49 - Nero

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Aline und ich waren gerade in ein Taxi zum Festivalgelände gestiegen, als sich mein schlechtes Gefühl bewahrheitete. Ich hatte Instagram permanent auf meinem Handy offen und versuchte nach Anzeichen zu suchen, dass alles in Ordnung war. Doch leider war genau das Gegenteil der Fall. Ciero hatte gerade noch ein weiteres Video gepostet, in dem diesmal Mykko und er klar zu erkennen waren. Mykko hielt eine große, fast leere Flasche in der Hand, nahm einen Schluck und brachte kaum ein klares Wort raus. Verdammt. Zeitgleich begann Aline zu fluchen. Auch sie hatte das Video gesehen. „Fuck. Kann man den Kerl nicht einmal alleine lassen? Und wo zur Hölle ist Joucca, wenn man ihn braucht?", fluchte sie leise. „Ich hab absolut keine Ahnung. Das passt einfach überhaupt nicht zu Mykko. Ich wette, Ciero hat ihn überredet. Was machen wir denn jetzt?", fragte ich. Aline checkte ihre Armbanduhr, es war kurz vor 23 Uhr. In etwa einer Stunde sollte Mykko auf der Bühne stehen. „Ich versuche jetzt, Joucca zu erreichen. Wenn er wirklich in dem Zustand aus dem Video ist, dann brauchen wir schleunigst eine Alternative. So geht er mir nicht auf die Bühne.", sagte sie entschlossen. Sie wählte Jouccas Nummer und wartete ungeduldig, bis er endlich abnahm: „Joucca? Hier ist Aline. Wir haben ein echtes Problem." Sie erklärte ihm, was passiert war und ich konnte bereits nach wenigen Sätzen durchs Telefon hören, wie sauer Joucca war. Er hatte bisher noch nichts mitbekommen, was im Backstage passiert war und klang völlig überrumpelt. Die Beiden telefonierten eine Weile, dann legte Aline auf. „Okay folgendermaßen: Wir treffen Joucca gleich am Eingang zum Backstage. Joucca und ich werden eine verdammte Alternative für Mykkos Show auftreiben müssen. Wir können nicht die Verantwortung dafür übernehmen, ihn so auf die Bühne zu schicken. Die Organisatoren würden uns umbringen. Das verstehst du bestimmt. Wir wollen, dass du zu Mykko gehst und ihm das erklärst, von uns allen wird er am ehesten auf dich hören. Joucca bringt Johnny mit, der wird dich begleiten. Ich möchte nicht, dass du alleine zu dieser besoffenen Truppe gehst. Okay?", erklärte sie mir ihren Plan. Ich nickte: „Okay, mache ich. Das wird ganz schön Ärger geben, oder?" Aline nickte und ihre braunen Augen formten sich zu wütenden kleinen Schlitzen: „Er kann sich glücklich schätzen, dass wir dich als Erste zu ihm schicken. Joucca würde ihm die Hölle heiß machen, ich schwör's dir!" Verdammt, was war nur passiert? Irgendetwas musste passiert sein, oder es war tatsächlich Ciero, der ihn überredet hatte. Ich schüttelte ungläubig meinen Kopf: Das war alles wie in einem schlechten Film. Wenige Minuten später kamen wir am Hintereingang des Festivalgeländes an, wo Joucca und Johnny bereits auf uns warteten: „Aline! Linnea! Endlich!" Wir stiegen aus dem Taxi und Joucca sagte: „Also folgendes. Ich hab eventuell eine Alternative, ist'n junger Kerl, Nero, aus dem Label von nem Bekannten von mir. Der könnte spontan übernehmen, ist eigentlich als Zuschauer hier. Jetzt müssen wir's „nur" noch dem Orgateam schmackhaft machen, nen unbekannten Newcomer auf ihrem besten Slot spielen zu lassen. Die werden uns umbringen..." Aline nickte erleichtert und antwortete: „Joucca, du bist großartig! Dann lass uns direkt los, uns bleibt kaum noch Zeit." „Ja du hast Recht!", antwortete er zustimmend, „Nur eins noch: Linnea, traust du dir deinen Teil des Plans zu? Du wärst uns wirklich eine große Hilfe, wenn du ihn etwas beruhigen und im besten Fall sogar in seinen Dressing Room bringen könntest. Ihm wird das aber sicher nicht gefallen, so stur wie er manchmal sein kann...!" „Ja, klar, ich gehe nach ihm schauen. Johnny ist ja außerdem dabei.", gab ich zurück. „Danke. Und ruf uns an, wenn es Probleme gibt!", rief Joucca noch, bevor er und Aline losstürmten. Johnny hatte sich bisher im Hintergrund gehalten, aber sagte jetzt: „Ne schöne Scheiße hat er sich da eingebrockt, oder? Das passt einfach nicht zu ihm." „Irgendwas muss verdammt schief gelaufen sein.", gab ich zurück, „Er ist nicht so normalerweise. Aber das weißt du ja genauso gut wie ich. Lass uns los!" Mit diesen Worten machten wir uns gemeinsam auf den Weg hinter die Bühne in den Artistbereich. Auf die Suche nach Mykko.

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