31 - Nightmares

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Mitten in der Nacht wachte ich davon auf, dass ich das Knie von Mykko mit einem harten Ruck in meinem Rücken spürte. Verschlafen setzte ich mich auf, um herauszufinden, was passiert war. Mykko hatte sich zusammengekauert und wälzte sich im Schlaf hin und her. Seine Stirn war mit Schweißperlen bedeckt und er zitterte. Alarmiert überlegte ich, was ich tun sollte. Mykko sah genau so aus, wie damals, als ich ihn Lissabon abseits der Bühne gefunden hatte. Konnte man im Schlaf eine Panikattacke bekommen? Sollte ich ihn wecken, oder würde es die Situation nur verschlimmern? Ich dachte für einen Moment nach, bis ich mich entschied, ihn zu wecken. Vorsichtig streichelte ich über seinen Rücken, sagte leise seinen Namen: „Hey. Hey Mykko. Du träumst, du musst aufwachen. Hey..." Irgendwann öffnete er seine Augen, sein Blick etwas verwirrt und leicht verstört. „Hey Mykko, du hast geträumt.", erklärte ich, „Es ist jetzt alles wieder gut, du brauchst keine Angst mehr zu haben." „Nichts ist gut.", gab er zurück, „Fuck, Mann. Du hättest das alles nicht mitbekommen sollen. Es tut mir leid, Linnea." Nun war ich definitiv wach: „Mykko, hey, im Ernst. Du brauchst dich nicht entschuldigen und erst Recht nicht vor mir zu verstecken. Ich stehe auf deiner Seite, aber dafür musst du verdammt nochmal ehrlich sein. Geht das schon länger so, dass dich die Angst in den Schlaf verfolgt?" Er setzte sich nun ebenfalls auf, aber sah mich nicht an. „Ja, ja das geht schon länger so. Fuck, ich bin einfach ein Versager. Nichts bekomme ich mehr hin. Ich wollte nicht, dass du mich so siehst.", fluchte er leise vor sich hin. „Du bist doch kein Versager!", stellte ich klar und legte meinen Arm um seinen immer noch zitternden Körper. Mykko rutschte automatisch ein Stückchen von mir weg, so dass ich meinen Arm dann wieder zurückzog. „Lass mich! Ich fühle mich wie einer. Schau doch dich an, dein Leben ist toll, du bist immer am Lachen und nichts zieht dich runter. Und dann sieh mich an, ich mag zwar mit meiner Musik erfolgreich sein, aber was bleibt mir denn sonst noch? Meine Seele hat nen Knacks, und ich weiß nicht, wie ich den reparieren soll. Wie soll ich dann mit so einem Leben wie deinem mithalten?", sagte er fast tonlos. Wow. Das war ein Schock. Ich wollte doch nur für ihn da sein, auf ihn aufpassen und ihn vor der Angst beschützen. Ich wollte, dass er glücklich sein konnte. „Ein Versager wie ich kann doch nur davon träumen, ein Mädchen wie dich an seiner Seite zu haben. Was solltest du schon an mir finden?", fügte er noch hinzu und ließ damit mein Herz in tausend kleine Stücke zerspringen. Wie konnte man nur so hart mit sich selbst sein? Mykko war schon immer perfektionistisch gewesen, aber diese Form war extrem. Zu extrem. Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte, eine Träne zu unterdrücken. Immer wenn Menschen emotional nicht mehr weiter wissen, dann kommen die Tränen. „Ich liebe deine geheimnisvollen blauen Augen, wenn sie in der Sonne strahlen.", brachte ich leise heraus. Mykko sah mich etwas verwirrt an. „Du hast doch gefragt, was ein Mädchen wie ich an dir finden kann. Das ist eins der Dinge, die ich an dir liebe."; sagte ich erklärend. „Ich liebe auch den Klang deines Lachens, wenn Jasper mal wieder einen Witz erzählt hat. Oder deine fürsorgliche Art, wenn ich Sorgen habe. Oder deine Kreativität und den erwartungsvolle Blick, wenn du mir eine neue Melodie von dir zeigst.", fuhr ich fort. Und ganz leise fügte ich noch hinzu: „Und ich liebe es, wenn du mich in den Arm nimmst. Dann habe ich das Gefühl, dass nichts Böses mehr an mich heranreichen kann, wenn du mich beschützt." Waren das genügend Gründe, sich nicht selbst zu hassen? 

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