62 - Falling Rain

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Der restliche Abend verging relativ schnell. Ich hatte es geschafft, Leena ein wenig zu beruhigen und Mykko war ziemlich still während des Abendessens. Wir verabschiedeten uns relativ früh, da er ziemlich erschöpft war. Kimmo fuhr uns zu Mykkos Wohnung, umarmte seinen Sohn nochmal und wünschte ihm dann viel Erfolg für das Gespräch am nächsten Morgen. Dann wandte er sich mir zu: „Linnea. Pass gut auf ihn auf, okay? Und auf dich natürlich auch." Ich nickte: „Natürlich Kimmo. Versprochen. Danke fürs fahren und den netten Abend!" Dann rief Mykko nach mir, also griff ich nach meinem Koffer und folgte ihm ins Haus. Während der Aufzugsfahrt brach Mykko sein Schweigen: „Linny? Ich bin wirklich froh, dass du hier bist. Ich... alleine würde ich diese Nervosität wohl kaum aushalten. Ich glaube, mein Kopf platzt gleich vor lauter Gedanken." Bing. Wir waren in seinem Stockwerk angekommen. Gemeinsam steigen wir aus dem Aufzug aus und dann umarmte ich ihn: „Hey. Ich bin bei dir, okay?" Er nickte tapfer und schloss die Wohnungstür auf. Wir legten unsere Koffer und Rucksäcke im Flur ab und Mykkos erster Weg ging sofort zu seinem Klavier. Ich beobachtete ihn vom Türrahmen aus, er saß stumm am Klavier und strich über die Tasten, aber spielte keinen Ton. Eine Weile lang sah ich ihm zu, dann fragte ich vorsichtig: „Möchtest du, dass ich uns vielleicht einen Tee mache?" „Ja gerne. Das wäre lieb von dir.", antwortete er leise. Also ging ich an ihm vorbei in die Küche, nahm zwei Tassen aus dem Schrank und stellte den Wasserkocher an. Draußen vor dem Fenster hatte die Dunkelheit Helsinki eingenommen und große Wolken hatten Regen von weiter nördlich mitgebracht. Langsam fielen die ersten Tropfen, während ich die Teebeutel in die Tassen hängte und das heiße Wasser aufgoss. Mit den Tassen in der Hand lief ich zurück zu Mykko ins Wohnzimmer. Er saß immer noch still am Klavier und sah durch die großen Fenster in die Ferne. „Hey.", sagte ich leise und reichte ihm eine der Tassen. Er nahm die Tasse, hielt sie mit beiden Händen fest und genoss die Wärme. „Es regnet.", stellte er fest, „Das ist irgendwie beruhigend." Ich nickte: „Das stimmt." Ich lief zur großen Fensterfront und schaute eine Weile nach draußen auf die dunkle Stadt herab, während ich ein paar Schlucke Tee aus meiner Tasse trank. „Willst du reden?", fragte ich vorsichtig. Mykko zögerte: „Ich weiß nicht..." Ich drehte mich zu ihm um: „Du musst nicht. Ich will nur, dass du weißt, dass ich hier bin, wenn du reden möchtest, okay?" Er nickte: „Ja natürlich, ich weiß." Dann stand er auf und lief zu mir hinüber. Mykko reichte mir seine Hand und sagte: „Komm, lass uns ins Bett gehen. Ich bin müde." Ich nickte und legte meine Hand in seine. Nachdem wir uns umgezogen hatten, legten wir uns in sein gemütliches Bett. Es waren nur wenige Minuten vergangen, da war Mykko bereits vor Erschöpfung eingeschlafen. Der Rest des Tees in seiner Tasse stand immer noch dampfend auf seinem Nachttisch. Ich lag noch eine Weile wach. Mein Blick schweifte zwischen Mykko und dem dunklen Nachthimmel vor dem Fenster hin und her. Man hörte den Regen leise gegen das Fenster prasseln, ein wirkliches beruhigendes Gefühl. Mein Blick fiel wieder auf Mykko, erstaunlich wie friedlich er neben mir schlief. Ich hatte immer noch nicht das Gefühl, dass er sich mir wirklich völlig anvertrauen konnte... oder wollte. Er war so ein unglaublich lieber Mensch und immer für andere da, es war einfach unfair, dass er das alles durchmachen musste. Aber das Schicksal legt sich immer nur mit den stärksten Kämpfern an, so wie Mykko. Mit der Hoffnung, dass der Therapeut ihm morgen helfen konnte, diesen Kampf zu überstehen, schlief ich auch bald neben ihm ein. Einige Stunden später, mitten in der Nacht, wurde ich vom lauten Trommeln des Regens geweckt. Verschlafen öffnete ich meine Augen und wollte mich zu Mykko umdrehen, jedoch war seine Seite des Betts kalt und leer.

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