achtzehn

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    - Zu leben das bedeutet ganz viel Realität. Und Realität tut nun mal scheiße weh. -

Tage vergingen. Eine Woche. Eine weitere. Und schließlich ganze drei. Es war schön zu sehen, wie es Davis Tag für Tag besser ging. Aber nicht nur schön, sondern auch unglaublich ermutigend. Neben meinen - ohnehin heimlichen, fast vierundzwanzig Stunden - Besuchen durfte ich in den vergangenen Tagen mehrmals mit ihm in den Fluren spazieren gehen. Auf und ab, um ihn, nach dem langen Liegen, wieder daran zu gewöhnen und ihn in Form zu halten. Es war schon echt ein lustiges Bild. Ich, das zierlich, zerbrechlich wirkende Mädchen, welches momentan eindeutig mehr Ausdauer hatte, als der große Muskulöse Junge neben ihr, der alle paar Minuten eine Pause brauchte. Aus diesem Grund liebte ich es, ihn damit aufzuziehen. Nur, da ich wusste, dass es ihm super ging. Außer seiner Schwäche und Müdigkeit, hatte er keinerlei Schäden von der OP getragen. Die Wunde heilte schnell und die Untersuchungen zeigten, dass die Ärzte wirklich großartige Leistung erbracht hatten. Nun hieß es nur noch abwarten, ob sie wirklich alle Teile des Tumors entfernen konnten.
Ich glaube, ich war noch nie in meinem Leben so optimistisch, wie bei Davis. Ich hatte mir auch nie zu vor so sehr gewünscht, dass ein Wunsch in Erfüllung gehen würde.

,,Jetzt hetz mich nicht so", hörte ich Davis stöhnen, den ich nun schon seit einer halben Stunde den Weg zwischen meinem und seinem Zimmer hin und her scheuchte.

,,Nun stell dich mal nicht so an", grinste ich und drehte mich zu ihm um. Wie immer hatte er ein angestrengtes, aber fröhliches Lächeln im Gesicht. Kopfschüttelnd versuchte er mich einzuholen.

,,Du willst doch beweisen, dass sich das Durchsetzungsvermögen von Dr. Cartney gelohnt hat, oder?" ,,Ja-" ,,Na also." Ich ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen, denn heute Nachmittag hatte sogar Dr.Martinez genehmigt, dass wir beide das Grundstück verlassen durften, da Davis mir unbedingt einen ganz besonderen Ort zeigen wollte. Nachdem Davis Dr.Cartney mehrmals bestätigt hatte, dass dieser besondere Ort in nur einer Viertelstunde zu Fuß zu erreichen war und wir bestimmt bis zum Abendessen zurück sein würden, willigte diese schließlich ein und schaffte es zudem auch ihren Kollegen zu überzeugen.
Tatsächlich fühlte es sich an, als ob wir unsere Mutter nach einer Erlaubnis gefragt hatten, auszugehen. Schon komisch, dass ich zum ersten mal, selbst in der Klinik, eine fast schon alltägliche Situation miterleben durfte.

,,Ach Lou, eines Tages bringst du mich noch um." Er seufzte und blieb provozierend, aber wahrscheinlich völlig berechtig stehen, um sich an der Eisenstange festzuhalten, die sich quer an den sonst leeren Wänden entlang streckte. ,,Eher andersherum. Du glaubst gar nicht, wie mich das alles herausfordert. Dieses Leben. Ich bin es einfach nicht mehr gewohnt. Raus zu kommen, ein Leben außerhalb dieser Wände zu führen." Ich sah ihn über die Schulter hinweg an, drehte mich dann aber Schwungvoll um und kam ihm entgegen. Kurz bevor ich ihn erreicht hatte, nickte ich mit dem Kopf in die entgegengesetzte Richtung, da ich Dr. Martinez bereits am Ende des Flures entdeckt hatte. Mit einer Schwester redend, jedoch direkt auf uns zu steuernd.

,,Bereite dich vor, wir bekommen Gesellschaft." Schnell schickte er mir nur ein warnendes Augensignal. Ich wusste von Anfang an, dass sein Arzt nicht gut mit Menschen konnte - was für diesen Beruf natürlich nicht gerade passend war. Er schaffte es einfach täglich die gesamte positive Stimmung zu zerstören. Allein mit seinem Auftreten und seiner polierten Nasenspitze, die uns alle zu übertrumpfen schien und ihn immer eingebildeter wirken ließ. Langsam gingen wir auf die Beiden zu. Kurz bevor wir sie erreicht hatten, schien das wichtige Gespräch beendet zu sein und Dr. Martinez wandte sich an uns. Mit einem herablassenden Blick und angehobener Nasenspitze - natürlich. Ich schmunzelte zu Davis. Die Beschreibung, die er ihm gegeben hatte, passte wirklich perfekt. Pfau nannte er ihn. Sein volles Haar im Verlauf mit dem wehenden Arzt Kittel stellten die goßen, prachtvollen Federn dar. Der lange Hals, der ihn größer wirken ließ, als er eigentlich war und sein ovaler Kopf, welcher immer danach aussah, als würde er auf jeden herabsehen und von seinem goldenen Thron aus betrachten. Würde man ihm ein Krönchen aufsetzen, so könnte er bestimmt einem Prinzen ähneln.

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