- Ich muss loslassen. Endgültig. -
Stunden waren vergangen. Ich hatte gar nicht erst versucht, nach ihm zu suchen. Ich wusste weder, wo sein Zimmer war, noch wo er sonst hätte sein können. Für den Moment war ich nutzlos. Und ich musste gestehen, dass es nicht einfach war, eine Freundschaft zu führen. Nervenaufreibend, aber mit Abstand das Kraftgebendste auf der Welt. Und aus diesem Grund würde ich warten. Bis ich die Möglichkeit hatte, ihm zu helfen. Für ihn da zu sein. Eine Freundin.
Plötzlich riss mich ein vorsichtiges Klopfen aus den Gedanken, was mir zeigte, dass es drei Möglichkeiten für mögliche Personen gab, die hätten vor der Tür stehen können. Viel mehr gab es in meinem Leben nicht.Dr. Cartney klopfte nicht an. Wieso wusste ich nicht, da ich keinen anderen Arzt kannte, der sich so verhielt, wie sie. Gut, mich kannte auch kein Arzt so gut wie sie.
Die erste Person die mir in den Kopf viel war Mum. Ein Gedanke, den ich noch in selber Sekunde wieder aus meinen Hoffnungen und meinen Gedanken verbannte. Sie war in Virginia. Und so sehr ich mir auch das Gegenteil wünschte, wusste ich, dass sie es es genau so wenig war, wie Dr. Cartney.
Davis, war der zweite, vielleicht sogar realistischere, der es hätte sein können. Vielleicht, weil ich es mir mehr als alles andere im Moment wünschte. Dass es ihm besser ging, oder er mir zumindest erzählte, was mit ihm los war.
Nach seinem Verhalten beim Frühstück erschien mir aber auch diese Möglichkeit als unwahrscheinlich.
Es blieben nur noch zwei Menschen übrig, die ich in dieser einen Sekunde zwischen dem Klopfen und dem herunterdrücken der Türklinke, als meine Besucher vermutete.,,Cara und Mason", flüsterte ich zu mir selbst, während ich ruhig ausatmete. ,,Hi." Ich versuchte überrascht auszusehen und sah aufgeregt in die Gesichter der Beiden. Besser gesagt in eines der beiden. Vor Masons Gesicht schwebte triumphierend ein riesiger Rosenstrauß. Wie immer.
,,Hey", rief Cara und kam mit einem breiten Lächeln auf mich zugelaufen. Sie war so wunderschön wie immer. Je näher sie mir kam, desto mehr konnte ich das glitzern in ihren strahlenden blauen Augen sehen. Unglaublich. Sie schien von Besuch zu Besuch hübscher zu werden. Ihre dunkel braunen Haare trug sie seit ein paar Monaten nur noch Schulterlang. Es musste eine Ewigkeit dauern sie jeden Morgen so zu locken, dass sie ganz natürlich aussahen. Ich atmete den frischen Duft ihres Parfums ein, als sie ihre langen Arme um mich legte und mich in eine feste Umarmung zog. Bis jetzt hatte ich nicht herausgefunden, was für ein Geruch es darstellen sollte.Vielleicht eine Mischung aus irgendeiner Blume und einem winzigen Spritzer Zitrone?
Wie immer dauerte unsere Umarmung wenige Sekunden. In denen sie wahrscheinlich jeden Moment glücklich war, dass es noch möglich war. Dass ich noch lebte. Ich fühlte mich einfach nur merkwürdig, denn ich musste mir eingestehen, jedes mal aufs neue, wie fremd wir uns geworden waren. Als sie sich aus der Umarmung löste gleitete sie in einer sanften Bewegung auf den Rand meines Bettes. Eine Hand ruhte dabei auf der Decke über meinem Oberschenkel. Wahrscheinlich, um sich zu vergewissern, dass ich mittlerweile nicht komplett abgemagert war. Auf ihren Lippen lag ein schmales, aus Höflichkeit aufgesetztes, Lächeln. Meine Augen wanderten zu Mason, der wie immer den Strauß in die Vase stellte. Alle paar Wochen wurde sie gefüllt. Und immer kauften sie sie in dem gleichen Blumengeschäft, nur ein paar Meter die Straße herunter.
Ich mochte Blumen. Am liebsten Rosen. Das wussten sie.,,Hi, na du?", begrüßte auch er mich, als er die Blumen abgestellt hatte und nun langsam auf mich zu kam. Auch er schloss mich in eine kurze Umarmung.
,,Wie geht es dir?", fragte Cara und drückte die Hand fester gegen meinen Oberschenkel.
Standardfrage Nummer eins. Mittlerweile dachte keiner mehr darüber nach. Die Antwort war klar. Eigentlich. Heute jedoch nicht.

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Herzenskämpfer
Genç Kurgu»Wenn jeder Atemzug zu einem Geschenk wird« Seit sieben Jahren leidet Loucy an Leukämie. Ihr halbes Leben lang kämpft sie mit dem Tod. Ihre Kraft und ihr Glaube daran, gesund zu werden, sind längst verblichen. Dann trifft sie auf Davis. Ein Tumor, d...