- Im Leben gibt es nun mal kein perfektes Ende. -
Das Erste was ich sah, als ich, noch völlig in Gedanken an Davis Worte, die Zimmertür öffnete, war ein dunkler Schatten auf meinem Bett. Das zweite ein rot angeschwollenes Gesicht und ein gescheiteter Versuch dieses unter Tonnen von Concealer zu verstecken.
Mum hatte mich erst bemerkt, nachdem ich sie mehrer Sekunden überrascht und gleichzeitig besorgt angestarrt hatte und mich daraufhin leise, jedoch so, dass sie darauf aufmerksam wurde, geräuspert hatte.
,,Hi", flüsterte sie. Ihre Stimme war heiser und ihr war es anzuhören, dass sie geweint hatte. Mit gleichgültigem Ausdruck verharrte ich in meiner Position zwischen der Tür und meinem Zimmer. In mir brodelten die Gefühle, wie in einem Vulkan. Einerseits wollte ich alles vergessen, ihr in die Arme laufen, lachen, weinen und mich einfach freuen, dass sie gekommen war. Dann sah ich ihr Gesicht. Ein Ausdruck, der mir irgendetwas ohne Worte versuchte zu sagen. Sie scheiterte. Nur bei einem war ich mir sicher. Ihr ging es nicht besser, als letzte Woche. Sie sah viel mehr aus, als müsse sie mir einen Mord gestehen. Gut, vielleicht war das übertrieben.
,,Hi, Mum", flüsterte ich zögernd zurück und zog, ohne mich von ihr abzuwenden die Tür hinter mir zu. Das Klacken als Zeichen, dass sie ins Schloss gefallen war, brach das unruhige Schweigen in mir.
,,Alles in Ordnung?", fragte ich und kam langsam, jedoch immer noch zögernd auf sie zu. Sie nickte, obwohl ich mir sicher war, dass sie eigentlich den Kopf schütteln wollte. Sie streckte mir ihre langen Arme entgegen, als wollte sie mich in den Arm nehmen. In letzter Sekunde ergriff sie mit ihren Händen jedoch nur meine Finger, um mich sanft neben sie auf das Bett zu ziehen. Immer noch sah sie mich pausenlos an, als würde sie mich mustern. Keine Ahnung warum.
Meine Hände hielt sie die ganze Zeit über gedrückt. Wie bei einem Baby, dem man symbolisieren wollte, dass man für es da seine würde. Nur leider war ich mir sicher, dass Mum mir eigentlich genau das Gegenteil vermitteln wollte.,,Wie geht es dir?", fragte sie und sah mir direkt din die Augen, sodass ich keine andere Möglichkeit hatte, als diesen Blick zu erwidern.
,,Gut", sagte ich. Ungelogen. Nach dem Gespräch und der Zeit mit Davis fühlte ich mich gut. Oder zumindest nicht ganz so hilflos, wie bei unserem letzten Gespräch. Wahrscheinlich hatte Mum gemerkt, dass tatsächlich auch aus meinen Augen die Wahrheit sprach, denn ihr Blick zeigte Überraschung und zugleich ein klein wenig Erleichterung.
,,Vielleicht komme ich doch im falschen Moment", schien sie mehr zu sich selbst, als zu mir zu sagen.
,,Was ist denn los?" Sie machte mir wirklich Angst mit ihrem leeren, kalten Ausdruck. Zudem bemerkte ich erst jetzt, wie eißig ihre Finger waren.
,,Oh Gott, Mum. Jetzt Rede mit mir", rief ich, als sie immer noch schweigend da saß. Ihre Finger begannen zu zittern.
Sie schüttelte den Kopf. In ihren Augen sammelten sich Tränen. Ich könnte nicht glaub en, dass einer von uns immer weinen musste, wenn wir uns sahen. Warum war diese Welt so verdammt traurig?,,Loucy, Ich gehe", flüsterte sie. Ihre Stimme war nun viel mehr nur noch ein Krächzen, das einer alten Krähe glich. Und obwohl ich es hätte längst an ihr ablesen können, waren diese Worte mal wieder ein kräftiger Schlag ins Gesicht. Aber ich hatte das Gefühl, dieser war viel stärker und viel schmerzender, als zu vor. Es brannte auf meiner Haut und es fühlte sich an, als würde ich zusammen brechen.
Denk an Davis.
Dachte ich. Alles wird gut.
,,Es tut mir leid", versuchte sie die Situation irgendwie zu retten, wie auch immer das überhaupt noch möglich war. vor allem, was wollte sie überhaupt sagen? Mir wäre es lieb gewesen, hätte sie mehr als diese drei Worte gesagt. Die Situation erklärt, obwohl ich im selben Moment, in dem sie es ausgesprochen hatte, ganz genau wusste, was sie meinte. Und noch sicherer war ich mir darüber, dass sie es einhalten würde. Mum war noch nie der Typ für Vorwarnungen gewesen. Auch als ich noch ein kleines Mädchen war nicht. Entweder gab es eine Bestrafung oder eine Standpauke direkt oder gar nicht. So war sie nun mal. Obgleich einige es gut oder schlecht hießen.
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Herzenskämpfer
Teen Fiction»Wenn jeder Atemzug zu einem Geschenk wird« Seit sieben Jahren leidet Loucy an Leukämie. Ihr halbes Leben lang kämpft sie mit dem Tod. Ihre Kraft und ihr Glaube daran, gesund zu werden, sind längst verblichen. Dann trifft sie auf Davis. Ein Tumor, d...