freundlich ein. ,,Blutwertuntersuchung", reif sie fröhlich, als wollte sie verkünden, dass ich im Lotto gewonnen hatte. Ich rollte mit den Augen. ,,Schon wieder?" seufzte ich. ,,Davis kommt heute an, ich habe versprochen, ihn vor dem MRT in der Eingangshalle abzufangen", versuchte ich sie zu überzeugen. An meinen Blutwerten hatte sich die letzten zwei Monate nichts geändert. Warum war das ganze also auf den Tag genau so wichtig?

,,Loucy, du weißt wir haben einen strikten Plan, den wir einhalten wollen. Wenn die nächsten drei Untersuchung weiterhin so gut ausfallen, müssen wir die Werte nur noch alle ein bis zwei Monate nehmen." Ich rollte mit den Augen, krempelte meinen Ärmel nach oben und legte meinen Armbeuge frei. ,,Dann mach bitte schnell", murmelte ich ungeduldig und schloss automatisch meine Augen. Auch nach so zahlreichen Blutabnahmen in meinem Leben, hasste ich es nach wie vor zu sehen, wie mein Blut langsam in das kleine Gefäß floss.
An solche Dinge gewöhnte man sich wohl nie.

•••

Ich hastete den Flur entlang, nicht ohne, dass bei dem Kafeeautomaten, verdrängte Erinnerung an Mr.Halter in mir hochkamen.
Außer einer Mutter, die versuchte ein nörgelndes Kleinkind zu beruhigen, war es in der Eingangshalle gähnend leer. Glücklicher weise saß Elly an der Rezeption. Eine liebevolle alte Dame, die es eigentlich allen Recht machen wollte. Die Einzige, die gefühlt jeden in der Klinik bei Namen und Diagnose kannte.

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