sechzehn

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- Wer weiß schon, was die Zukunft bringen mag. -

Es war Dienstag. Ich hatte längst aufgehört zu zählen, wie viele Tage und Stunden seit Davis OP vergangen waren. Noch immer ging es ihm schlecht. Wie jeden Morgen um acht Uhr kam ich in sein Zimmer gestürmt, kurz nachdem die Schwester ihm sein Essen gebracht hatte. Ich musste zugeben, das gemeinsame Frühstück fehlte mir wirklich. Aber anstatt in den letzten Tagen allein Essen zu gehen, hatte ich Dr.Cartney gebeten, dass auch ich mein Frühstück an mein Bett gebracht bekäme. Und so lief ich jeden Morgen, nahezu ungesehen mit meinem Tablett über die Flure - inklusive Puschen und Morgenmantel - direkt in Davis Zimmer. Ich wusste, dass sein Trakt direkt vor meinem das Frühstück serviert bekam, weshalb ich davon ausgehen konnte, niemanden außer ihn dort anzutreffen.

,,Guten Morgen", rief ich, als ich mit meinem linken Arm die Tür aufstieß, versuchte meine fröhliche Stimme jedoch in Grenzen zu halten, um kein Aufsehen zu erregen. Streng genommen war es ursprünglich sogar komplett verboten, ohne Genehmigung das Zimmer anderer zu besuchen. Seit dem ich Cath kannte, hatte ich mich jedoch kein einziges mal mehr daran gehalten. Solange keine Untersuchung anstand und die Patienten entweder zu fit oder zu schwach für eine Physio-, oder ähnliche Therapie waren, kamen die Ärzte sowieso nur zwei mal täglich zur Routineuntersuchung in die Zimmer. Einmal gegen Mittag und kurz vor dem Abendessen. Morgens interessierte sich eigentlich kaum jemand um alle die, die nicht gerade kurz vorm zusammenbrechen waren.

Das helle Sonnenlicht schien mir, wie die letzten Tage entgegen, dass ich mehrmals blinzeln musste, um mich an das grelle Licht zu gewöhnen. Tatsächlich hatte ich sogar überlegt, auch meine Vorhänge aufzuziehen - wenigstens für einen Nachmittag. Aber ich brachte es einfach nicht übers Herz. Damals hatte ich mir eingeredet, dass nur Cath sie jemals wieder öffnen durfte. Es hatte eine halbe Ewigkeit gedauert, bis Dr.Cartney und Mum diesen Entschluss endlich akzeptierten und sich nicht jeden Tag darüber beschwerten, dass ich armes Kind nur im dunkeln hockte.
Vielleicht wäre es tatsächlich schön, würde mein Zimmer nicht immer nur von diesem gelb künstlichen Licht beleuchtet werden. Aber ich wollte es einfach nicht. Vielleicht war das der Grund, weshalb ich in den letzten Tagen nur noch Zeit in Davis Zimmer verbrachte.
Ich kam zum Frühstück und blieb bis zum Mittag. Saß zur Täglichen Visite gegen Mittag wieder brav in meinem Zimmer und verbrachte nach dem Abendessen den gesamten Abend bei ihm. Hinzu kamen die offiziellen Besuchszeiten am Nachmittag, die mir Dr.Cartney erlaubt hatte. ,,Eine halbe Stunde. Er braucht jetzt viel Ruhe."
Jedes mal, wenn sie mir das sagte, musst ich insgeheim grinsen. Denn es war Davis, der mich dazu überredet hatte, so oft bei ihm vorbei zu schauen. Natürlich wollte auch ich zu ihm kommen, dachte jedoch zunächst, Dr.Cartney könnte mit ihrer Behauptung recht behalten und wollte mich ihm keineswegs aufdrängen.
Denn ihm ging es wirklich noch immer schlecht. Er konnte nichts anderes tun, als den gesamten Tag, 24 Stunden lang im Bett zu liegen. Stand er auf, so wurde im schwindelig, dass er umkippte. Zudem hatte er seit ein paar Tagen unheimliche Schmerzen in den Beinen, die die Bewegung nicht gerade erleichterten. Noch war unklar, woher dieser Schmerz kam. Jedoch hatte ich mittlerweile begriffen, dass es ihm nur noch schlechter gehen würde, wenn ich ihm keine Gesellschaft leistete. Denn ich wusste, dass er sich dann anders fühlte, als es ihm tatsächlich erging. Er machte seine Scherze und Lachte mit mir, auch, wenn er viel schneller außer Atem war. In diesen Stunden ging ihm besser und das war die Hauptsache. Ich hoffte nur, dass auch die Ärzte dies bald einsehen würden und ihm zumindest erlaubten für eine Stunde mit mir an die frische Luft zu gehen.

,,In ein paar Tagen vielleicht", hatte Dr.Cartney gesagt. ,,Dr.Martinez meint, dass es ihm noch immer nicht gut genug geht." Ich denke, dass keiner von ihnen wirklich beurteilen konnte, wie es ihm ging. Wenn es keinen gab, der überhaupt versuchte sich auf ihn einzulassen.

HerzenskämpferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt