~8~

196 7 11
                                    

Ich rüttelte an der Tür. Verschlossen. Sie ging einfach nicht auf. Erschöpft ließ ich mich auf den Boden daneben gleiten. Verdammt. Ich hatte alles in diesen Plan gesteckt. Aber jetzt ging Josefas Traumtür doch nicht auf. Vielleicht hatte ich mich getäuscht. Vielleicht gehörte diese pinke Tür mit den kleinen Mäusen darauf gar nicht meiner Nachbarin. Allerdings war ihre Zimmertür in exakt diesem Farbton gestrichen. Und Mäuse waren nunmal ihr Lieblingstiere. Vielleicht war ein Gartenhandschuh einfach nicht persönlich genug. Das war nur leider das beste, was ich bekommen konnte, indem ich angeblich ausversehen einen Ball in ihren Garten warf um hineinzugehen, um eigentlich etwas von ihr zu holen. Dies war nun ein kleiner geblümter Gartenhandschuh. Herr Sanders, der seinen Spatziergang an Josefas Haus vorbei gemacht hatte, hatte mich eh schon wütend genug angeschaut. Er hielt mich jetzt vermutlich für eine Diebin. Vielleicht war ich das auch
Aber ich hatte das nur getan, um einen Blick in Josefas Traum zu werfen. Ich hatte mir die Hoffnung gemacht, auf diese Weise herauszufinden, wieso sie nicht aufwachte. Aber so würde das nichts werden.
Ich stand erneut auf um es ein letztes Mal zu versuchen. Vergeblich.
"Graysons geht auch nicht auf.", ertönte eine Stimme hinter mir.
Ich wirbelte herum. Hinter mir stand ein Mädchen, dass Liv nicht unähnlich sah. Sie war nur etwas kleiner.
"Ich bin Mia. Du musst die Diana sein, von der Liv erzählt hat. Nett, dich kennen zu lernen."
Ich starrte sie an.
"Ja, die bin ich.", erwiederte ich.
"Komm.", sagte Mia. "Mal schauen, ob wir die anderen finden."
Wir gingen also durch die Korridore und hofften, uns nicht zu verirren.
"Eigentlich habe ich mir gemerkt, wo ich langgelaufen bin. Ich bin mir zu 70% sicher, dass wir hier lang müssen. Aber diese Türen gehen ja auch gerne spazieren. Diese verdammten Träume machen echt müde. Ich schlafe in der Schule zurzeit fast immer ein. Naja, drei Schultage noch, dann haben wir Ferien. Weißt du, Liv und ich fahren nach Deutschland, Lottie besuchen. Am 6. April fliegen wir los. Ich freue mich schon, sie wieder zu sehen. Wir vermissen sie echt alle total. Vor allem Butter nimmt extrem ab. Sie tut mir so leid. Oh, du verstehst wahrscheinlich gar nicht wovon ich rede, tut mir leid. Also Lottie ist zu uns gekommen, als wir noch..."
"Ich weiß.", unterbrach ich Mias Redeschwall. "Was genau hat Liv dir eigentlich erzählt? Hat sie nichts von den Büchern über euch erzählt? Ich habe sie gelesen. Und verstehe, was du sagst. Ich wusste nur nicht, dass Lottie jetzt wirklich gegangen ist."
"Doch leider. Sie ist zurück nach Oberstdorf, zu ihrer Familie." Mia wirkte etwas traurig.
"Echt? Wir machen eine Klassenfahrt da hin. Vom 8. April. Bis zum 12. Ohne meine Schwester, hätte ich nicht gemerkt, dass Lottie von da kommt. Und das ist peinlich."
Mia sah mich an. "Das bedeutet ja,", folgerte sie, "dass ihr zur gleichen Zeit wie wir dort seid. Wir könnten uns treffen. Ich meine, nicht in den Träumen. Wenn das von deiner Klasse aus geht."
"Oh ja. Ich hoffe mal schon."
"Wo ist denn diese verdammte Tür? Ich finde weder meine noch Livs noch sonst eine bekannte. Meine Güte warum müssen die auch immer... Ahh, da! Perfekt. Meine Tür. Livs kann nicht weit sein. Komm, schnell. Ich habe einen Persönlichen Gegenstand."
Mia lief los und ich folgte ihr.

"Heut kommt der Hans zu mir,
freut sich die Lies.
Ob er aber über Oberammergau
oder aber über Unterammergau
oder aber überhaupt nicht kommt,
das ist nicht g'wiss."

Mia sagte dies auswendig mit gelangweilten Tonfall zu Lottie, die die Tür nun wieder bewachte.
"Sehr kreativ.", kommentierte sie. "Liv könnte sich auch mal was neues ausdenken."
Ich grinste und folgte ihr in den Traum.
Wir waren in einem Haus. Auf dem Kopf. Über uns waren die Möbel, wir gingen auf der Treppe.
"Liv! Schau mal, wen ich mitgebracht habe. Diana. Sie hat versucht, in den Traum von einer Freundin zu kommen. Und hatte keinen Erfolg. Gab es was neues mit Grayson?"
Liv sprang durch eine Tür.
"Nichts. Ich bekomme seine Türe nicht auf. Ich habe sein verdammtes Blut getrunken! Und zur Sicherheit eines seiner T-Shirts angezogen. Das sollte genug sein! Aber seine Tür geht einfach nicht auf!"
"Ich wette, dass hängt damit zusammen, dass er nicht mehr aufwacht."
Auch Henry war jetzt zu uns gestoßen und machte ein besorgtes Gesicht.
"Merkwürdig.", mischte ich mich ein. "Meine Nachbarin, Josefa, ist am Samstag eingeschlafen. Auf dem Trampolin. Heute habe ich einen Zettel von ihrem Vater an ihren Großvater gesehen. Dort stand, dass er sie ins Krankenhaus gefahren hat, weil sie nicht mehr aufwacht. Und ich bin, trotz Gegenstand, nicht In ihren Traum gekommen."
"Wir sollten Grayson auch ins Krankenhaus schicken. Oder noch besser. Zu Senator Tod Nord. Da wäre er gut aufgehoben. Okay, Scherz. Aber die Frage ist: Warum? Warum passiert das?" Mia blickte fragend in die Runde.
"Und was wenn der dahintersteckt?" Vielleicht war dieser Einwurf meinerseits dumm. Aber der Gedanke war interessant. Und wieso sollte das jetzt nicht so sein?
Die anderen betrachteten mich schweigend.
"Er ist sicher.", bemerkte Henry nach einiger Zeit. "Dr. Anderson wird nicht mehr hier her kommen."
"Und was wenn doch? Wenn sein eingefrorener Traum nicht mehr? Was dann? Und natürlich weiß ich, dass Anabel seinen Traum erstarrt hat. Das müsst ihr mir jetzt nicht sagen."
"Das ist unmögl..."
In diesem Moment, wurde ich von meinen Füßen gerissen.
"Butter!", hörte ich noch jemanden brüllen.
Dann wurde alles schwarz und ich wachte schweißgebadet in meinem Bett auf.

Silber- Das vierte Buch der TräumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt